Das Judenschreinsbuch der Kölner Laurenz-Parochie (1273-1347)

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Kölner Judenschreinsbuch 1, Nr. 81

1291 Dezember 6

Im so genannten Judenschreinsbuch der Kölner Laurenz-Parochie wird folgendes Immobiliengeschäft in zwei hebräischen Urkunden und sieben lateinischen Einträgen festgehalten:

Jakar haAlub, Sohn des Rabbiners R. Samuel haLevi s.A (יקר העלוב בן הרב ר׳ שמואל הלוי ז׳צ׳ט׳ו׳ל׳ה׳ה׳), Chajim, Sohn "meines Herrn, Erziehers und Lehrers" Rabbiner R. Jechiels s.A. (חיים בן א׳מ׳ו׳ הרב ר׳ יחיאל ז׳ל׳ע׳) und Jakob haAluv, Sohn R. Josefs s.A. (יעקב העלוב ב׳ר׳ יוסף ב׳ע׳מ׳), bestätigen mit ihrer Unterschrift hinsichtlich des zwei Häuser von der Kreuzung "Zur Stesse" entfernten, [in Richtung Marspforte stehenden] (1) Hauses, das [dem verstorbenen] (2) R. Josef von Truiden, [Sohn Isaaks] (2) (ר׳ יוסף מטרודא), gehörte [und von Gottschalk von Brüssel bewohnt wurde] (2), Folgendes: Ein Achtel des Hauses und Hofes haben R. Jakob [von Oppenheim] (2), Sohn R. Schneurs (ר׳ יעקב בר׳ שניאור), [und dessen Frau Bella, Tochter Natans] (3), von R. Menachem [= Mennechin] (4), Sohn des wohltätigen Josef (ר׳ מנחם בן הנדי׳ ר׳ יוסף), erworben. Ein weiteres Achtel haben Schealtiel [= Gottschalk] (4), Sohn R. Menachems (ר׳ שאלתיאל בר׳ מנחם), [und dessen Frau Genta] (3), sowie dessen Schwägerin, die Waise Zippora [= Pora] (4), Tochter R. Natans haLevi (צפורה היתומה בת ר׳ נתן הלוי), ebenfalls von R. Menachem gekauft. Damit hat dieser sein gesamtes Erbe an diesem Haus veräußert. Von den übrigen drei Vierteln befinden sich jeweils ein Sechzehntel im Besitz Jakobs, Schealtiels [= Gottschalk] (4) und Zipporas [= Pora] (4).

ומה שידענו כתבנו וחתמנו בשנת נ׳ב׳ לפרט אלף הששי ("Was wir wissen, haben wir niedergeschrieben und unterzeichnet im Jahre 52 nach der Zählung des sechsten Jahrtausend") [= Actum anno domini m° cc° nonagesimo primo, festo Nicolai] (5).

Jakar haAlub, Sohn haRab R. Samuels haLevi s.A., Chajim, Sohn R. Jechiels s.A., und Jakob haAlub, Sohn R. Josefs s.A. (יעקב העלוב ב׳ר׳ יוסף ב׳ע׳מ׳), bestätigen im Namen der Gemeinde [der Kölner Juden] mit ihrer Unterschrift in einer zweiten, undatierten Urkunde die Besitzverhältnisses des oben genannten Hauses. Ergänzend wird angeführt, dass die Hälfte der nicht von R. Menachem geerbten drei Hausviertel dem Waisen Josef, Sohn R. Natans haLevi (יוסף היתום בר׳ נתן הלוי), sowie zu einem Viertel seiner Mutter Jutta, Tochter R. Josefs und Witwe R. Natans haLevi (מרת יוטא בת הנדי׳ ר׳ יוסף שהיתה אלמנתו של ר׳ נתן הלוי), gehört. Das übrige Sechszehntel (6) befindet sich im Besitz R. Menachems, Sohn R. Eliesers (ר׳ מנחם בר׳ אליעזר), und dessen Frau Rebekka, Tochter R. Natans haLevi (מ׳ רבקה בת ר׳ נתן הלוי). Als genaue Lagemerkmale der Immobilie werden folgende Grenzen angegeben: im Osten und Westen der "allgemeine Grund" (רשות הרבים), im Süden das Haus und der Hof R. Isaaks, genannt Neckelchen (ר׳ יצחק מכונה נקלכן), im Norden das Haus Juttas von Brüssel (מרת יוטא מברושלא).

Chajim, Sohn R. Jechiels, und Jakob haAlub, Sohn R. Josefs, bestätigen im Anschluss an ihre ersten Unterschriften, dass eine auf dem Haus "von St. Truiden" haftende Rente in Höhe von acht Denaren von R. Namher Kohen verkauft wurde, so dass dieser von ihr entbunden ist.

(1) Topgraphische Ergänzung nach lateinischer Parallelüberlieferung.

(2) Ergänzende Information der lateinischen Parallelüberlieferung.

(3) Nennung der Ehefrau nur in lateinischer Parallelüberlieferung.

(4) Namensvariante nach lateinischer Parallelüberlieferung.

(5) Während in der hebräischen Urkunde lediglich das Jahr 1291 genannt wird, liefert der erste lateinische Schreinsbucheintrag die Präzisierung Dezember 6.

(6) Rechnet man die zuvor genannten Hausanteile zusammen, so dürfte eigentlich kein weiteres Sechszehntel übrig bleiben; vgl. auch den unten stehenden Kommentar.

Überlieferung:

Köln, HASt, Best. Schreinsbücher, Nr. 107, fol. 13v, Orig., Perg.

Druck: Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre, Nr. 208-214, S. 75 f.

Literatur: Cluse, Studien (2000), S. 24; Kober, Grundbuch (1920), S. 151.

Kommentar:

Zum Kölner Judenschreinsbuch vgl. KS01, Nr. 1. Das Regest basiert vornehmlich auf den beiden hebräischen Vorurkunden. Dass im Unterschied zur sonstigen Praxis zwei hebräische Dokumente ausgestellt wurden, dürfte auf die komplizierten, nur mit Mühe zu durchdringenden Besitz- und Verwandtschaftsverhältnisse zurückzuführen sein. Es ist dafür bezeichnend, dass die in den beiden Urkunden aufgelisteten Hausanteile zusammengerechnet 17/16 ergeben. Die in den lateinischen Schreinsbucheinträgen – welche die in den beiden Urkunden dargelegten Besitzrechte in sieben Schritte ausdifferenzieren – angegebenen Hausanteile scheinen hingegen zu stimmen. Ergänzend zu den hebräischen Vorlagen liefern sie den Hinweis, dass Menachim die weiterveräußerten Hausanteile von seinem Vater Josef von St. Truiden geerbt hatte. Zudem dokumentieren sie, dass auch Natan und Jutta ein Hausviertel von Josef erbten sowie eine weitere Haushälfte von Fraym und Vivilmann, die diese ebenfalls von Josef geerbt hatten, erwarben. Erst nach dem Tod Natans gelangten die 3/16 an dessen Töchter Bella, Genta und Richeza.

(bel./mno./rba.) / Letzte Bearbeitung: 05.04.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, KS01, Nr. 81, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KS01/CP1-c1-024y.html (Datum des Zugriffs)

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