Decrees and constitutions of synods and councils

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Synoden und Konzilien 1, Nr. 2

[vermutlich 1278] März 1, Trier, Trier

Die Statuten des Trierer Provinzialkonzils enthalten im Kap. De Decanis bezüglich der Juden folgende Bestimmungen: Priester dürfen niemals Juden Sakralgegenstände (als Pfand) überlassen, Mönche nicht ohne spezielle Erlaubnis des Erzbischofs (Item sacerdotes numquam exponant aliquid de ornamentis ecclesiasticis, nec aliquid religiosi audeant exponere Judaeis sine nostra licentia speciali). Literarisch ungebildeten Priestern wird verboten, vor einem Laienpublikum mit Juden zu disputieren (Item praecipimus, quod sacerdotes illiterati non conferant cum Iudaeis coram laicis). Priester sollen den ihnen Unterstehenden verbieten, irgendeinen Heiltrank oder irgendein Heilmittel von Juden zu nehmen (Sacerdotes praecipiant omnibus subditis suis ne aliquam potationem vel medicinam ab eis [Iudaeis] sumant). Zur Durchsetzung dieses Verbotes sollen laut dem Kap. De nobilioribus Advocatis auch die Landesherren angehalten werden, ihre Juden unter Strafe zu zwingen, dass sie sich weder mit irgendeiner Heilkunst befassen (1), noch den Christen Heiltrank geben (Item dominis terrae praecipimus aut Iudeis suis (2), ut eos cogant sub aliqua p[o]ena, ut non intromittant se de aliqua medicina nec aliquam potionem dent Christianis).

Ferner findet sich in dem Kap. De usuris (X) eine weitere Erwähnung von Juden im Zusammenhang mit christlichen Wucherern. Diesen wurde unter anderem strengstens untersagt, bei einem Darlehen irgendetwas über das Kapital hinaus zu fordern und nicht irgendetwas wegen des Verzugs einer Zahlung zu verlangen; auch sollen sie wegen einer Verzögerung ihre Waren nicht teurer verkaufen und nicht ihr Geld bei Kawertschen oder Juden anlegen um des Gewinns willen […] ( […] Item praecipimus districte, ne [usurarii] in mutuo ultra fortem (3) aliquid exigant et ne propter moram solutionis aliquid petant; ne etiam propter inducias sua mercimonia carius vendant et ne pecuniam suam ad cauwercinos vel judaeos ponant propter lucrum […]).

Celebratum est hoc concilium in ecclesia sancte matris Mariae majoris Treveris a venerabili domino Trevirensi archiepiscopo praesentibus provincialibus episcopis et provinciae praelatis anno Domini MCCXXVII. kal. Martii. (4)

(1) Wahrscheinlich ist bei dem Verbot nicht generell die Beschäftigung mit medizinischen Fragen gemeint, sondern konkret die Behandlung von Christen.

(2) Die Formulierung aut Iudeis suis ist offenkundig verderbt; sie korrespondiert mit eos.

(3) Verschreibung für sortem.

(4) Zur Datierung vgl. den Kommentar.

Überlieferung:

Trier, StadtA, Cod. 1731, S. 9-18, hier: S. 15 f., Abschr. (14. Jh.), lat.

  • Grayzel, Church 1 (1966), S. 318 f.;
  • Statuta synodalia Trevirensis 1, S. 14-30, hier: S. 23 f. und 26;
  • Sacrorum conciliorum collectio 23, Sp. 25-38, hier: Sp. 32 f. und 34;
  • Concilia Germaniae 3, S. 526-535. hier: S. 531-533;
  • Veterum scriptorum amplissima collectio 7, Sp. 107-122.
  • Pixton, Episcopacy (1995), S. 356 f.;
  • Rösch, Wucher (1994), S. 604;
  • Schreckenberg, Adversus-Judaeos-Texte (1994), S. 70 f.;
  • Johanek, Statuten (1988), S. 31-41;
  • Johanek, Synodalia 1 (1978), S. 43-45;
  • Heydenreich, Trierer Synodalstatuten (1936), S. 478-485;
  • Arens, Datierung (1912), S. 84-105;
  • Sauerland, Zustände (1908), S. 305;
  • Müller, Verpfändung (2012), S. 190-193, insb. S. 191.

Kommentar:

Das älteste erhaltene Manuskript aus dem 14. Jahrhundert sowie die älteren Editionen datieren das Konzil auf das Jahr 1227; vgl. Sacrorum conciliorum collectio 23, Sp. 25-38; Concilia Germaniae 3, S. 526-535. Blattau sowie zuvor schon Martène und Durand kommen jedoch in ihren Editionswerken aufgrund der Erwähnung des Zweiten Konzils von Lyon (1274) zu dem Entschluss, die Datierung auf 1277 zu verlegen. Ihrer Meinung nach sei in der Datumsangabe ein L ausgefallen; vgl. Amplissima Collectio 7, Sp. 107; Statuta synodalia Trevirensis 1, S. 14. Freilich wurde diese Umdatierung bis in die jüngste Zeit kaum rezipiert; vgl. etwa Rösch, Wucher (1994), S. 604; Schreckenberg, Adversus-Judaeos-Texte 3 (1994), S. 70 f. Während Sauerland, Kirchliche Zustände (1908), S. 305, auch 1327 in Betracht zieht - in diesem Fall wäre also in der Datumsangabe kein L, sondern ein C ausgefallen -, schlägt Heydenreich, Trierer Synodalstatuten (1936), S. 478-485, vor, die Datierung zu 1227 beizubehalten und von gewichtigen, jedoch nicht näher benannten Zusätzen nach 1274 auszugehen. Im Vergleich mit Statuten anderer Konzilien und unter Hinzuziehung der jeweiligen historischen Kontexte kommt Arens, Datierung (1912), S. 84-105, zu dem Schluss, dass 1277 die höchste Wahrscheinlichkeit besitzt, freilich vereinzelt spätere Zusätze in das Manuskript eingeflossen sind. Ferner erkannte er als erster, dass es sich bei der Datierung [1. März] aufgrund des Trierer Stils (Annunciationsstil) um das Jahr 1278 handeln müsste. Dieser Datierung soll hier der Vorzug gegeben werden. Diesem Ansatz schließen sich Pixton, Episcopacy (1995), S. 356 f., und Johanek, Statuten (1988), S. 331-341; Ders., Synodalia (1978), Bd. 1, S. 43-45, an, Letzterer auch mit neuen inhaltlichen Argumenten, ohne freilich den Annunciationsstil zu berücksichtigen. Dass spätere Zusätze mitaufgenommen sind, würde auch erklären, weshalb einige Statuten für die gesamte Kirchenprovinz, andere nur für die Erzdiözese gelten sollten. S. 580, Ferner ist zu beachten, dass das Trierer Liebfrauenstift, in dem das Provinzialkonzil stattfand, im Jahre 1228 in schlechtem baulichen Zustand gewesen sein dürfte, was in den Folgejahren zu einem Neubau führte (pro nimia vetustate corruerit per se ipsam; vgl. UB Mittelrhein 3, S. 580, Nr. 770).

Die im Regest angegebenen Passagen der Statuten, welche sich mit den Juden beschäftigen, wurden bei den verschiedenen Datierungsansätzen nicht berücksichtigt. Überwiegend legen auch sie eine Datierung zu 1278 nahe, so dass also das Provinzialkonzil unter Ebf. Heinrich von Finstingen (1260-1286) stattgefunden haben dürfte. Neben den während des gesamten 13. Jahrhunderts wiederholten Beschlüssen der Laterankonzilien (vgl. Richtscheid, Judenbetreffe) gegen Wucherer allgemein und bezüglich der Heranziehung weltlicher Funktionsträger zur Durchsetzung der Beschlüsse lassen sich die Verbote, jüdische Ärzte zu konsultieren und mit Juden zu disputieren, auf Beschlüsse des Wiener Konzils von 1267 zurückführen; vgl. Grayzel, Church 2 (1989), S. 246-249. Weder im Wiener Provinzialkonzil noch in den Laterankonzilien findet sich das in den nächsten Jahrzehnten häufiger wiederholte Verpfändungsverbot; vgl. SK01, Nr. 6; SK01, Nr. 7; SK01, Nr. 8; SK01, Nr. 13, und SK01, Nr. 14; allgemein dazu Müller, Verpfändung (2012), S. 191 f.

(rri.) / Letzte Bearbeitung: 29.10.2015

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, SK01, Nr. 2, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/SK01/CP1-c1-003j.html (Datum des Zugriffs)

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