Quellen zur Geschichte der Juden in der Stadt Köln (1273-1347)

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Stadt Köln 1, Nr. 199

1347 April 10

Im zweiten Eidbuch des Kölner Rats bekunden sämtliche Räte (Id sy kunt, dat alle reede haint eyndreichtligin vuerdragin), dass in den Privilegien, die sie den Juden gewährt haben (1), etliche Punkte enthalten sind (da etzlige punte in geschreven steint), die, wie durch die Belehrung "guter" Geistlicher (as sy underwist sint mit gudin paffin) nun offenbar geworden ist, nicht mit Gott und dem Seelenheil (mit goyde noch mit heyle) vereinbar seien. Daher haben die Ratsherren beschlossen, diese Punkte im Falle einer Verlängerung des vom kommenden Weihnachtsfest an noch acht Jahre geltenden Privilegs (… so wanne der Juden jairzalen ussint, dat is as nu zu kirsnacht neist kumen sal vuer eycht jaire …) zu widerrufen. Bis dahin sei der enge Rat allerdings durch Eid an die den Juden erteilten Rechte gebunden. Daraufhin werden die von den Geistlichen kritisierten Punkte angekündigt (Dit sind die punte). (2) Die Ratsherren geloben, dass sie zukünftig den Juden nicht mehr zugestehen werden, dass Kölner Bürger Klagen gegen Juden in Geldzahlungen und Nahrung betreffenden Streitigkeiten in der Judenschule vor dem jüdischen Gemeindevorsteher verhandeln lassen müssen, wie es von alters her gehandhabt wurde (Wir geloven den Juden van Colne, dat wir neit gehengin insolin dat eynch unser burgere die vurgenante juden of eynigin van in .. in eynge sachge trecke of sy anesprechge vur eynchme gerichte id sy van cuͦyste, of van schadin, die gegevin, bezailt, of geloift sint, of umbe scholt of umbe essende spyse, dan in irre scholin vur iren bisschove, also as sy van alders dat herbraicht haint). Auswärtige, die die Juden vor einem anderen Gericht als dem ihrigen verklagen wollen, sollen hingegen vom Rat dazu angehalten werden, ihr Recht weiterhin vor dem jüdischen Gericht zu suchen. Sollten die Auswärtigen nicht dazu bereit sein, so sei deren Klage auf ihre eigenen Kosten vom Rat an unse paffen (3) zu verweisen. Weiterhin geloben die Aussteller, die den zu Köln lebenden Juden von Päpsten, Kaisern, Königen, Erzbischöfen und vom Rat von alters her verliehenen Rechte, sie seien geschrieben oder ungeschrieben (… van alders, sy sin in geschreichte of inbuissin geschreichte), zu achten. Das gilt auch für die mit dem großen und dem kleinen Stadtsiegel versehenen sowie die im Eidbuch eingetragenen Privilegien. Zudem wird festgelegt, dass man nur mit einem christlichen und einem jüdischen Zeugen etwas gegen Juden vorbringen darf (Ouch wille wir dat man die Juden neit vuerzugin inmach dan mit eyme kirsten inde mit eyme Juden).

In diesem Kontext wird noch ein Beschluss des Jahres 1342 schriftlich fixiert, wonach die Pforten am Ende der Judengasse (der Juden porzen, die am ende irre gassen steint) in "diesen" dreizehn Jahren (dese drüzene jaire) (4) baulich nicht verändert werden sollen.

Datum anno domini millesimo CCCᵒXLᵒVII, decima die mense aprilis.

(1) Die alleinige Zuständigkeit des jüdischen Gerichts für Klagen gegen Juden erscheint bereits in der 1324 ausgefertigten Ergänzung (KO01, Nr. 137) zum ersten, nicht mehr im Wortlaut erhaltenen städtischen Schutzbrief für die Kölner Juden aus dem Jahre 1321 (KO01, Nr. 74). Im Privileg über die Verlängerung des städtischen Judenschutzes von 1331 wurde die Bestimmung übernommen (KO01, Nr. 137). Die dort fixierte Regelung für auswärtige Kläger entspricht derjenigen des vorliegenden Dokuments. Demnach sollte diese auch bei einer möglichen Verlängerung des städtischen Judenschutzes über 1355 hinaus in Kraft bleiben. Das zur Zeit des Ratsbeschlusses von 1347 gültige städtische Privileg für die Juden von 1342 (KO01, Nr. 185) wiederholte die Bestimmungen von 1331 wörtlich.

(2) Konkret handelt es sich dem Folgenden nach nicht um etzliche punte, sondern lediglich um einen einzigen, der allerdings von außergewöhnlicher Brisanz war.

(3) Es entsteht der Eindruck, dass derartige Fälle an das geistliche Gericht verwiesen werden sollten, wie es beispielsweise für Nürnberg im späten 15. Jahrhundert überliefert ist. Schmandt, Judei (2002), S. 278, geht jedoch davon aus, dass es sich um geistliche Sachverständige des Kölner Rats handelte.

(4) Der Zeitraum von 13 Jahren bezieht sich zweifellos auf die 1342 vom Rat um genau diese Zeit verlängerte Aufenthaltserlaubnis. Das Privileg von 1342 enthält die Bestimmung bereits in detaillierterer Form (KO01, Nr. 185).

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 30, V2, fol. 5r/v; http://historischesarchivkoeln.de:8080/actaproweb/archive.xhtml?id=Vz++++++00145469MHupElko#Vz______00145469MHupElko (Digitalisat), Abschr. (zeitnah), dt., Perg.

  • Hegel, Uebersicht (1877), S. CCXVIII f.;
  • Zwei Cölner Eidbücher, S. 101-103.
  • Bauer, Judenrecht Köln (1964), S. 77;
  • Brisch, Geschichte 1 (1879), S. 127 f.
  • Hegel, Uebersicht (1877), S. CLXVII.

Kommentar:

Zu den Kölner Eidbüchern vgl. KO01, Nr. 73.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.04.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, KO01, Nr. 199, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KO01/KO-c1-003b.html (Datum des Zugriffs)

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