Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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273 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 144.

Norddeutschland 1, Nr. 144

[1331], Goslar

Der Rat zu Goslar bekundet, dass er die Goslarer Juden vor die Wahl gestellt hat, entweder ihrerseits alle Juden in einer Schule zu vereinen oder sich in zwei Schulen zu teilen (We .. de rat to Goslere bekennet in dissem breve, dat we den joͮden ghaven twene koͮre, eder de rat welde en allen ene schole maken eder dat se sek deleden to twen scholen). Die Juden entschieden sich daraufhin für die Aufteilung in zwei Schulen (do koren se to twen schulen). (1) Jeder Jude soll bei der Stadt Gnade ohne irgendwelche Arglist zu der Schule mit der Gruppe gehen, der er zugeteilt ist, und soll sich ihr unterordnen (unde nu erer jowelk schal ghan bi der stat hulde ane jenegherleye arghelist to der schole mid der kumpenýe, dar he to gedelet is, unde schal dar behorsam sin). Weiterhin wird bestimmt (ok so): Zieht ein Jude weg und kommt wieder zurück, so soll dieser zu der Schule zurückkehren, der er zuvor zugeteilt war (welk ioͮde toghe van hinnen unde queme he her weder to wonende, de scholde ghan to der schole, dar he vore togedelet was). Der Jude, der zur Verstärkung des Gottesdienstes [von außerhalb] in die Synagoge kommt, der hier wohnt und noch nicht zugeteilt ist, oder der hierher zieht, soll sich durch dafür Beauftragte des Rats gemäß ihrer Bitte zuteilen lassen (unde welk jode to deme sanghe to hulpe komen mach in der joden schole, de hir wonet unde nicht gedelet ne is, eder noch hir intoghe, de schal sich ok delen laten van den, de de .. rat dar to sat. Dar to scholet sek de joͮden selven to beden, de hir wonen willen). Ein für Kost oder Kostgeld und Lohn gemieteter Knecht oder Lehrer, der nicht zugeteilt ist, soll zu der Schule gehen, wohin sein Herr geht (unde so we enen knecht eder enen scolmester medet, de nicht gedelet ne is, unde gift he eme de kost eder ghelt vor de kost unde vor lon, de schal ghan to der schole, dar sin herre gheyt). Der Rat gebietet ihnen ferner, dass die beiden Gesellschaften künftig alles, was Uneinigkeit und Streitereien zwischen ihnen betrifft, nirgendwo anders geltend machen als allein vor dem Rat (ok wille we bekennen des der kumpenye, de des bedorven worden, wo en kumpenye eschede unde bat, wat schelinghe were eder worde, dat ne scholden se nerghen vorderen mer vor deme rade unde also bod en de rat). Danach bitten die Juden, ihre Angelegenheiten - sofern es ihnen keinen Nachteil bereite - vor das Stadtgericht oder vor den Rat bringen zu dürfen (dar na baden de anderen, dat se nene noͮt na van nemende scholden liden darumme, so wat vor der stat gherichte eder vor deme rade verrichtet were twischen en). (2) So wird es schließlich vom Rat festgehalten und zur Einhaltung geboten (unde also wille we, dat et si, unde beden en, dat se et holden). (3)

(1) Die Entscheidung über das Vorgehen, Vereinigung oder Teilung, lag demnach bei den Juden. Sie entschieden sich für eine Separierung der beiden Parteien. Dieser Zustand dauerte bis zur Errichtung der neuen Synagoge im Gosewinkel im Jahre 1338 an (NO01, Nr. 187).

(2) Der Rat hat demnach sein eigentliches Ziel, die Vermeidung von weiterer Involvierung in die Streitigkeiten unter den Juden, nur bedingt erreicht.

(3) Die Abschrift ist zeitlich nicht bestimmt, da sie aber in gleicher Hand zwischen Urkunden steht, die auf das Jahr 1331 ausgestellt sind - die direkt umliegenden datieren auf den 18. Oktober 1331 (fol. 73r-73v) beziehungsweise den 27. September 1331 (fol. 74r) -, dürfte eine Einordnung in das Jahr 1331 höchstwahrscheinlich sein. Am Rand links oben (von zeitgleicher Hand): contractus iudeorum.

Überlieferung:

Goslar, StadtA, B 825, fol. 73v-74r, [Nr. 207], Abschr. (1. Hälfte 14. Jh.), dt., Perg.

Kommentar:

Zum Verwaltungsbuch vgl. NO01, Nr. 100.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 144, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-002y.html (Datum des Zugriffs)

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