Sources regarding the history of the Jews in Westphalia

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211 records in this corpus. Displaying record 8.

Westfalen 1, Nr. 6

[zwischen 1280 und 1310], Dortmund

Die älteste schriftliche Fixierung der lateinischen Statuten der Stadt Dortmund (auf der Vorderseite eines einzelnen Pergamentblattes als Kopie einer für Memel angefertigten Zusammenstellung) wird auf der Rückseite mit drei Paragraphen ergänzt, dem Judeneid (WF01, Nr. 5) folgen zwei Bestimmungen zum Pfandrecht. (1)

Da die Juden vom Reich durch ein Sonderrecht begünstigt werden, dass sie für durch Diebstahl oder Raub entwendete und ihnen verpfändete Gegenstände, den aufgewendeten Geldbetrag, der 'Widdescat' (2) genannt wird, durch oben niedergeschriebenen Eid (3) zurück erhalten können (4), wird bekannt gemacht, dass Juden für blutverschmutzte oder nasse Kleidungsstücke (5) oder für zusammengeschlagene und -gedrückte Kelche nichts zurückerhalten können, weil in diesen Dingen ein Zeichen auf Verdacht und Unredlichkeit vorliegt (Cum iudei a sacro imperio sint privilegiati iure speciali, quod possint in rebus sibi inpignoratis per furtum et rapinam ablatis summam pecunie, que widdescat dicitur, optinere per iuramentum suprascriptum, sciendum est, quod nichil possunt optinere in vestibus pollutis sanguine sive vestibus madefactis tamquam ad abluendum et in calicibus conculcatis sive convolutis, quia in hiis est manifestum signum suspicionis et infidelitatis). Ferner: Wenn ein Jude ein [verfallenes] Pfand zum Kauf auf dem Markt anbietet und dieses von jemandem beansprucht wird, der behauptet und nachweist, es sei ihm gestohlen oder geraubt worden, dann kann der Jude außerhalb der Schwelle seines Hauses keine Gewähr an diesem Pfand leisten (Item sciendum: si iudeus aliquis mittit pignus aliquod venale ad forum et illud per aliquem obligatur, qui dicit sibi illud ablatum per furtum vel rapinam et illud per iuris formam se offert probaturum, iudeus non potest aliquam prestare warandiam pignoris supradicti extra limen domus sue).

(1) Da sich die beide Paragraphen direkt an den Judeneid (WF01, Nr. 5) anschließen und von derselben Hand überliefert sind, gilt das dort im Kommentar zur Datierung Gesagte analog.

(2) Weddeschat, das gegen Pfand gewährte Gelddarlehen, der Pfandschilling.

(3) Das ist ein Bezug auf den vorangehenden Judeneid (WF01, Nr. 5). Die in Dortmunder Statuten, S. 352, beschriebene Abschrift aus dem 16. Jahrhundert hat hier, weil der Eid an andere Stelle verschoben ist, per iuramentum eorum speciale.

(4) Gemeint ist das seit dem Privileg Heinrichs IV. an Speyerer Juden von 1090 Februar 19 gewährte Recht, dass im guten Glauben angenommene Pfandstücke, deren widerrechtlicher Erwerb also unbekannt ist, nur gegen Erstattung des aufgewendeten Geldes an den wahren Eigentümer herausgegeben werden müssen (MGH DD H. IV., Nr. 411, S. 543-547); vgl. Lotter, Recht (1990), bes. S. 33-38; Müller, Gestolen (2010), S. 443-446.

(5) Diese Bestimmung findet sich auch in einer Nürnberger Judenordnung und im Meißner Rechtsbuch; vgl. Magin, Status (1999), S. 397.

Überlieferung:

Dortmund, StadtA, Best. 1, Urk. 9, Rückseite, lat., Perg.

Kommentar:

Zu den Handschriften und Editionen der lateinischen Statuten Dortmunds vgl. WF01, Nr. 5.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 20.12.2023

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WF01, Nr. 6, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WF01/WF-c1-0040.html (Datum des Zugriffs)

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