Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1273-1347)

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Ebm. Mainz 1, Nr. 1

[zwischen 1263 Dezember 19 und 1337 Dezember 10], Mainz

Grabstein der zu Mainz bestatteten Jüdin Meitin, Tochter Isaaks:

עדה
ה]מצבה לראש]
'מרת] מייטין בת הק]
'ר' יצח]ק שנפטרה י'ז]
בטב]ת יום ד' שנת]
לפר' לאלף […]
'שש]י ת'נ'צ'ב'ה' א]
ואמ]ן ס ל ה]

Übersetzung:

Zeugin
ist die Grabstele zu Häupten
der Frau (1) Meitin, Tochter des Märtyrers
Herrn Isaak (2), die verstarb am 17.
Tevet (3), Mittwoch, im Jahre
[…] nach der Zählung (4), im sechsten
Jahrtausend. Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens. (5)
Amen
und Amen. Sela.

(1) Da der Anfang dieser Zeile schon zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Fotografie der 1950er Jahre nicht mehr erhalten war, ist nicht sicher, ob dort מרת stand. Das Beispiel Saras, Tochter des Gelehrten Herrn Natan (1330 III 26), zeigt, dass dieser Titel nicht bei allen weiblichen Personen in den zeitgenössischen Grabinschriften Verwendung fand.

(2) Der Endbuchstabe ק im hebräischen Text lässt auf den angesetzten Namen schließen. Ob allerdings ‏'‎ר verzeichnet wurde, bleibt mit Blick auf eine Grabinschrift wie die für Jutta b. Abraham (1330 IV 11) fraglich.

(3) Der Endbuchstabe ת lässt auf den angesetzten Monat schließen.

(4) Avneri (Medieval Jewish Epitaphs from Magenza, Nr. 61, S. 153) edierte לפרט ("nach der kleinen Zählung"). Der 17. Tevet, Mittwoch, der in Frage kommenden Jahre entspricht 1263 XII 19 / 1310 XII 9 / 1334 XII 14 / 1337 XII 10. Salfeld (Martyrologium Nürnberger Memorbuch, Nr. 35, S. 434) gab "12 . ." an. Levi (Verzeichnis der alten jüdischen Grabsteine auf dem "Judensand", Nr. 25) bemerkte: "Jahr fraglich".

(5) Die Eulogie bezieht sich auf Samuel 25, 29.

Überlieferung:

Mainz, Judenfriedhof Denkmalsanlage, Nr. 164, hebr.

  • Medieval Jewish Epitaphs from Magenza, Nr. 61, S. 153.
  • Rapp, Chronik (1977), Nr. 164, S. 61;
  • Verzeichnis der alten jüdischen Grabsteine, Nr. 25;
  • Martyrologium Nürnberger Memorbuch, Nr. 35, S. 434.

Kommentar:

Wann der Vater Meitins das Martyrium erlitt, ist u. a. wegen des Umstandes, dass für deren Tod nach den bekannten Angaben (Monatstag, Monat, Wochentag) kalendarisch verschiedene Jahre in Frage kommen, nicht mit Sicherheit zu sagen. Wenn Meitin schon 1263 starb, muss es sich bei dem Martyrium ihres Vaters wohl um einen individuellen oder auswärtigen Fall gehandelt haben, denn für die Stadt Mainz sind nach den Kreuzzugsverfolgungen (1096, 1146/47) bis 1281 keine Judenpogrome bekannt; vgl. Geschichte der Juden 2 (2002), S. 215. Starb Meitin 1310 oder 1334, könnte ihr Vater vielleicht bei dem Mainzer Pogrom (Schändung und Verbrennung der Synagoge, Zerreißen von Torarollen, Plünderung von Wohnhäusern) vom 15. Juni 1281, von dem wir u. a. durch die Grabinschrift des Rabbiners Meir, Sohn Abrahams haKohen, Kenntnis haben (GJ 1, S. 184 f.; GJ 2,2, S. 512 f., 518, Anm. 5 [Lit.]; Ziwes, Studien [1995], S. 228 mit Anm. 34; Müller, Judenverfolgungen [2002], S. 206, Anm. 105), umgekommen sein. Ob der unter den zehn Mainzer Märtyrern des 19. April 1283 angeführte "Herr Isaak, Sohn des Herrn Mose, des Alten" (NM01, Nr. 3) mit Meitins Vater identisch ist, lässt sich wegen der Häufigkeit des Namens ohne weitere Indizien nicht sagen. Der in derselben Opferliste genannte Isaak, Sohn des Herrn Chiskija, kommt als Meitins Vater schon deswegen nicht in Frage, weil er als "Knabe" charakterisiert wird. Zwischen 1283 und 1349 sind für die Stadt Mainz keine Judenverfolgungen nachgewiesen (Ziwes, Studien [1995], S. 229 f., Anm. 36-40). Jedoch ist, wenn Meitin erst 1337 starb, nicht auszuschließen, dass ihr Vater im Umfeld der Armlederverfolgung, die zwar nicht in Mainz, aber nicht weit nördlich davon, noch im Einzugsbereich des Mainzer Friedhofs, stattfand, ums Leben kam.

(kcu.) / Letzte Bearbeitung: 18.08.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, MZ01, Nr. 1, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ01/CP1-c1-02qm.html (Datum des Zugriffs)

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