Das Nürnberger Memorbuch (von Rainer Josef Barzen)

Inhaltsverzeichnis

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I. Jüdische Memorbücher

Das aschkenasische Judentum hat im Rahmen der gemeindlichen Memoria eine besondere literarische Gattung hervorgebracht, die unter dem Namen "Memorbuch" bekannt geworden ist. Ihre literarische Form und liturgische Funktion erinnern stark an die Sterbeverzeichnisse (Nekrologien) mittelalterlicher Klöster und anderer christlicher Gemeinschaften. Jüdische Memorbücher sind für das Mittelalter und die frühe Neuzeit bisher nur für jüdische Gemeinden aus christlich dominierten Gesellschaften nachgewiesen. Ein Einfluss der christlichen Mehrheitsgesellschaft auf die Formen jüdischen Totengedenkens ist nicht grundsätzlich auszuschliessen. Die Beziehungen zwischen den jeweiligen Gedächtnisformen von christlichen und jüdischen Gemeinden des Mittelalters und der frühen Neuzeit sind bislang allerdings noch ungenügend erforscht.

Als "Memorbücher" (hebr. "Sefer Sichronot"/"Sefer Sikaron" ספר זכרונות\ספר זכרון) werden in Buchform gehaltene Aufzeichnungen jüdischer Gemeinden bezeichnet, die, seit dem späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert geführt, das Totengedächtnis an Wohltäter und Märtyrer bewahrten. Hierzu gehörten Personen, die entweder in direkter Beziehung zur jeweiligen Gemeinde standen oder aber für das ganze aschkenasische Judentum Bedeutung erlangt hatten. Zu diesem Personenkreis zählten Vertreter der Juden gegenüber der nichtjüdischen Obrigkeit, Gelehrte und geistige Führer, Persönlichkeiten, die als großzügige Spender in Erscheinung traten, aber auch Individuen wie Personengruppen, die bei Verfolgungen getötet wurden. Neben dem Totengedächtnis berühmter Einzelpersonen nimmt in den Memorbüchern die Erinnerung an die Verfolgung ganzer Gemeinden einen breiten Raum ein. Noch in den Memorbüchern der frühen Neuzeit gedachte man in diesem Rahmen der verschiedenen Verfolgungen von Juden seit den Pogromen des ersten Kreuzzuges.

Mit dem "Nürnberger Memorbuch" liegt uns das älteste erhaltene Beispiel eines jüdischen gemeindlichen Memorialbuches vor. Es ist das einzige erhaltene mittelalterliche Exemplar dieser nur für das aschkenasische Judentum bekannten Form gemeindlicher Memoria, deren Einträge von 1096 bis ins Jahr 1392 reichen. Weitere Reste von hebräischen Memoriallisten des Mittelalters haben sich in verschiedenen Handschriften erhalten.1) Die handschriftliche Überlieferung der übrigen erhaltenen Memorbücher reicht vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.2)

II. Das Nürnberger Memorbuch im Lichte der Forschung

Die Tatsache, dass die Handschrift sich nachweislich seit dem späten 15. Jahrhundert in der Obhut der Mainzer Gemeinde befunden hatte3), führte zunächst zu der Annahme, dass es sich bei den mittelalterlichen Teilen der Handschrift um das Memorbuch der Mainzer Gemeinde handle.4) Dieser Irrtum wurde bereits am Ende des 19. Jahrhunderts durch die Untersuchungen von Stern korrigiert. Er wies mit Hilfe von Quellen zur Personengeschichte der Nürnberger Judengemeinde die Nürnberger Provenienz der mittelalterlichen Teile der Handschrift eindeutig nach. Lediglich die Einträge des 18. Jahrhunderts verweisen auf die Mainzer Gemeinde. Stern war es auch, der zusammen mit Salfeld die beiden mittelalterlichen Nekrologien der Handschrift im Rahmen seiner Untersuchungen zur Gemeinde Nürnberg in deutscher Übersetzung veröffentlichte.5)

Nur wenige Jahre später legte Salfeld eine Edition des Martyrologiums des Nürnberger Memorbuches zusammen mit einer Übersetzung vor.6) Damit wurden mit Ausnahme der wenigen liturgischen Texte am Anfang der Handschrift, die wesentlichen Teile des mittelalterlichen Nürnberger Memorbuches, wenn auch in unterschiedlicher Form (Nekrologien in Übersetzung, Martyrologium als Edition), einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Eine Edition der gesamten Handschrift ist bis heute ein Desiderat der Forschung. Salfelds Arbeit ist daher noch immer für jede weitere Beschäftigung mit der Handschrift des Nürnberger Memorbuches grundlegend.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhundert befand sich die Handschrift in der Obhut der Mainzer Gemeinde. Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gelangte sie im Gepäck einer jüdischen Familie nach England und ist seitdem für die Forschung nicht zugänglich. Das "Institute of Microfilmed Hebrew Manuscripts" an der Jewish National Library, Jerusalem, besitzt jedoch eine Fotokopie ("Fotostat") der Handschrift.7)

III. Entstehung und Funktion des "Nürnberger Memorbuches"

Die Initiative zur Entstehung des Nürnberger Memorbuches geht nach Angaben der Handschrift auf den Schreiber Isaak von Meiningen zurück.8) Isaak leitete die Handschrift mit einer Reihe von bestimmten Gebeten und Benediktionen ein.9) Dass Isaak von Meiningen 1296 den Neubau der Synagoge in Nürnberg zum Anlass nahm, sein Memorbuch anzulegen, erfahren wir bereits auf der zweiten Seite der Handschrift. Dort teilt uns der Schreiber mit: "Donnerstag, den 18. Kislev im Jahre 5057 (1296 November 15), begann die Gemeinde, in Wonne und Freude im neuen Gotteshaus zu beten. Innerhalb dieses Jahres habe ich zur Ehre des Schöpfers und zur Ehre des neuen Heiligtums dieses Gedenkbuch geschrieben. Isaak, Sohn des Samuel s. A. aus Meiningen."10)

In besonderem Maße wurde zunächst der Initiatoren und der Spender für den Synagogenbau gedacht. So fuhr Isaak fort: "[...] Bis jetzt hat Mar Simson dieses Haus gebaut. Er, der in Demut wandelte, beschleunigte die Arbeit von der Grundsteinlegung bis zur Krönung des Gebäudes. Kaum aber hatte er sein Werk vollendet, ging er ein zur Ewigkeit. Doch durch die Hilfe der Freigiebigen und durch die Freigebigkeit der Edlen sind die Baulichkeiten ausgeführt worden. Die Namen dieser Spender aber sind in das Buch der Geliebten, welche im Staube schlafen, eingeschrieben worden."11) Dieser Hinführung zu einer Memoria der verstorbenen Gemeindemitglieder folgt als Einschub zunächst das Totengedächtnis ausgesuchter Persönlichkeiten von allgemeinem aschkenasischen Interesse, die gleichsam die Gründergenerationen des rheinischen Judentums aus dem 11. Judentum repräsentieren. Erst danach wird die Auflistung unvermittelt durch die Nennung der Wohltäter der Nürnberger Gemeinde und ihres Synagogenbaues fortgesetzt.12)

Doch welche Funktion hatte das "Memorbuch" innerhalb des gemeindlichen Totengedächtnisses? Schon der Name hat in der Forschung einige Diskussion ausgelöst. Die hebräische Bezeichnung Sefer Sikaron (Buch der Erinnerung) bzw. Sefer Sichronot (Buch der Erinnerungen)13) führt zum Assoziationsfeld des Totengedächtnisses und zu seiner lateinischen Bezeichnung, der memoria.14) Eine andere Erklärung setzt den Ursprung des Wortes "Memorbuch" mit dem Begriff "Almemor" in Verbindung, einer Bezeichnung für den zentral gelegenen, aufwendig gestalteten Ort der Toralesung innerhalb der Synagoge. Bei dieser Deutung wird dem Memorbuch gleichsam ein zentraler Ort innerhalb der Synagoge zugewiesen, indem es als ständig gegenwärtig auf dem Almemor liegend gedacht wird.15) Beide Deutungen betonen jeweils den Aspekt der Vergegenwärtigung bereits verstorbener Personen innerhalb der Gemeinde: Zum Einen wäre eine dingliche Repräsentation der Toten in Form des Memorbuches auf dem Almemor der Synagoge inmitten der Betenden ein großes Symbol einer Gemeinschaft des Volkes Israel über den Tod hinaus. Zum Anderen zeigen die liturgischen Texte für ein öffentliches Totengedenken zu Beginn der Handschrift, dass die Rezitation der Namen der Verstorbenen als Teil der Liturgie an bestimmten Tagen des Jahres für den Schreiber selbstverständlich war.

Aus dem Gebetbuch des Raschi-Schülers Simchah von Vitry aus dem 12. Jahrhundert sind wir über Formen gemeindlicher Memoria im jüdischen Gottesdienst gut unterrichtet. So wurde der Verstorbenen in der Liturgie des Schabbat, nach dem Morgengebet (Schacharit) und nach der Toralesung, vor dem Musaf-Gebet16) gedacht, wenn die Torarolle sich noch auf dem Vorlesepult (Almemor) befand. So schrieb Simchah von Vitry: "Und dann gedenken wir der Verstorbenen, welche die Tora in Israel und die Rechtssatzungen vermehrt und die etwas für die Gemeinde gespendet haben, oder Personen, zu deren Wohl durch andere Personen Spenden geleistet wurden".17) An dieser Stelle des Gottesdienstes erfolgte die Rezitation der aufgelisteten Wohltäter. Eine weitere Möglichkeit des Totengedenkens bot die Liturgie des Versöhnungstages (Jom Kippur), wiederum ummittelbar nach der Toralesung und vor dem Musaf-Gebet in der Gegenwart der Torarolle. So schrieb Simchah von Vitry: "Und dann soll Wohltätigkeit in aller Öffentlichkeit getan werden, zum Wohle der Lebenden und der Toten."18) Für eine derartige Gelegenheit hat sich im Nürnberger Memorbuch folgende Formulierung des Totengedenkens überliefert: "Gott möge gedenken der Seele des N. Sohn des N., mit der Seele Abrahams, Isaaks und Jakobs, weil er [es folgt die Nennung der Summe] für den Friedhof hinterlassen hat. Deshalb möge Gott seiner gedenken, zusammen mit all den Gerechten, die im Paradiese sind. Amen."19) Die Segensformel ist teilweise in altfranzösischer Sprache in hebräischen Lettern gehalten und ist eine Ergänzung, die nicht aus der Hand des Schreibers Isaak von Meiningen stammt. Sie zeigt uns zweierlei: Zunächst gibt sie uns einen Einblick in den Alltag der gesprochenen Sprache und die immer noch zu erkennende Präsenz des Französischen in den aschkenasischen Gemeinden noch im 13. Jahrhundert. Darüber hinaus betont eine Verkündung von Spenden und Spendern in einer auch für weniger gebildete Zuhörer zugänglichen Sprache die Bedeutung, die die Bekanntmachung dieses Vorgangs für alle Gemeindemitglieder hatte.

IV. Erhaltungszustand und Gliederung der Handschrift

Die zugängliche Fotokopie der Handschrift vermittelt einen klaren Eindruck von deren Erhaltungszustand zum Zeitpunkt der Herstellung der fotomechanischen Reproduktion. Die vorhandene Paginierung legt nahe, dass es sich beim Nürnberger Memorbuch nur um ein Fragment der ursprünglichen Handschrift handelt.20)

Die Handschrift ist in drei große Abteilungen gegliedert. Diese werden in der Forschung nach ihrer Reihenfolge innerhalb der Handschrift als "Nekrolog I", "Martyrolog" und "Nekrolog II" bezeichnet. Die genannten Abteilungen sind durch Deckblätter aus dem 19. Jahrhundert voneinander getrennt. Diese Deckblätter und die diesen folgenden, als Auflistungen gestalteten Inhaltsangaben der jeweiligen Abteilungen, gehen auf Elijakim Carmoly21) zurück, in dessen Besitz sich die Handschrift zeitweilig befand.22) Es ist darum auch anzunehmen, dass Bindung und Einband der Handschrift, wie sie zur Zeit der fotomechanischen Vervielfältigung vorhanden waren, ebenfalls auf Carmoly zurückzuführen sind. Diese Bindung hat sicher die Handschrift vor weiteren Verlusten bewahrt. Sie perpetuiert allerdings auch an einigen Stellen eine Störung der ursprünglichen Blattfolge. Vor allem in der zweiten Abteilung, dem Martyrologium, sind Blätter der frühen, noch durch den Schreiber Isaak von Meiningen angelegten Eintragungen des späten 13. Jahrhunderts zur Rintfleischverfolgung (1298) und die Blätter der späteren Einträge völlig durcheinander geraten. Glücklicherweise konnte Salfeld für seine Edition die ursprüngliche Blattfolge ermitteln.23)

V. Form, Aufbau und Inhalt der Handschrift

Isaak von Meiningen prägte als erster Schreiber des Nürnberger Memorbuches die Textgestaltung der Einträge auch für die ihm nachfolgenden Schreiber der Handschrift.24) Die Formen sowohl des "Nekrologs I" als auch des Martyrologiums wurden von ihm normiert. So gliedern sich die Einträge des "Nekrologs I", die von den 1280er Jahren bis in vierziger Jahre des 14. Jahrhunderts reichen, wie folgt: Nach der Nennung des Spenders und der Spendensumme wird auch der Zweck der Spende genannt. Hierbei dominieren zunächst Spenden für die Synagoge, später allgemein für die Synagogenbeleuchtung, den Friedhof, den Unterricht für Kinder, aber auch die Unterstützung für Kranke.25) Eine Datierung der Einträge wurde nur sporadisch von den unterschiedlichen Schreibern geliefert. Auf der Grundlage der Handschrift des Memorbuchs ist darum für den "Nekrolog I" keine genaue zeitliche Einordnung möglich.26)

Die zweite Abteilung des von Isaak von Meiningen angelegten Memorbuches, das Martyrologium, dokumentiert die Verfolgungen im aschkenasischen Raum von der Zeit des ersten Kreuzzuges im 11. Jahrhundert bis zu den Pestpogromen in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Diese große Anzahl von Einzeldokumentationen wurde in einer Auflistung auf einer Seite zusammengefasst, die Ort und Datum der einzelnen Verfolgungen wiedergibt. Sie ist wohl im 15. Jahrhundert entstanden und auch zu dieser Zeit dem Martyrologium vorangestellt worden.27)

Die ersten Einträge des Martyrologiums, die den Opfern des ersten Kreuzzugs in den Rheinmetropolen gewidmet sind, gehen ebenso wie die nachfolgenden Einträge bis 1298 ohne Ausnahme auf Isaak von Meiningen zurück. Isaak gliederte die Einträge nach folgendem Grundmuster: Nach der Nennung des Ortes – und in aller Regel auch des Datums – erfolgte die Auflistung der dort ermordeten Glaubenszeugen. Gemäß dieser Formel wurden von Isaak nach den zentralen Orten der Kreuzzugsverfolgungen weitere Verfolgungsorte des 12. Jahrhunderts genannt, wobei auch Verfolgungen außerhalb der deutschen Lande, in Frankreich und England, erwähnt wurden. Auch den jüdischen Gemeinden und kleinen jüdischen Niederlassungen, die im 13. Jahrhundert unter Verfolgung zu leiden hatten, wurde in dieser Form gedacht.

In nahezu sämtlichen Einträgen verzichtete der Schreiber auf eine Darlegung der näheren Umstände der Verfolgung. Auch wurden die einzelnen Blutorte nicht als Teil einer größeren Verfolgungswelle kenntlich gemacht. Im Vordergrund stand das Totengedächtnis der einzelnen jüdischen Niederlassung. Die beiden Verfolgungswellen des 13. Jahrhunderts, die in der Forschung unter der Bezeichnung "Guter Werner"-Verfolgungen (1287/88) und "Rintfleisch"-Verfolgungen (1298) bekannt wurden, sind darum im Memorbuch lediglich durch die direkte Abfolge der einzelnen Blutorte der jeweiligen Verfolgung fassbar.

Die Dokumentation dieser beiden Verfolgungswellen des 13. Jahrhunderts durch die Gemeinde Nürnberg ist für das Verständnis des Nürnberger Memorbuches von besonderer Bedeutung. Eine Aufnahme der Opferlisten der "Guter Werner"-Pogrome im Rheinland zeigt, wie stark die Memoria der Gemeinde Nürnberg bis dahin auf ein Totengedächtnis der Verfolgten im ganzen Lande Aschkenas ausgerichtet war. Dies mag noch durch den Mangel an "eigenen" Märtyrern aus der Gemeinde Nürnberg oder dem weiteren Umfeld verstärkt worden sein. Nur zwei Jahre nach der Anlage des gemeindlichen Memorbuches, mit der im Jahre 1298 Franken und die angrenzenden Regionen erfassenden "Rintfleisch"-Verfolgung, änderte sich dies auf beklemmende Weise. Isaak von Meiningen dokumentierte nun zum ersten Mal Verfolgungen und ihre Opfer in Orten aus seinem näheren Umfeld. Am Ende war die Gemeinde Nürnberg selbst betroffen. Zusammen mit einigen hundert Nürnberger Juden fand Isaak von Meiningen, der Schreiber des Memorbuches, den Tod. Der Eintrag "Nürnberg" stammt bereits von anderer Hand und nennt seinen Namen. Die nachfolgenden Einträge halten an der von Isaak vorgegebenen Textgestaltung fest, nennen in aller Regel nur den Namen des Ortes, das Datum und namentlich bekannte Opfer und deren Familienangehörige. Es handelt sich hierbei um die Einträge der Totenlisten der großen fränkischen Gemeinden Würzburg, Bamberg und Rothenburg ob der Tauber, die jeweils mehrere hundert Opfer namentlich zu dokumentieren vermochten. Der letztgenannte Eintrag, die Memorialliste der Gemeinde Rothenburg, weicht in seiner Textgestaltung auffallend von den bisherigen Einträgen ab. Neben der genauen Auflistung von mehreren hundert Opfern wurde nun erstmals die Totenmemoria durch eine kurze Schilderung der Umstände der Verfolgung ergänzt. Die dem Eintrag "Rothenburg" folgenden Aufzeichnungen bezeugen die Ermordungen der jüdischen Einwohner an kleineren namentlich genannten Orten des fränkischen Raumes zur Zeit der "Rintfleisch"-Verfolgung.

Es stellt sich die Frage, wie es dem Schreiber Isaak von Meiningen und seinen Nachfolgern möglich war, die einzelnen Verfolgungsorte und die überwältigende Zahl der namentlich genannten Ermordeten im Memorbuch zu dokumentieren. Wie müssen wir uns den Informationsfluss aus den Verfolgungsorten in die Gemeinde Nürnberg vorstellen, der die vorliegende Dokumentation erst möglich machte? Eine ausschließlich mündliche Überlieferung der Opfer an den verschiedenen Orten ist aufgrund der großen Zahl der aufgelisteten Ermordeten nicht vorstellbar. Die Totenlisten vor allem in den genannten großen Gemeinden von Würzburg, Bamberg, Rothenburg o. d. T. und Nürnberg erinnern vielmehr an Steuerlisten, wie sie aus der Überlieferungen christlicher Gemeinden bekannt sind. Es ist darum, wie Israel Yuval betont hat, sehr wahrscheinlich, dass die Totenlisten des Nürnberger Memorbuches auf innerjüdisches Verwaltungsschriftgut zurückzuführen sind.28) Auf der Grundlage solcher Einwohner- oder Steuerlisten war es ohne größeren Aufwand möglich, eine detaillierte Liste der Ermordeten zu erstellen, indem die Namen der wenigen Überlebenden mit den vorhandenen Aufzeichnungen verglichen wurden. Eine weitere Beobachtung erhärtet Yuvals These: Fremde, Gäste und Schüler der örtlichen Talmudhochschulen, teils auch Kinder, wurden in den Totenlisten in der Regel zwar erwähnt, aber nicht namentlich genannt. Es handelt sich hierbei um Personkreise, die in gemeindlichen Steuerlisten nicht verzeichnet sind.

Mögen diese Überlegungen zumindest die Entstehung der ausführlichen Listen der großen Gemeinden Würzberg, Bamberg, Rothenburg o. d. T. erklären, die jeweils mehrere hundert Namen umfassen, so ist deren zeitnahe Überlieferung im Nürnberger Memorbuch nicht selbstverständlich. Die Einträge durch Isaak von Meiningen zu den "Rintfleisch"-Verfolgungen zeigen, dass bis zu seinem Tod am 1. August 129829) während des Nürnberger Pogroms, alle Opferlisten der betroffenen Orte30) nach nur wenigen Wochen31) in Nürnberg vorlagen und von ihm ins Memorbuch übertragen wurden. Es muss also zumindest in den großen Gemeinden noch vereinzelt Überlebende gegeben haben, die nicht nur eine Gedenkliste erstellten, sondern auch dafür Sorge trugen, die Listen nach Nürnberg zu übermitteln. Bei kleineren jüdischen Niederlassungen an meist nichturbanen Orten mit nur wenigen jüdischen Familien ist von zwei Möglichkeiten auszugehen, die eine genaue Überlieferung von Namen und Zahl der Ermordeten sicherte. Entweder waren vor Ort nach der Verfolgung noch Überlebende vorhanden, die ähnlich wie in den großen Gemeinden für einen Informationsfluss nach Nürnberg sorgten, oder aber es handelte sich gerade im Falle der kleineren Niederlassungen in der näheren und weiteren Umgebung von Nürnberg um Familien, die von der jüdischen Gemeinde aus steuerlichen und anderen Gründen zentral erfasst waren, da sie aus innerjüdischer Perspektive zur jüdischen Gemeinde der Stadt Nürnberg gezählt wurden. In diesem Fall war nun auch eine Erstellung von Totenlisten zu kleineren Orten in nur kurzer Zeit auch ohne Überlebende möglich. Der Schreiber Isaak und seine Nachfolger hatten somit die Möglichkeit, gerade von kleineren Orten auf der Grundlage gemeindlicher Nürnberger Aufzeichnungen Totenlisten zu erstellen nach der grausamen, bestechenden Logik: Wir wissen, wer an verschiedenen Orten gelebt hat; von Überlebenden wissen wir nichts, also sind offensichtlich alle ermordet worden.

Die beschriebenen Voraussetzungen zur Erstellung von Totenlisten scheinen jedoch bei späteren Verfolgungen nicht mehr vorhanden gewesen zu sein. Das Memorbuch präsentiert für die Dokumentation der Verfolgungen des 14. Jahrhunderts eine andere Form der Memoria, die fast gänzlich auf die Nennung von einzelnen Märtyrern in den betroffenen Gemeinden verzichtet. An ihre Stelle tritt, oft eingebettet in eine liturgische Gedächtnisformel "Gedenke oh Herr, der Ermordeten und Verbrannten von ...", die bloße Nennung des Verfolgungsortes, respektive der jüdischen Gemeinde, die eine Verfolgung erlitten hatte. Handelte es sich um regional ausgreifende Verfolgungen, wie etwa die "Armleder"-Pogrome der Jahre 1336 bis 1338, so begnügte sich der Schreiber mit der bloßen Auflistung der Verfolgungsorte, die in der Regel einer geographischen Ordnung folgten. Auch zeitgenössische Bezeichnungen von Regionen flossen in solche Aufzeichnungen ein.32)

Die Pestverfolgungen zur Mitte des 14. Jahrhundert sind die zeitlich letzten Pogrome, die im Rahmen des Martyrologiums des Nürnberger Memorbuchs dokumentiert wurden.33) Beide Formen der bisher praktizierten schriftlichen Memoria, die Aufzählung der Opfer wie auch die bloße Nennung der Verfolgungsorte, fanden hier ihre Anwendung. Allerdings scheint die ausführliche Form der Auflistung der Opfer einer ganzen Gemeinde nur noch für Nürnberg möglich gewesen zu sein. Einer der Schreiber des Memorbuches hat darüber hinaus für die große Verfolgungswelle der Pestpogrome eine erste Liste von Verfolgungsorten zeitnah zu den Ereignissen angelegt.34) Neben der Menge der genannten jüdischen Niederlassungen besticht die Auflistung durch ihre Gliederung, die eine jüdische regionale Organisation auf der Grundlage der führenden Gemeinden erkennen lässt und die Abhängigkeiten kleinerer Niederlassungen von übergeordneten Zentren dokumentiert. Auch hier muss davon ausgegangen werden, dass dem Autor innerjüdisches Verwaltungsschriftgut vorlag und ihm die innerjüdische Vernetzung nicht nur bekannt, sondern auch selbstverständlich war.35) Während in einer der memorialen Überlieferungen des 16. Jahrhunderts, die in ihrer Form dieser Liste weitgehend entsprechen, Verfolgungen im gesamten Reichsgebiet dokumentiert sind36), bricht die Nürnberger Liste nach der Nennung der Blutorte im mittleren Rheingebiet, Elsass, Schwaben, Franken und Thüringen unvermittelt ab.37) Es ist zu vermuten, dass hier akute Ereignisse von Zerstörung und Verfolgung dem Schreiber in Nürnberg die Vollendung seines Werkes unmöglich machten.38) Außergewöhnlich bleibt auch der Kontext der Überlieferung dieser Liste innerhalb des Memorbuchs. Sie ist nicht im Martyrologium zu finden, sondern auf der letzten Seite des "Nekrologs I", unmittelbar nach dem dortigen letzten Eintrag. Vielleicht erfolgte die Platzierung der Liste dort zunächst aus pragmatischen Gründen, weil hier noch Raum für weitere Einträge vorhanden war. Eine endgültige Rekonstruktion der Blattfolge des Memorbuches mag hier Klärung bringen.

Als dritte Abteilung innerhalb der Handschrift folgt, wiederum nach einen Deckblatt von Carmoly, der "Nekrolog II", mit Eintragungen für den Zeitraum von 1373 bis 1392. Auch hierbei handelt es sich – vergleichbar dem "Nekrolog I" – um ein Spendenregister Verstorbener der Gemeinde Nürnberg. Die Auflistung unterscheidet sich formal von dem "Nekrolog I" durch die regelmäßige Datierung fast jedes Eintrags sowie durch die hier dokumentierte Spendenpraxis. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts scheinen sich die Aktivitäten zur gemeindlichen Wohltätigkeit neben dem Friedhof, den Armen und Spenden für Glaubensgenossen in Jerusalem, mehrheitlich auf die Unterhaltung der Gemeindestiftung (Hekdesch) konzentriert zu haben, was den Unterhalt eines jüdischen Hospitals eingeschlossen hat.39)

VI. Die Dokumentation des Nürnberger Memorbuchs innerhalb des Corpusprojektes

Für die erste, von 1273 bis 1347 reichende Phase des Untersuchungszeitraums des Projekts wurden nur die entsprechenden Einträge des Martyrologiums des Nürnberger Memorbuches berücksichtigt. Dazu gehören die nahezu durchgängig datierten Totenlisten der Verfolgungsorte des späten 13. Jahrhunderts, insbesondere die Listen zu den "Rintfleisch"-Verfolgungen von 1298. Ebenso konnten die Auflistungen der Verfolgungsorte des frühen 14. Jahrhunderts ("Armleder"-Pogrome, weitere enger begrenzte lokale und regionale Verfolgungen) mit Hilfe der nichthebräischen Überlieferung datiert und somit ebenfalls in das Corpusprojekt aufgenommen werden. Die Aufzeichnungen des Nürnberger Memorbuches zur Pestverfolgung werden im Rahmen der nächsten Zeitstufe (1348–1390) des Untersuchungszeitraums veröffentlicht.

Die Aufnahme des "Nekrologs I" (bis 1346) wird demnächst in einer weiteren Vorabedition als separates Teilcorpus erfolgen, und zwar in vier getrennten Abschnitten entsprechend der Jahresdatierung innerhalb der Handschrift. Für den ersten, undatierten Abschnitt wurde, Salfeld folgend40), die Datierung "1280" gewählt. Die übrigen Abschnitte des "Nekrologs I" sind unter den Datierungen "1341/42", "1342/43", "1345/46" verzeichnet, wie sie von der Handschrift vorgeben werden. Der "Nekrolog II" (1373–1392) wird in der zweiten Projektphase bearbeitet.

VII. Hebräische Begriffe und Teileditionen hebräischer Textabschnitte in den Einträgen zum Nürnberger Memorbuch

Aufgrund des spezifischen Quellenmaterials, das vornehmlich aus Auflistungen von Personen oder Ortsnamen besteht, wurde entschieden, bei jedem Eintrag nach einem einleitenden Kurzregest das gesamte Material des jeweiligen Abschnittes in einer deutschen Übersetzung zu liefern. Die Besonderheiten des hebräischen Textes, wie nichtbiblische Namen, besondere Begriffe, aber auch die – sehr seltenen – Schilderungen zu Verfolgungen, erscheinen neben der deutschen Übersetzung als Edition in hebräischer Sprache. Auf diese Weise sollen dem Leser die unterschiedlichen Aspekte des hebräischen Quellenmaterials – auch ohne eine Volledition – im Rahmen eines Regestes zugänglich gemacht werden. Bei biblischen Namen wurde auf eine Präsentation in hebräischer Sprache verzichtet. Ihre deutsche Namensform entspricht den Loccumer Richtlinien.41)

Die Namenlisten des Nürnberger Memorbuches – sowohl in den Nekrologien als auch im Martyrologium – enthalten eine Reihe von Anredeformen für Männer42), die auch in den Teilübersetzungen der Einträge zum Memorbuch im Corpusprojekt wiedergeben werden. In der Regel wurde in der Handschrift männlichen Personen ein R. (ר') vorangestellt, was nicht als Rabbinertitel oder gar Rabbineramt, sondern lediglich als höfliche Anrede (vgl. "Herr ...") zu verstehen ist.

Die Gelehrsamkeit einzelner Personen und damit ihr gesellschaftliches Ansehen wurden durch eine detaillierte und differenzierte Titulatur gekennzeichnet. Es wird zwischen zwei "Bildungsgraden" unterschieden: So wird ein jüdischer Mann als "Chaver" (חבר ,החבר) bezeichnet, der im Rahmen der institutionalisierten Bildung der Jeschiwah (Talmudhochschule) bereits ein gewisses Maß an Bildung erreicht hat. In der Übersetzung wird dies mit "der Gelehrte" wiedergeben. Der Titel "Rabbiner" (haRaw) (הרב) zeichnet wiederum eine Person aus, die sich anerkannter Maßen höchster Bildung erfreut. Dieser ist wiederum zu unterscheiden vom "Morenu HaRaw" (מורינו הרב, abgekürzt מהר'ר): einem Rabbiner, der vor Ort in einer Gemeinde oder aber als hochverehrter Lehrer einer Jeschiwah, als höchste hallachische Autorität gilt und damit grösstes Ansehen genießt.43) Ein solcher "Rabbiner" darf nicht verwechselt werden mit einem "Parnas" (פרנס), der das politische Amt eines Gemeindevorstehers versah, sei es als Mitglied des jüdischen Rates, sei es als Vorsteher desselben.

Der hebräische Begriff´ "haBachur" (הבחור), "junger Mann"44), wurde oft identisch in der Bedeutung "Talmudstudent", d. h. Student an einer Jeschiwa, verwendet und auch so mehrheitlich im Nürnberger Memorbuch wiedergegeben. In anderen Fällen soll der nachgestellte Begriff "haBachur", in der Bedeutung "der Junge", die benannte Person von älteren Personen, oft auch von Personen mit gleichem Namen, unterscheiden. Nicht immer ist in der Übersetzung eine klare Differenzierung zwischen beiden Bedeutungen möglich. Die Präsentation des hebräischen Begriffs an Ort und Stelle lässt dem Leser eigene Interpretationsspielräume.

  1. Vgl. Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XXVI-XXVII, Nr. 1-7. Das sogenannte Memorbuch von Charleville, von Salfeld (Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. 69) auf das frühe 14. Jahrhundert datiert, liegt weder im Original noch als Film vor und konnte für die vorliegende Untersuchung nicht berücksichtigt werden. »
  2. Vgl. hierzu die Auflistung von 59 Memorbüchern in: Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XXVI-XXXIX. Zum Wesen und Funktion der aschkenasischen Memorbücher vgl. auch Pomerance, Bekannt (2000); neuerdings auch Koren-Loeb, Memorbuch (2007). »
  3. Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XV. »
  4. Neubauer, Memorbuch (1882), S. 1-30. »
  5. Stern, Bevölkerung 3 (1894-1896), S. 95-172 (Nekrolog I); S. 191-205 (Nekrolog II). »
  6. Martyrologium Nürnberger Memorbuch. »
  7. Der Fotostat kann dort unter der Signatur 2828 פ eingesehen werden. »
  8. Ms., fol. 46a. »
  9. So beginnt die Handschrift auf fol. 46a mit: 1) Gebet bei der Verkündigung des Neumonds, 2) Segensspruch für die Gemeindemitglieder, welche sich die Pflicht auferlegen, dort genannte Fasttage zu halten, 3) Segensspruch für die Wohltäter und Synagogenbesucher, 4) Gebet für Kranke, und 5) das Av harachamim ("Vater des Erbarmens") beginnende Gebet für die Märtyrer Israels; vgl. auch Stern, Bevölkerung 3 (1894-1896), S. 99. »
  10. Ms., fol. 46a; Übersetzung nach Stern, Bevölkerung 3 (1894-1896), S. 99. »
  11. Ebd. »
  12. Ms., fol. 47b; Übersetzung, Stern, Bevölkerung 3 (1894-1896), S. 100. »
  13. Mal. 3,16 bzw. Est. 6,1; vgl. hierzu Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XII. »
  14. Vgl. Cluse, Sondergemeinde (2004), S. 47 mit Anm. 100. »
  15. Vgl. Weinberg, Memorbuch Hagenbach (1927), S. 207; Ders., Untersuchungen (1924), S. 316-318. »
  16. Eine zusätzliche Liturgie, die ohne Unterbrechung am Schabbat, dem Versöhnungstag (Jom Kippur), den Halbfeiertagen (Chol haMoed) von Pessach, und dem Laubhüttenfest (Sukkot) und am Monatsbeginn (Rosch Chodesch) an das Morgengebet (Schacharit), das Nachmittagsgebet (Minchah) und das Abendgebet (Maariw) angeschlossen wird. »
  17. Machsor Vitry, Bd. 1, Nr. 190, S. 173; vgl. Galinsky, Commemoration (2005), S. 196, Anm. 14. »
  18. Machsor Vitry, Bd. 1, Nr. 352, S. 392; vgl. Galinsky, Commemoration (2005), S. 196, Anm. 17 mit zu korrigierenden Angaben. »
  19. Die Formel ist teilweise in altfranzösisch, in hebräischen Lettern im Memorbuch verzeichnet. Vgl. Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. 87 und 292; vgl. auch Galinsky, Commemoration (2005), S. 196. »
  20. So beginnt die Handschrift bspw. mit fol. 46a. »
  21. Vgl. Broydé, (Art.) Carmoly (1901-1906). »
  22. Vgl. hierzu sein Namenszug auf dem ersten Deckblatt. »
  23. Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XVI. »
  24. Nach dem Tod des Schreibers Isaak von Meiningen, während des Pogroms der "Rintfleisch"-Verfolgung in Nürnberg am 1. August 1298, erfolgten die Einträge ins gemeindlichen Memorbuch durch viele Personen. In einer ersten oberflächlichen Durchsicht allein für den Nekrolog I (1296–1392) sind mindestens zwei Dutzend verschiedene Schreiberhände zu erkennen. Die Feststellung der genauen Anzahl der verschiedene Schreiber bedarf einer separaten Untersuchung. »
  25. Mit "Kranke" sind hier wohl Leprakranke gemeint; vgl. Ziwes, Studien (1995), S. 91 f. »
  26. Salfeld vermutet das zeitliche Einsetzen der Einträge für die Verstorbenen der 1280er Jahre (Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XIII). Es sind keine Datierungen vorhanden. Später wurden die Verstorbenen unter der Überschrift eines Jahres zusammengefasst (1341–1346) 5102 (fol. 84a; Stern, Bevölkerung 3 (1894–1896), S. 164); 5103 (fol. 85b, Stern, S. 165); 5104 (fol. 87a, Stern, S. 167), 5106 (fol. 88b, Stern, S. 170); das Jahr 5105 ist nicht verzeichnet. »
  27. Ms., fol. 82b. »
  28. Yuval, Two Nations (2006), S. 138. »
  29. Vgl. Anm. 24. »
  30. Das Nürnberger Memorbuch nennt für die "Rintfleisch"-Verfolgungen bis zu den Pogromen von Nürnberg acht Blutorte, deren Einträge noch von der Hand Isaaks von Nürnberg stammen: Röttingen, Neustadt an der Aisch, Windsheim, Iphofen, Mergentheim, Ochsenfurt, Kitzingen, Markt-Bibart. »
  31. Die "Rintfleisch"-Verfolgungen begannen in Röttingen am 20. April 1298. Am 1. August wurden die Juden in Nürnberg verfolgt und der Schreiber Isaak von Meiningen zusammen mit vielen anderen Gemeindemitgliedern getötet; vgl. Anm. 24 und 29. »
  32. Vgl. Barzen, Regionalorganisation Mittelrhein (2004), S. 252. »
  33. Es waren auch die letzten überregionalen Pogrome; vgl. Müller, Eretz (2004), S. 271. »
  34. Vgl. Barzen, Regionalorganisation (2002), S. 296 (dort als Liste "C" bezeichnet). »
  35. Ebd, S. 294, Anm. 6. »
  36. So im Deutzer Memorbuch; vgl. Barzen, Regionalorganisation (2002), S. 295-297, 308-310 und 312-366. »
  37. Zur geographischen Ausdehnung der Liste vgl. Barzen, Regionalorganisation (2002), S. 296. »
  38. Besonders deutlich wird dies durch die Gegenüberstellung der in beiden Aufzeichnungen (Nürnberger Liste "C", Deutzer Memorbuch) genannten großen Gemeinden; vgl. hierzu Barzen, Regionalorganisation (2002), S. 308 f. Die letzten Eintragungen der Nürnberger Liste fanden vermutlich im Juni 1349 statt; vgl. ebd. S. 296, Anm. 19, und Cluse, Zur Chronologie (2002). »
  39. Vgl. Stern, Bevölkerung 3 (1894–1896), S. 190-205. »
  40. Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XIII. »
  41. Vgl. Lange, Verzeichnis (1981). »
  42. Martyrologium Nürnberger Memorbuch, S. XXV. »
  43. Die detaillierte Bedeutung der hier aufgeführten Titulaturen sind für das 13. Jahrhundert noch ein Desiderat der Forschung. Gerade eine Untersuchung des Nürnberger Memorbuches zu dieser Fragstellung wird hier weiter Klärung schaffen. Noch ist der Rabbiner im 13. Jahrhundert nicht Inhaber eines gleichnamigen Gemeindeamtes und erhält keine Entlohnung durch die Gemeinde. Eine Veränderung hin zu einem Rabbiner "in Amt und Würden" als Gemeindeangestellter lässt sich erst seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nachweisen; vgl. Yuval, Scholars (1988), S. 11-20 »
  44. Ebd. »
Zitierhinweis

Barzen, Rainer, Das Nürnberger Memorbuch. Eine Einführung, in: Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg.v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011,
URL: http://www.medieval-ashkenaz.org/NM01/einleitung.html (Datum des Zugriffs)