Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 526

1336 [Juli 29] - 1338 [Mai 1338]

Heinrich Truchsess von Dießenhofen schreibt in seiner zwischen etwa 1330 und 1361 verfassten Chronik zum Jahre 1338: Im genannten Jahr erhob sich im Monat Januar (predicto eciam anno mense ianuarii) eine schwere Verfolgung in den Diözesen Straßburg und Basel gegen die Juden (in dyocesi Argentinensi et Basiliensi), sodass alle, die sich außerhalb der genannten Städte aufhielten, innerhalb von acht Tagen getötet wurden. Und das alles geschah nur, weil sich die Judenschläger deren Gütern bemächtigen wollten (…non ob aliud nisi quod eis bona temporalia auferre volebant occisores eorum). Eine ähnliche Verfolgung widerfuhr im selben Jahre den Juden in Österreich und der Steiermark (Similis autem persecutio et eodem anno Iudeis accidit per Austriam et Stiriam). Ihren Ausgang hatte sie im Jahre 1336 (anno domini MCCCXXXVI) in der Diözese Würzburg (in diocesi Herbipolensi) genommen und war von dort in die Mainzer [Diözese] und andere dort gelegene Orte gelangt (in Maguntinensi et aliis ibidem locis). Und innerhalb von drei Jahren sind so viele der Juden umgebracht worden, dass die verbliebenen Juden bekundeten, dass sie in Deutschland niemals eine so große Verfolgung erlitten hätten (Et tam multi Iudeorum infra trigenium sunt extincti, quod Iudei qui remanserant fatebantur, se nunquam in Alemannia tantam persecutionem sustinuisse). Und wenn sie auch wegen der Ermordung unseres Herrn mehr als das verdient hätten, habe ich dennoch als Grund für diese Verfolgung keinen anderen als den oben erwähnten gefunden und gehört, als den, dass die Juden in Österreich den Leib des Herrn malträtiert hätten, wie ich es von jemandem, der von dort kam, erfahren habe (Et quamvis in nece Domini nostri plura hiis promeruerint, tamen causam istius persecutionis aliam nisi suprascriptam non inveni nec audivi, nisi quod in Austria corpus Christi male tractaverant Iudei, prout a quodam qui inde venit percepi).

Überlieferung:

München, BStB, Clm. 21259, fol. 267v-268r, Abschr. (14. Jh.), lat.; zu weiteren (unvollständigen) Handschriften vgl. Colberg, Heinrich Truchseß (1981), Sp. 710.

  • Heinricus dapifer de Diessenhofen, S. 28 f.;
  • zu älteren Editionen vgl. Colberg, Heinrich Truchseß (1981), Sp. 710.
  • Rubin, Tales (1999), S. 57;
  • Arnold, Armledererhebung (1974), S. 40 und 44.

Kommentar:

Heinrich Truchsess von Dießenhofen entstammte der Verbindung einer habsburgischen Ministerialentochter (von Reinach) und dem eng mit den Habsburgern verbundenen Dießenhofener Bürger Johannes Truchseß aus dem Rittergeschlecht von Hettlingen. Ausgestattet mit mehreren Pfründen studierte Heinrich in Bologna; spätestens 1324 wurde er Domherr in Konstanz, 1326 Kustos am Kollegiatstift Beromünster und weilte von 1331 bis 1337 in habsburgischem Auftrag an der Kurie in Avignon, wo er von Johannes XXII. zum päpstlichen Kaplan ernannt wurde. 1341 gab er sein Pfründe am Stift Beromünster auf und intensivierte seine Präsenz in Konstanz. 1363 wurde er zum Dompropst ernannt, musste jedoch bereits im folgenden Jahr wieder auf die Würde verzichten. 1373 und 1374 ist Heinrich als päpstlicher Kollektor in der Diözese Konstanz bezeugt; 1376 starb er. Von etwa 1330 bis 1361 arbeitete Heinrich an seiner Chronik, die auf einer bis 1323 fortgeführten Fassung der Chronik Tholomeus' von Lucca aufbaute und ab dieser Zeit mit Nachrichten aus dem eigenen Erfahrungsumfeld versah. Zu Heinrichs leben und Werk vgl. Colberg, Heinrich Truchseß (1981), Sp. 708-711; Aebi, Heinrich (1877); Simonsfeld, Chronik (1878), und Schulte, Beiträge (1886). Georg Modestin, Verfasser mehrerer Aufsätze zu verschiedenen inhaltlichen Problemen der Chronik Heinrichs, wird in Kürze auch eine Neuedition der Chronik vorlegen.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 526, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/WB-c1-00ch.html (Datum des Zugriffs)

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