Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 520

1336 Juli 29 - August 2, Würzburg

Der einzige historiographische Eintrag im Würzburger Landgerichtsbuch 2 berichtet von der am 29. Juli 1336 beginnenden Judenverfolgung in Aub, Röttingen, Uffenheim, Mergentheim, Krautheim und anderen Orten, der am 2. August die Eroberung von Kitzingen durch von vielen Orten zusammengeströmte Bauern (rustici) folgte. Als diese gen Würzburg zogen, wurden sie von den ihnen entgegeneilenden Würzburger Bürgern bei Kleinochsenfurt gestellt und geschlagen, wobei zahlreiche Judenschläger getötet und schließlich 47 gefangen nach Würzburg geführt wurden: Item. Notandum, quod in ista septimana et eodem anno (1) percussi fuerunt iudei incipiendo feria secunda predicta (2) in Augea, in Rotingen, in Uffenheim, in Mergentheim, in Krutheim et in aliis multis locis. Et feria sexta proxima sequente (3) percussi fuerunt in Kitzingen et opidum fuit expugnatum potenter per rusticos undique locorum conggre[dien]tes [!] (4) volebantque venisse ad Herbipolim et ibi etiam percussisse.Tunc (5) exiverunt (6) cives Herbipolenses (7) et pungnaverunt cum eis in Minori Ossenfurt et multos interfecerunt et XLVII ad civitatem Herbipolensem captivos duxerunt. (8)

(1) Gemeint ist die Woche vom 28. Juli bis Samstag, dem 3. August 1336, und damit der Beginn des Armlederaufstandes. Nach Lorenz Fries. Chronik 2, S. 298, fanden die Pogrome in den fünf explizit genannten sowie weiteren Orten vom Montag, dem 29. Juli, bis Mittwoch, dem 31. Juli, statt. Unlang dornach seien die Judenschläger nach Kitzingen gezogen.

(2) 1336 Juli 29.

(3) 1336 August 2.

(4) Wegen eines Tintenflecks nicht vollständig lesbar. Der fürstbischöfliche Rat und Sekretär Lorenz Fries berichtet in seiner in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts entstandenen Bischofschronik ergänzend, dass Bürgermeister und Rat von Kitzingen die Tore der Stadt vor dem heranrückenden Heer schließen ließen, sich jedoch die gemainen burgere gewaltsam der Schlüssel bemächtigt und den unsinnig hauffe eingelassen hätten, der alle Juden in der Stadt erschlagen habe (Lorenz Fries. Chronik 2, S. 298 f.).

(5) Es folgt eine Lücke.

(6) Lies exierunt (nach Würzburger Landgericht 2, II-1322).

(7) Lorenz Fries. Chronik, S. 299, ergänzt, dass die Würzburger Bürger die Juden ihrer Stadt gerne selbst geschatzt hätten: Aber die burgere zu Wirtzburg, so ire juden selbst geplundert vnd geschatzt heten, wolten des angeregten wutenden hauffens zu Wirtzburg nit erwarten, […]

(8) Unter dem Randeintrag interfectio judeorum. Der gesamte Eintrag ist mit einem senkrechten Strich am Rand markiert.

Überlieferung:

Würzburg, StA, Standbuch 822, fol. 57r, Orig., lat., Papier.

  • Arnold, Arnold (2004), S. 4 f. [dort fälschlich zu fol. 54];
  • Würzburger Landgericht, Nr. II-1322.
  • Arnold, Arnold (2004), S. 4 f.;
  • Lotter, Hostienfrevelvorwurf (1988), S. 562 (nach Lorenz Fries);
  • Arnold, Armledererhebung (1974), S. 37 (nach Lorenz Fries);
  • GJ 2, 1, S. 30; GJ 2, 2, S. 538 f. und 719 f.

Kommentar:

Zum zweiten Würzburger Landgerichtsprotokoll vgl. WB01, Nr. 208. Der Vorgang findet - einschließlich der in den Anmerkungen zum Regest bereits erwähnten Ergänzungen - auch Erwähnung in der in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts vom fürstbischöflichen Rat und Sekretär Lorenz Fries verfassten Chronik der Bischöfe von Würzburg (Lorenz Fries. Chronik 2, S. 298 f.); zu Lorenz Fries und seiner Chronik vgl auch WB01, Nr. 103. Die Datierung stimmt mit derjenigen im Nürnberger Memorbuch überein: Der Ausbruch der Pogrome erfolgte danach am 29. Juli. Betroffen waren neben den im Würzburger Landgerichtsprotokoll explizit genannten Orten noch die jüdischen Niederlassungen in Iphofen, Weikersheim, Hohenburg, Widdern und Laudenbach; vgl. NM01, Nr. 73. Die im Landgerichtsprotokoll genannte jüdische Niederlassung in Krautheim ist nicht in den Ortslisten des Nürnberger Memorbuchs zu Armlederverfolgungen enthalten. Im Brief des Trierer Notars Nikolaus von Hagen an den erzbischöflich-trierischen Notar Rudolf Losse von 1336 September 23 lokalisiert dieser die Verfolgungen in Kitzingen, Ochsenfurt, Aub, Mergentheim sowie vier weiteren, nicht namentlich genannten Siedlungen. Bei Ochsenfurt könnte es sich hier um eine Verwechslung des Ortes der militärischen Auseinandersetzung mit einem Verfolgungsort handeln; vgl. WB01, Nr. 528.

(bkr./jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 520, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/WB-c1-0091.html (Datum des Zugriffs)

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