Vier neue Teilcorpora online

16.06.2017, in: Neuerscheinungen

Aufgrund der zwischen November 2016 und März 2017 erfolgten grundlegenden Überarbeitung der Projektwebsite waren sämtliche Änderungen und neu eingespeiste Daten über einen Zeitraum von annähernd fünf Monaten für die Nutzer nicht einsehbar (http://www.medieval-ashkenaz.org/aktuelles/artikel/details/abschluss-der-technischen-ueberarbeitung-der-projektwebsite.html). Daher sei gleichsam im Nachgang auf vier gegen Ende des Jahres 2016 auf der Website hochgeladene Teilcorpora hingewiesen.

Kaiser Karl IV. über den Kauf eines Hofs zu Oppenheim (1378 März 9) (Bielefeld, Stadtarchiv, Best. 199,1/Urkunden, Nr. 469) (Rechte: Bielefeld, StadtA)
Schloss Hülchrath, Konsolen des Turmhelms (Foto: Jörg Müller)

Nur etwas mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung des Teilcorpus „Mainz 1“ (1273–1347) hat wiederum apl. Prof. Dr. Gerd Mentgen das Teilcorpus für die zweite Untersuchungsphase (1348–1390) dieses Raums vorgelegt. Es umfasst 460 Datensätze. Darunter befinden sich deutlich mehr als 100 Volltexte von Urkunden, die damit erstmals der Forschung als Edition zugänglich gemacht werden. Die in dem Teilcorpus enthaltenen Bearbeitungen von Grabinschriften des Mainzer Judenfriedhofs hat in bewährter Manier Dr. Klaus Cuno (Bonn) auf freiwilliger Basis besorgt. Nicht zuletzt für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit den SchUM-Städten bilden diese Quellen eine wertvolle Basis. Während das Teilcorpus „Mainz 3“ (1391–1440) derzeit von Dr. des. Jörn Christophersen bearbeitet wird, bereitet Prof. Mentgen mit „Worms 1“ (1273–1347) die Veröffentlichung eines weiteren Teilcorpus zu einer Kernlandschaft des aschkenasischen Judentums vor den Pogromen der Mitte des 14. Jahrhunderts vor.

Eine weitere Zentrallandschaft jüdischen Lebens im Reich hat Dr. Benjamin Laqua, ehemaliger Projektmitarbeiter und seit einigen Jahren freiwillig am Akademievorhaben Mitwirkender, mit dem Teilcorpus „Stadt Köln 1“ (1273–1347) aufgearbeitet. Das Judenschreinsbuch der Kölner Laurenzpfarre wurde – ebenfalls von Benjamin Laqua – für denselben Untersuchungszeitraum bereits 2011 als quellenspezifisches Teilcorpus gesondert publiziert (http://www.medieval-ashkenaz.org/quellen/1273-1347/ks01.html). Unter den 199 Datensätzen des Teilcorpus „Stadt Köln 1“ erweisen sich die seit 1321 geführten Kölner Eidbücher im Hinblick auf das christlich-jüdische Verhältnis, aber auch auf innerjüdische Vorgänge als besonders aufschlussreich. Da die Mehrzahl der relevanten Quellen den Beständen des Historischen Archivs der Stadt Köln entstammt, stand nach dem Einsturz des Archivgebäudes im Jahre 2009 zu befürchten, dass viele Quellen bis auf Weiteres bzw. überhaupt nicht mehr zugänglich sein würden. Aufgrund der Einrichtung des mittlerweile gut funktionierenden, allerdings nur mittels des doch sehr umständlichen Mets-Viewers zu nutzenden „Digitalen Historischen Archivs der Stadt Köln“ (http://historischesarchivkoeln.de/de/), über das bereits zahlreiche Sicherheitsverfilmungen in digitaler Form zugänglich gemacht wurden, sowie die zügige Bereitstellung von Scans noch nicht online zur Verfügung stehender Archivalien wirkte sich die Tragödie des Jahres 2009 nicht unmittelbar negativ auf die Erhebung der für das Projekt relevanten Daten aus.

Bereits die dritte Untersuchungsphase des Akademievorhabens hat Andreas Lehnertz, Doktorand am Trierer Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden, mit seinem aus der Arbeit an seiner Dissertation resultierenden Teilcorpus „Judensiegel 3“ (1391–1440) abgeschlossen. Dabei hat er 36 von Juden geführte Siegel ermittelt, die spezifische Aussagen über die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Stellung der Siegelinhaber zulassen. Die Datensätze werden, da mit der Überarbeitung der Website nun die bereits lange erwünschten technischen Möglichkeiten bestehen, sukzessive mit Abbildungen der Siegel versehen, sofern entsprechende Rechte von den Archiven erteilt werden.

Nach der Edition der Judenbetreffe der Rothenburger Landgerichtsbücher für die Zeit von 1273 bis 1347 durch Claudia Steffes-Maus hat Dr. Jörg Müller die in Zusammenhang mit Juden stehenden Betreffe der Achtbücher des Rothenburger Landgerichts aufgearbeitet. Die 207 Datensätze umfassen 518 Urteile, an denen Juden direkt oder indirekt beteiligt waren. Sofern die Gründe für die Verhängung der Acht genannt sind, handelt es sich – im Unterschied zu den innerchristlichen Prozessgegenständen der Achtbücher – zumeist um Urteile in Schuldangelegenheiten. Nur ein einziges Mal wurde ein Jude mit der Stadtverweisung bestraft. Ansonsten handelte es sich bei den mehr als 2.000 Verurteilten durchweg um Christen. Es fällt auf, dass besonders im ersten Achtbuch häufig christliche Bürgen von jüdischen Gläubigern, aber auch von den christlichen Schuldnern verklagt wurden, was darauf schließen lässt, dass die Kreditvergabe mittels Absicherung durch Bürgen in Rothenburg nicht funktionierte.

Zurzeit befinden sich die Teilcorpora „Freising 1“ (1273–1347), „Augsburg 1“ (1273–1347), „Judensiegel 4“ (1441–1519) und „Frankfurt und die Wetterau 2“ (1348–1390) in redaktioneller Bearbeitung.

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