Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Bamberg (1273-1347) (von Kathrin Geldermans-Jörg)

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I. Der Untersuchungsraum

1007 wurde das Bistum Bamberg durch den Ottonen-Kaiser Heinrich II. gestiftet. In der Folge bildete sich auf Basis des königlichen Eigengutes das Hochstift Bamberg aus. Die spezifische Verbundenheit des Stifters zur Diözese und insbesondere zu deren Hauptort Bamberg zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Kaiser Heinrich die seit dem 8. Jahrhundert bestehende Siedlung ausbaute und seiner Gemahlin als Brautgabe verehrte.1) Die damit angelegte Nähe zum Königtum prägte den Raum noch in nachstaufischer Zeit.

Das exemte Bistum Bamberg wies insbesondere im Osten weit über die hochstiftischen Besitzungen hinaus. Es grenzte nordöstlich an das Vogtland sowie östlich an das Fichtelgebirge. Südlich des Nürnberger Territoriums reichte die Diözese Bamberg an die Diözese Eichstätt. Im Westen griff das Bamberger Hochstift seinerseits über den zuvor benannten Raum hinaus, indem der hochstiftische Besitz im Bereich des Steigerwaldes und der Haßberge in die Würzburger Diözese hineinragte.2)

Hauptort von Hochstift und Bistum war die Kathedral- und bischöfliche Residenzstadt Bamberg; eine weitere relevante Position nahm die landesherrliche Stadt Forchheim ein. Innerhalb des Bistums lag auch die bereits zur Beginn des Untersuchungszeitraums zentrale Stadt Nürnberg. Der umfangreiche Quellenbestand zum jüdischen Leben in der Reichsstadt wird im Rahmen eines gesonderten Teilcorpus publiziert.

Hochstiftische Exklaven befanden sich u. a. in Kärnten. Der dortige Stiftsbezirk um Villach und Wolfsberg war für das Hochstift primär aus „territorialpolitischen“ Gesichtspunkten von Relevanz.3) Die geistliche Aufsicht in diesen Gebieten nahm der Patriarch von Aquileia wahr.4) Auch in diesen Besitzungen waren Juden im Untersuchungszeitraum ansässig5), wobei die Anzahl der Belegstellen diejenigen für das Bamberger Bistum deutlich übersteigt. Der Bamberger Bischof agierte hier als Landesherr in Schuldsachen ebenso wie in Form von Privilegienvergaben.

Karte: Der jüdische Bezirk Bamberg um 1298

Karte aus Geldermans-Jörg, Geleit [2010], S. 125

II. Quellenlage, Überlieferung und Editionsstand

Die für die Geschichte der Juden innerhalb des Bistums Bamberg (außer der Reichsstadt Nürnberg) im Zeitraum bis 1347 zentralen Quellen finden sich seit der ab 1993 erfolgten Wiederauslagerung der vor 1400 datierten Urkunden aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München in die jeweiligen regionalen Archive in der Mehrzahl im Staatsarchiv Bamberg, vereinzelt in den innerhalb des dortigen Stadtarchivs gesammelten Beständen des „Historischen Vereins zur Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg“ (Bestand HV).

Insgesamt ist die Anzahl der im ersten Untersuchungszeitraum überlieferten Quellen mit Hinweisen auf die jüdische Bevölkerung außerhalb der Memorbücher6) und damit außerhalb von Quellen jüdischer Provenienz marginal. Dies zeigt sich insbesondere im Vergleich zu den umfangreichen Belegen, die jüdisches Leben im Nachbarbistum Würzburg behandeln.7) Ungleich dichter ist ferner namentlich der für die Reichsstadt Nürnberg überlieferte Bestand. Mehrere Hinweise auf jüdische Niederlassungen im Bereich des Bistums Bamberg sind zudem allein auf der Basis von Herkunftsnamen überliefert. Der Konzeption der vorliegenden Datensammlung zufolge erscheinen die damit in Zusammenhang stehenden Quellen innerhalb der jeweiligen Corpora des aktuellen Niederlassungsortes.

Neben den Editionen der „Monumenta Zollerana“ stellen die „Regesta Imperii“ das relevanteste Regestenwerk für den Untersuchungszeitraum dar. Weitere Editionen und Regesten finden sich in landesgeschichtlich relevanten Einzelpublikationen.

III. Jüdische Besiedlung im Spiegel der Quellen

Obzwar Juden im Bamberger Raum bereits im 13. Jahrhundert sowohl in nahezu allen Orten urbaner Qualität wie auch bereits auf dem Lande ansässig waren8), ist die Anzahl der Quellenbelege erstaunlich gering – zumindest für die Stadt Bamberg mag dies mit dem allgemeinen Mangel an städtischem Verwaltungsschriftgut für jene Zeit einhergehen.9) Nach der weitgehenden Vernichtung jüdischen Lebens und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf innerjüdische Kommunikations- und Infrastrukturen während der sogenannten Rintfleisch-Verfolgungen um das Jahr 1298 lassen sich bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts jüdische Bewohner in deutlich weniger Orten mit unterschiedlichen Graden urbaner Zentralität nachweisen – und dies in der überwiegenden Zahl ausschließlich auf der Basis von Herkunftsbelegen.10) Zusätzlich zu der zahlenmäßig deutlichen Abnahme an Siedlungsorten nach 1298 mag es sich in den meisten Fällen um die Ansiedlung von Einzelpersonen oder einzelnen Familien gehandelt haben. Die trotz der Kleinräumigkeit des Bamberger Gebietes mit der Verringerung der Zahl der Niederlassungsorte einhergehende Zerstreuung jüdischer Sesshaftigkeit brachte eine verstärkte Abhängigkeit von der christlichen Umwelt mit sich. Dieses Phänomen kam insbesondere innerhalb der den fränkischen Raum dominierenden kleineren Städte zum Tragen, da sich hier kaum Möglichkeiten für die Anlage getrennter Siedlungskomplexe von Christen und Juden boten. Für solche jüdischen Kleinstniederlassungen bestand die Notwendigkeit zur Kontaktaufnahme unter den nicht selten verhältnismäßig weit voneinander entfernt lebenden jüdischen Familien, um die Aufrechterhaltung kultischen Lebens zu gewährleisten. Gerade diese Kleinstgemeinschaften erloschen nicht selten infolge solch diffiziler Voraussetzungen vorzeitig.11)

So sind nach 1298 jüdische Niederlassungen in der Diözese erst wieder nach 1315 belegt.12) Nach den wenigen Hinweisen innerhalb des „Ältesten bamberger Bischofsurbars“ (1323/28) (Bamberg, StA, Standbuch Nr. 710/I) liegt erst wieder für die 1330er und 1340er Jahre eine geringe Zahl an Archivalien vor, die auf Juden als Geld- und Kreditgeber eingehen. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um herrschaftliche Privilegien und Erlasse, die christlich-jüdische Kontakte regeln. Weiteres Material etwa zu den Geschäftsbeziehungen zwischen Christen und Juden ist für den ersten Untersuchungszeitraum nicht erhalten, setzt aber insbesondere im 15. Jahrhundert mit einer deutlichen Zunahme an überlieferten seriellen Quellen ein.

  1. Vgl. mit weiteren Literaturhinweisen Geldermans-Jörg, Geleit (2010), S. 22 und Anm. 9. »
  2. Vgl. dazu ausführlich Zimmermann, Grundlagen (1979). »
  3. Vgl. mit weiteren Literaturhinweisen Geldermans-Jörg, Geleit (2010), S. 21. »
  4. Vgl. Borst, Erdbeben (1981), S. 350. »
  5. Regesten zur Geschichte der Juden in Österreich, Bd. 1 und 2. »
  6. Vgl. http://www.medieval-ashkenaz.org/quellen/nuernberger-memorbuch.html [Zugriffsdatum: 20. November 2015]. »
  7. Vgl. http://www.medieval-ashkenaz.org/quellen/bistum-wuerzburg-wb.html [Zugriffsdatum: 20. November 2015]. »
  8. Die meisten Rückschlüsse erlauben dabei Quellen im Umfeld der Gewaltmaßnahmen. In den Zentralorten Bamberg und Forchheim sind auf Basis der Memorbücher ausgebildete Gemeinden mit bis zu 130 Personen bezeugt; vgl. Geldermans-Jörg, Geleit (2010), S. 59–64. »
  9. Dies lag wiederum in der schwachen Position des Magistrats der Bischofsstadt begründet, die seine Handlungsspielräume deutlich eingrenzte; vgl. Geldermans-Jörg, Geleit (2010), S. 11 f. »
  10. Vgl. zu der Problematik, Übernamen als direkte Belege für Wohn- und Herkunftsorte zu verwenden zuletzt mit weiterführender Literatur Geldermans-Jörg, Geleit (2010), S. 59, bes. Anm. 20 f. Bereits erwähnt wurde, dass der Konzeption der vorliegenden Datensammlung zufolge die damit in Zusammenhang stehenden Quellen innerhalb der jeweiligen Corpora des aktuellen Niederlassungsortes erscheinen. »
  11. Geldermans-Jörg, Geleit (2010), S. 77. »
  12. Vgl. für Waischenfeld BA01, Nr. 4, für Bamberg BA01, Nr. 7 und BA01, Nr. 8, und für Forchheim BA01, Nr. 8»
Zitierhinweis

Geldermans-Jörg, Kathrin, Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Bamberg (1273–1347), in: Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg.v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015,
URL: http://www.medieval-ashkenaz.org/BA01/einleitung.html (Datum des Zugriffs)