Quellen zur Geschichte der Juden in Westfalen

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Westfalen 1, Nr. 189

1344 Mai 1, Hameln

Der Rat zu Hameln beurkundet und hält im Donat fest, dass die Juden Süßkind und Natan, Bürger Hamelns (Zothekint unde Natan joden, use boreghere) (1), mit dem Rat Folgendes vereinbart haben: Sie dürfen in ihrem Haus, ihrem Hof oder anderswo in Hameln eine weitere Synagoge einrichten (se moghen hebben ene scole in oreme hus eder in oreme hove eder anderswor binnen Hamelen, dar ot on bequeme es). (2) Die bisherige Synagoge im Hof, der zum Stadthaus gehört (de scole in deme hove, de hord to der stad huse), dürfen sie weiter besuchen und nutzen; gleiches gilt für das Stadthaus selbst (gan unde don dar inne, dat on bequeme es, alse se vore hebbet, icht se wylled, unde des zulven huses, dat der stad es, moghen se ebruken, alse vore hebbet). Süßkind und Natan, deren Kinder, Schwäger und diejenigen, die den beiden genehm sind (Zothekind unde Nata [!] unde ore kindere unde ere sweghere unde de on bequeme sint), dürfen die von ihnen in ihrem Haus, ihrem Hof oder anderswo begründete Synagoge aufsuchen (gan in de scole, de se hebbet in oreme huse eder in oreme hove eder anderswor binnen Hamelen, dar et en .. bequeme es). Süßkind und seine Familie sollen den Zins für das Stadthaus und die Synagoge zur Hälfte geben, es sei denn, dass ihre Schiedsleute beschließen und entscheiden, dass sie mehr Anteil am Zins geben sollen (unde scolen dene tyns half gheven van der stad huse unde van dere stad scole, ot enwere dat ore schedelude wes overquemen unde (3) mit rechte se wes besegheden, dat on des tynses (4) mer borede to ghevende). Sie sollen die Hälfte der armen Juden (de helfte der aremen joden) mitnehmen (5), um die anderen sollen sie nicht kümmern (mit den anderen scolen se unbeworren wesen). Der Rat soll den Juden Losanne, den Sohn Kelens (Losanne den joden, Kelen sone) (6), aus Hameln verweisen (ut user stad driven). Ohne Zustimmung des Rates, Süßkinds und Natans darf dieser nicht zurückkehren (unde dar nicht weder in (7) to komende, ot ensi dat on de .. rad to Hamelen unde Zothekind unde Natan weder inladen). Alle von Isaak (8) und von Losanne gegen Süßkind und Natan verübten Rechtsbrüche, soweit sie den Rat von Hameln betreffen, sollen nicht weiter verfolgt werden (alle de broke, de van Isaackes weghene unde van des voresegheden Losannes weghene wente in dosse thyd uppe de voresegheden Zothekinde unde Natane komen sint unde komen mochten, de den .. rad to Hamelen anrored, dere scolen se los wesen).

Die Vereinbarung zur Synagoge und zu den armen Juden soll vom Michaelstag an vier Jahre gelten (9) (scal nu van dosser thyd, alse dosse bref egheven is, anstan unde waken bente to deme negesten sinte Micheles daghe unde den vord van deme zulven sinte Micheles daghe vord ver gansce jar, de den te sampne tokomende sint) Gültigkeit haben.

Dosse degheding sint edeghedinghed na der bord uses herrengodes dusend unde drehundered jar in deme verden jare boven vertech jar in sinte Walburghe daghe. (10)

(1) Zu Süßkind und Natan vgl. auch WF01, Nr. 175.

(2) Dies und das Folgende deutet auf ein Zerwürfnis innerhalb der Hamelner Judengemeinde hin, ähnliches findet sich auch in Goslar (vgl. NO01, Nr. 144).

(3) Die drei vorangehenden Wörter über der Zeile.

(4) Die zwei vorangehenden Wörter über der Zeile.

(5) Möglicherweise war dies nötig, um das für den jüdischen Gottesdienst nötige Quorum von zehn erwachsenen männlichen Personen (Minjan) zu erreichen.

(6) Er ist nicht weiter bekannt; aufgrund der Angabe des Vaters ist er nicht identisch mit Losan, dem Sohn Isaaks (WF01, Nr. 176 und WF01, Nr. 177).

(7) Das vorangehende Wort über der Zeile.

(8) Vielleicht handelt es sich um Isaak, Sohn Bonnoms von Oldendorf (zu diesem vgl. WF01, Nr. 176 und WF01, Nr. 177und ggf. auch WF01, Nr. 101 sowie WF01, Nr. 191).

(9) 1345 September 29.

(10) Der Eintrag ist gestrichen.

Überlieferung:

Hameln, StadtA, Best. 190, Nr. 1, S. 71, [195], Orig., dt., Perg.

Kommentar:

Zum Donat vgl. WF01, Nr. 37.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 20.12.2023

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WF01, Nr. 189, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WF01/WF-c1-0035.html (Datum des Zugriffs)

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