Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 528a

1336 September 23

Brief des Trierer Notars Nikolaus [von Hagen] an den erzbischöflichen Kaplan und Notar Rudolf Losse, in dem er den im Auftrag des Trierer Erzbischofs Balduin an der Kurie in Avignon weilenden Losse über eingegangene Schreiben sowie über Neuigkeiten in Trier und im Reich informiert. Unter anderem wird Losse auch über den drei Wochen zuvor erfolgten Tod des in erzbischöflichen Diensten stehenden Trierer Juden Muskinus und den Ausbruch der sogenannten Armlederverfolgungen in Franken in Kenntnis gesetzt. Dort hätten Bauern (rustici) in der Gegend von Tauberbischofsheim einen König namens Armleder erwählt und seien mit großer Zahl überwiegend zu Fuß, aber auch zu Pferd, zu den befestigten Orten und Städten (ad opida et civitates) gezogen, wo sie alle Juden getötet hätten. Zuerst hätten sie die Juden in Kitzingen, Ochsenfurt (Ossenfort), Aub (Owe) und Mergentheim sowie in vier weiteren Städten, deren Namen dem Autor nicht bekannt waren, getötet. Danach seien sie auch vor Würzburg gewesen, hätten dort allerdings nichts ausrichten können. Da man in Tauberbischofsheim auf einen Angriff vorbereitet war, hätten die Bauern die Stadt dreimal vergeblich belagert. Angeblich sollen den Verfolgungen etwa 1.500 Juden zum Opfer gefallen sein. Nicht nur die Juden, sondern auch der Erzbischof von Trier, Grafen, Adlige und Städte fürchteten den so genannten König Armleder und bereiteten sich auf die Verteidigung vor, für den Fall, dass dieser mit seinem Heer den Rhein überschreite. Scriptum per me [Nycolaum, vestrum humilem servitorem, feria seconda post Mathei evangeliste post mediam noctem quasi semi cecus …]. (1)

(1) Die hier in Klammern eingefügten Passagen sind zerstört, konnten jedoch vom Herausgeber der Acta imperii selecta noch gelesen werden.

Überlieferung:

Darmstadt, StA, C 1 B, Nr. 59, fol. 70r/v (neuere Zählung), Orig., lat., Perg.

  • Nova Alemanniae 1, Nr. 411, S. 236-239;
  • Acta imperii selecta, Nr. 1042, S. 735 f.
  • REM 1, 2, Nr. 3554, S. 154.
  • Arnold, Arnold (2004), S. 5;
  • Rubin, Tales (1999), S. 55;
  • Ziwes, Studien (1995), S. 239, Anm. 6;
  • Burgard, Familia (1991), S. 128 und 278;
  • Lotter, Hostienfrevelvorwurf (1988), S. 566 f.;
  • Haverkamp, Erzbischof (1985), S. 446, Anm. 26, und S. 475;
  • Arnold, Armledererhebung (1974), S. 35 f.;

Kommentar:

Bei der Darmstädter Handschrift handelt es sich um das so genannte Konzeptbuch von Erzbischof Balduins Notar Rudolf Losse (geb. um 1310, gest. 1363), später Trierer Offizial und Dekan des Mainzer Domkapitels. Zu Nikolaus von Hagen vgl. Burgard, Familia (1991), S. 278-280; Ders., Bildungskreis (1995), S. 167-170. Zu Rudolf Losse vgl. Burgard, Rudolf (1994). Bei Ochsenfurt könnte es sich um eine Verwechslung des Ortes der militärischen Auseinandersetzung zwischen den Würzburgern und den Judenschlägern mit einem Verfolgungsort handeln; vgl. WB01, Nr. 520.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 02.02.2022

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 528a, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/CP1-c1-00j7.html (Datum des Zugriffs)

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