Teilcorpora „Erzbistum Mainz“ und „Judensiegel 2“ online

20.07.2015, in: Neuerscheinungen

Mit der online-Veröffentlichung des Teilcorpus „Erzbistum Mainz (1273–1347)“ wird nun auch der Reigen der Quellenpublikationen des Projekts zu den bedeutenden „SchUM“-Gemeinden eröffnet. Parallel dazu erscheint mit den Judensiegeln für den Zeitraum von 1348 bis 1390 erstmals ein Teilcorpus für den zweiten Untersuchungszeitraum des Akademieprojekts.

Auschnitt aus der Karte jüdischer Siedlungen im Südwesten des Reiches für die Zeit zwischen 1301 und 1350 (Geschichte der Juden im Mittelalter, Bd. 3, Karte A 4.5)
Siegel des Neustädter Juden Sindirgant (Amorbach, FLA, A V, 1374 IX 25, Siegel 1); siehe JS02, Nr. 16.

Auf 326 Datensätze kommt das von apl. Prof. Dr. Gerd Mentgen edierte Teilcorpus „Erzbistum Mainz“, das große Teile der räumlich weit ausgreifenden Erzdiözese umfasst (Frankfurt und die Wetterau wurden bereits für die erste Zeitphase in einem eigenen Teilcorpus bearbeitet; die thüringischen Gebiete erscheinen demnächst im Teilcorpus „Von Werra und Leine bis zum Bober“). Im Zentrum des Teilcorpus stehen – sowohl quantitativ als auch qualitativ – die schriftlichen Zeugnisse zur Mainzer Judenschaft, der „heiligen Gemeinde“, „Mutterstadt […] aller Gemeinden des Reiches“, wie sie in einer hebräischen Chronik des 12. Jahrhunderts genannt wird, die zusammen mit den Gemeinden Speyer und Worms den Bund der sogenannten „SchUM-Gemeinden“ bildete. Neben den unmittelbar die Juden der Stadt Mainz betreffenden Quellen liegen weitere Schwerpunkte der vornehmlich auf urkundlichem Material fußenden Edition auf der Überlieferung zu jüdischen Niederlassungen in den weiteren erzstiftischen Zentren sowie in der Grafschaft Sponheim. Die Arbeiten am Teilcorpus „Erzbistum Mainz 2“ (1348–1390) sind bereits weit fortgeschritten, sodass dessen Publikation möglicherweise noch in diesem Jahr erfolgen kann.

Wie schon im Teilcorpus „Judensiegel 1 (1273–1347)“ beschäftigt sich Andreas Lehnertz, M. A., im zeitlich folgenden Teilcorpus „Judensiegel 2 (1348–1390) mit einer bislang kaum beachteten und, wie bereits die Staatsexamensarbeit des Autors gezeigt hat, in vielerlei Hinsicht besonders aussagekräftigen und heuristischen Quellengattung. Für den zweiten Zeitraum eruierte der zurzeit an seiner inhaltlich und räumlich weit über die Staatsexamensarbeit hinausgehenden Dissertation arbeitende Autor 46 Siegel für das mittelalterliche Reichsgebiet (gegenüber 50 in der ersten Phase). Dies ist insofern erstaunlich, als das jüdische Siegelwesen im christlich-jüdischen Geschäftsverkehr bereits wieder kurz nach den Pestverfolgungen (ab 1352) in ähnlicher Intensität nachgewiesen werden kann wie zuvor. Angesichts der ungünstigen Überlieferungschancen jüdischer Siegel kann es sich dabei freilich um einen zufälligen Befund handeln. Besondere Beachtung verdient das nach einem ersten Beleg für Aschaffenburg aus dem Jahre 1342 nun – im Jahre 1381 – auch für Tauberbischofsheim nachgewiesene Siegel AD DEBITA. Derartige Siegel wurden von christlichen Stadtgemeinden eigens zur Besiegelung von Dokumenten über Schulden von Christen bei Juden verwendet und stellten somit gewissermaßen eine Ersatzfunktion für den Eintrag des Geschäfts in Gerichtsbüchern dar.

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