Quellen zur Geschichte der Juden in der Stadt Köln (1273-1347)

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Stadt Köln 1, Nr. 3

1274 Juli 7, Lyon

Papst Gregor X. inseriert eine Urkunde, die sein Vorgänger Papst Innozenz IV. [am 5. Juli 1247] (1) zu Gunsten der Juden im Reich (iudeii Alamanie) an alle Erzbischöfe und Bischöfe gerichtet hatte: Darin griff Innozenz IV. die entsprechenden Klagen der Juden des Reichs auf und legte fest, dass keine kirchlichen oder weltlichen Fürsten oder sonstige Adelige und Mächtige ihrer Städte und Diözesen (tam ecclesiastici quam seculares principes ac alii nobiles et potentes vestrarum civitatum et diocesium) die Güter der Juden rauben oder durch frevelhaften Rat und Täuschungen widerrechtlich aneignen dürfen, da gleichsam aus ihren Archiven die Zeugnisse des christlichen Glaubens hervorgingen (… quod quasi ex archivis eorum christiane fidei testimonia prodierunt).

In diesem Zusammenhang verurteilte Innozenz unter Verweis auf das Verbot, an Pessach etwas Verstorbenes zu berühren, gegen die falsche Anklage, dass die Juden - in dem Glauben, ihre Schrift (lex) schreibe dies vor - sich am Osterfest das Herz eines getöteten Knaben teilten. Die Juden, so der Papst weiter, hätten unter den Fürsten, Adligen und Mächtigen schlechtere Bedingungen zu ertragen, als ihre Väter (patres) unter dem Pharao in Ägypten. (2) Wenn irgendwo ein menschlicher Leichnam gefunden werde, lege man ihnen dies in schändlicher Weise zur Last, gehe ohne gerichtliches Verfahren gegen sie gewaltsam und plündernd vor, kerkere sie ein oder töte sie. Sie würden von Orten vertrieben, an denen sie und ihre Vorfahren seit langer Zeit lebten. Daher hätten sie sich in Sorge um ihr Leben an den Apostolischen Stuhl gewandt.

Vor diesem Hintergrund untersagte er die unrechtmäßige Verfolgung der Juden, deren Bekehrung der barmherzige Herr erwarte, und appellierte an die Adressaten, dass bei unrechtmäßigem Vorgehen gegen die Juden der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt und jenen, welche sie belästigten, mit kirchlichen Strafen (per censuram ecclesiaticam) Einhalt geboten werden müsse.

Datum Lugundi nonis iulii, pontificatus nostro anno tertio.

Rückvermerk:

hebr. Rückvermerk: "Nicht glauben soll man an das Essen der Buben" (שלא להאמין לאכילת שקצים)

(1) Datumzeile der inserierten Urkunde: Datum Lugduni iii nona iulii, pontificatus nostri anno quinto (ediert in Apostolic See 1, Nr. 185, S. 194 f.).

(2) Ex. 1-11.

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 1, U 2/394, Orig., lat., Perg.

  • Apostolic See 1, Nr. 237, S. 245 f. (Teildruck);
  • Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 3, Nr. 88, S. 62 f.;
  • Weyden, Geschichte (1867), Anhang, Nr. 10, S. 357 f. (mit irrigem Datum).
  • Regesta Pontificium Romanorum 2, Nr. 20861, S. 1681.
  • Haverkamp, Verschriftlichung (2014), S. 43-45;
  • Van Banning, Vatikan (2003), S. 71 f.;
  • Bauer, Judenrecht Köln (1964), S. 38;
  • Brisch, Geschichte 1 (1879), S. 89.

Kommentar:

Nach Haverkamp, Verschriftlichung (2014), S. 43 f., verweist der hebräische Rückvermerk auf eine Lagerung der päpstlichen Urkunde im Archiv der Kölner Judengemeinde, die sich wohl aktiv "um die auf dem Lyoner Konzil ausgestellte Bulle Gregors X. bemüht" habe. Wahrscheinlich vor dem Hintergrund der Ritualmordbeschuldigungen im Kontext der so genannten "Werner-Verfolgungen" ließ sich die Frankfurter Judengemeinde 1287 ein vom Dominikaner Albert dem Großen bereits im Februar 1275 angefertigtes Transsumpt der päpstlichen Urkunde bestätigen (FW01, Nr. 21).

(bel.) / Letzte Bearbeitung: 01.02.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, KO01, Nr. 3, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KO01/CP1-c1-02tk.html (Datum des Zugriffs)

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