Quellen zur Geschichte der Juden in der Mark Brandenburg (1273–1347)

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Brandenburg 1, Nr. 38

1319 Oktober 13, Berlin

Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg, Herzog von Sachsen, Engern und Westfalen, Graf zu Brehna (1) und Burggraf zu Magdeburg bestätigt und erweitert dem Rat und der Stadt ([…] den erbern getruwen mannen, deme rate vnd der gemeyne der burgere tzu Gubyn) Rechte und Freiheiten (Münzrecht, Zollfreiheit für die Bürger Gubens, die Handelsware durch das Herrschaftsgebiet des Herzogs führen) und bestimmt, dass alle Juden, die in der Stadt wohnen oder wohnen werden, das Recht der Bürger der Stadt in Anspruch nehmen mögen ([…] schullen sitzen tzu der stat rechte als andere burgere). (2)

Es siegelt – wie angekündigt – der Aussteller.

[…] gegeben tzu dem Berlin, […] tusent iare, drihundert iare, dar nach in deme nuntzenden iare ame nesten sunnabende vor sente Gallen tage.

Es zeugen die Ritter: Johann, Herr zu Cottbus (Kothebuz); Herr Heinrich Schenk v. Schenkendorf; Herr Friedrich und Herr Gebhardt v. Alvensleben (alvenlleven) (3); Herr Johann v. Glindenberg (Glindinberc); Herr Otto Schlichting v. Roslow (slichtinc von Roslow); Herr Anne [!] v. Sydow; Herr Swidinger v. Rechinberc (Swiding[er]); Herr Rule v. Dresuͤl (4); sowie: Dietrich, Oberschreiber (Dytherich vnser obere scriber).

Rückvermerk:

1. Die Münze zuschlagen.

2. Alle Inwohner zolfrey im lande.

3. Juden so hierin gewohnet, dem Stattrecht unterworffen.

4. Daß diese Statt Guben nicht von dem Herzog getrennet, noch nirgends ins reych oder anders wohin solle gewendet werd[en].

Rudolphi Herzogs

Privilegium ano [!] 1319.

Berlin

Rückvermerk:

im Anschluss an das Regest wiedergegeben

(1) Die Angabe in Inventarium diplomaticum Lusatiae inferioris, Nr. 338, S. 122, dass der Titulaturbestandteil "Bren" den Aussteller als Grafen von Grätz ausweise, ist irrig. Gemeint ist vielmehr die Grafschaft Brehna, vgl. auch das in Anm. 1 zur Urkunde von 1324 (BR01, Nr. 58) Gesagte.

(2) Es ist davon auszugehen, dass die Wendung weniger im Sinne von "wie die übrigen Bürger" zu lesen ist, sondern vielmehr im Sinne von "wie es andererseits die Bürger tun" zu verstehen ist. Der interpretatorische Ansatz, der in der Formulierung eine Gleichsetzung von Christen und Juden im Bürgerrecht sieht, greift also – ganz abgesehen von weiteren Vorbehalten gegen diese Vorstellung – deutlich zu kurz. Im Sinne einer umsichtigen Interpretation ist schon das Regest der Urkunden des Gubener Stadtarchivs gestaltet.

(3) Sic! Die Federführung ermöglicht auch eine dem Sinn nach gefälligere Lesung mit Schaft-s als "aluensleuen", so auch durchweg gelesen. Der rechtsauslaufende Abschluss des Schafts ohne Unterlänge und der geschlossene Bogen der Oberlänge sprechen – bei aller Ähnlichkeit – aber für eine Lesung als "l", die aber durch den Schreiber nicht beabsichtigt gewesen sein dürfte. CDB schreibt gar: "Alfensleue".

(4) CDB: Dressol. Urkunden des Gubener Stadtarchivs, Nr. 15, S. 14, liest in der Zeugenliste irrig Bule von Dresuel.

Überlieferung:

Potsdam, LHA, Rep. 8: Guben, U 15, Orig., dt., Perg.

  • Neues Lausitzisches Magazin 36 (1860), S. 50–52;
  • CDB 2, 1, Nr. 538, S. 448 f. (dort gedruckt nach Wilkes Ticemannus);
  • Wilke, Ticemannus (1754), Nr. 186, S. 224 f.;
  • Destinata Lusatiae 1, 1080–1082 ("mit falscher Jahreszahl 1309", so auch schon CDB).
  • Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer 5, Nr. 4305, S. 335;
  • Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer 3, Nr. 3072, S. 183;
  • Urkundeninventar Niederlausitz, Nr. 345, S. 152;
  • Regesten der Markgrafen von Brandenburg, Nr. 2769, S. 819;
  • Urkunden des Gubener Stadtarchivs, Nr. 15, S. 14 (mit unpräziser Angabe zum Druck im CDB);
  • Ungedruckte Urkunden zur Geschichte Gubens, Nr. 11, S. 61 f. (nach Kopialbuch);
  • Codex diplomaticus Alvenslebianus 1, Nr. 426, S. 235 (Angabe nach Regesten der Markgrafen von Brandenburg);
  • Inventarium diplomaticum Lusatiae inferioris, Nr. 370, S. 135 bzw (mit falschem Datum 1309 , da nach verfälschter Vorlage: Destinata lusatiae) Nr. 338, S. 122;
  • Loocke, Geschichte (1803), Nr. 8, S. 25.
  • GJ 2, 1, S. 308;
  • Heise, Juden (1932), S. 41;
  • Lichtenstein, Vorwurf (1932), S. 194;
  • Geschichte der Stadt Guben (1925), S. 694 und S. 54.

Kommentar:

Die Edition Wilkes weicht (dialektal) so erheblich vom Text der Urkunde ab, dass davon auszugehen ist, dass Wilke ein Kopialbuch vorgelegen haben dürfte.

Die bereits in Anm. 2 angesprochene Formulierung, die auf die zugesicherte Inanspruchnahme der städtischen, christlich-bürgerlichen (Gerichts-)Rechte auch durch die Juden verweist, findet sich – so schon Heise, Juden (1932), S. 41 f. – in vergleichbarer Form auch in den Privilegien der Pommernherzöge Otto und Wartislaw, später auch Barnim, (zeitweise unter Mitwirkung König Christophs von Dänemark) für Templin (BR01, Nr. 41) und Pasewalk (###CP1-c1-00bh###) von 1320 August 23, sowie für Prenzlau vom selben Datum (BR01, Nr. 42) und von 1321 August 24 (BR01, Nr. 45).

Im Zuge der Bestätigung weiterer Privilegien der Stadt wird auch das Privileg Rudolfs I. von Sachsen-Wittenberg durch König Siegmund 1437 Januar 17 (###CP1-c1-02m7###), später durch König Ladislaus 1454 Januar 28 (###CP1-c1-02m8###) bestätigt (vgl. die Edition Ungedruckte Urkunden zur Geschichte Gubens, Nr. 31, S. 66, und Nr. 33, S. 67).

Ungedruckte Urkunden zur Geschichte Gubens, S. 62, mit weiterer Literatur; dort auch Hinweis auf eine Abschrift in den (damals) in Privatbesitz befindlichen Gubener Annalen.

(jrc. ) / Letzte Bearbeitung: 05.04.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2013, BR01, Nr. 38, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/BR01/CP1-c1-01yf.html (Datum des Zugriffs)

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