Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Worms (1348-1390)

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Bm. Worms 2, Nr. 77

1377 Mai, [Worms]

Die endunterfertigten Juden von Worms (היהודים מוורמשא חתומי מטה) bekunden zusammen mit ihren verheirateten Söhnen, die anwesend sind und ebenfalls unterzeichnet haben, Alte wie Junge, dass sie angesichts der großen Gnadenerweisungen (חנות רבות) durch Bürger und Rat der Stadt Worms, die ihnen in Redlichkeit mit beträchtlicher Mühewaltung zuteil wurden, während die Bürger und sonstigen Stadtbewohner, die großen Schaden im Kampf gegen Emicho von Leiningen (אימכא מלינינגן) und in weiteren Streitigkeiten erlitten, von den Juden trotz häufiger Ermahnung durch die Stadtväter keine geziemende Unterstützung erhielten, Bürgermeister und Rat mit einer freiwilligen Beihilfe in Höhe von 20.000 Gulden 'zur Mischung' (בעשרים אלף זהובים למזיגה) unterstützen. (1) Alle Aussteller verpflichten sich durch vorliegenden offenen und unterzeichneten Brief, dem Wormser Rat die genannte Summe zu den unten festgelegten Zeiten fristgerecht ohne Einschränkung auszuhändigen. Erhalten soll 1. der Jude Isaak von Alzey (יצחק היהודי מאלציי) Graf Emicho von Leiningens wegen 3.169 Gulden und 6 Schillinge in alten Hellern zu den Terminen, die in der Urkunde stehen, die ihm der Wormser Rat ausgestellt hat; 2. Fürst Ruprecht d. Ä., Herzog zu Bayern, wegen der Schädigung seiner Diener im Streit mit Graf Emicho 2.500 Gulden zu den Terminen und Fristen, die in der ihm vom Wormser Magistrat ausgestellten und mit den Siegeln von Worms, Mainz und Speyer versehenen Urkunde verzeichnet sind; 3. der Wormser Stadtrat 1.000 Floriner Gulden in bar. Insgesamt verbleiben damit nach der Rechnung der Aussteller noch 13.332 Gulden, die die Juden dem Rat schulden. Diese Summe wollen sie dem letzterem innerhalb von vier Jahren bezahlen, zu rechnen ab dem Ablauf der Fristen, nach denen Graf Emicho und der Jude Isaak ihr Geld erhalten haben, das bedeutet ab dem Festtag Johannes des Täufers im kommenden Jahr (2). Nach dem Verstreichen dieser Frist soll der Rat auf den Tag Judae (יום יודיא) im Jahr danach 3.383 Gulden erhalten (3), ein Jahr später zum selben Tag wieder 3.383 Gulden und desgleichen in den beiden Folgejahren. Somit seien dann 20.000 gute Gulden von Gold, Barren und Gewicht an den Rat ausgehändigt worden. (4) Für den Fall, dass die Einhaltung irgendeiner der erwähnten Fristen versäumt werden sollte, dürfen die Wormser Ratsmitglieder die nicht erhaltenen Gulden von 'Unbeschnittenen' (ערלים) und Juden in Mainz oder anderenorts zu Lasten der Wormser Juden zu Schaden aufnehmen. Haben die Stadträte dies getan, sind sie nach Ablauf von zwei Monaten befugt, alle Unterfertigten an Leib und Gut anzugreifen, bis Kapital und Schaden vollständig beglichen sind. Datum: geschrieben und unterzeichnet am 6. in der Woche, dem 21. Tag des Monats Ijar, [im Jahr] 137 der kleinen Rechnung (בששי בשבת אחר ועשרים יום לחדש אייר קל׳׳ז לפרט).

Unterschrieben haben:

[1] Jakob, Sohn des Märtyrers Herrn Josef haLevi (5) (?יעקב בן הק׳׳ר יוסף הנ׳׳ר)

[2] Menachem, Sohn des Märtyrers Herrn Simon, möge seine Seele im Garten Eden ruhen (מנחם בן הק׳׳ר שמעון ינב׳׳ע)

[3] Chajim, Sohn des Herrn Meir haKohen von [Ober-]Wesel, der Junge (חיים ב׳׳ר מאיר הכהן מויזלא הצע׳)

[4] Samuel, Sohn des Märtyrers Herrn Meir Täublein (שמואל בן הק׳׳ר מאיר טבליו)

[5] Meschullam, Sohn des Herrn Eliakim (6) (משלם ב׳׳ר אליקים בענת׳׳ן ניב׳׳ש)

[6] Isaak, Sohn des Märtyrers Herrn Mordechai haLevi, Sohn Jairs (יצחק בהק׳׳ר מרדכי הלוי בן יאיר)

[7] Alexander (Alexandri), Sohn des Herrn Menachem haLevi, das Andenken des Gerechten zum Segen (אלכסנדרי ב׳׳ר מנחם הלוי זצ׳׳ל)

[8] Meir, Sohn des Herrn Samuel Dilsberg (מאיר ב׳׳ר שמואל זנ׳׳ע טילשבערק)

[9] Eliakim, Sohn des Herrn Eleazar haKohen (7) (?אליקים ב׳׳ר אלעזר הכהן יט׳׳י)

[10] Aaron, Sohn des Herrn Simcha haLevi (8) (?אהרן ב׳׳ר שמחה הלוי כזצע׳ר)

[11] Ascher, Sohn des Märtyrers Herrn Petter, möge sein Blut gerächt werden (9) (אשר בן הק׳׳ר פטר הי׳׳ד)

[12] Abraham, Sohn des Herrn Jakob (10) (?אברהם ב׳׳ר יעקב שי׳׳ד)

[13] Abraham, Sohn des Herrn Alexander (Alexandri) (אברהם ב׳׳ר אלכסנדרי)

[14] Simson, Sohn des Herrn Mordechai, das Andenken des Gerechten zum Segen (שמשון ב׳׳ר מרדכי זצ׳׳ל)

[15] Natan, Sohn des Herrn Samuel haLevi, der Geringste unter den Söhnen Nathans (נתן ב׳׳ר שמואל הלוי נפל בני נתן)

[16] Simson, Sohn des Herrn Samuel (שמשון ב׳׳ר שמואל)

[17] Kalonymos, Sohn des Märtyrers Herrn Jochanan (קלונימוס בהק׳׳ר יוחנן)

[18] Josef, Sohn des Herrn Jehuda, möge er viele gute Tage lang leben (יוסף ב׳׳ר יהודה שלי׳׳ט)

[19] Ascher, Sohn des Herrn Samuel (11) (?אשר ב׳׳ר שמואל חוילה)

[20] Menachem, Sohn des Herrn Jakob, möge er leben (מנחם ב׳׳ר יעקב ש׳׳י)

[21] Samuel, Sohn des Herrn Mordechai, möge er in Frieden ruhen (שמואל ב׳׳ר מרדכי נב׳׳ת)

[22] Eliakim, Sohn des Herrn Meschullam, möge er viele gute Tage lang leben (אליקים ב׳׳ר משלם שלי׳׳ט)

[23] David, Sohn des Herrn Josef, Sohn des Herrn Chaim, das Andenken des Gerechten zum Segen (דוד ב׳׳ר יוסף ב׳׳ר חיים זצ׳׳ל)

[24] Abraham, Sohn des Herrn Mose, das Andenken des Gerechten zum Segen (אברהם ב׳׳ר משה זצ׳׳ל)

[25] Mose, Sohn des Herrn Simon haLevi (משה ב׳׳ר שמעון הלוי)

[26] Abraham, Sohn des Herrn Mose, das Andenken des Gerechten zum Segen (אברהם ב׳׳ר משה זצ׳׳ל)

[27] Schalom, Sohn des Herrn Aaron (שלום ב׳׳ר אהרן)

[28] Aaron, Sohn des Märtyrers Herrn Rabbi Schalom (אהרן בן הק׳׳ר ר׳ שלום)

[29] Natan, Sohn des Märtyrers Herrn Simcha, das Andenken zum Segen für die kommende Welt (נתן בן הק׳׳ר שמחה זלה׳׳ה)

[30] Ascher, Sohn des Märtyrers Herrn Petter, möge sein Blut gerächt werden (12) (אשר בן הק׳׳ר פטר הי׳׳ד)

[31] Jakob, Sohn des Herrn Kalonymos (יעקב ב׳׳ר קלונימוס)

[32] Jakob, Sohn des Herrn Isaak (יעקב ב׳׳ר יצחק)

[33] Chananeel, Sohn des Märtyrers Herrn Isaak (חננאל בן הק׳׳ר יצחק)

[34] Simon, Sohn des Herrn Mose (שמעון ב׳׳ר משה)

[35] Eleazar, Sohn des Herrn Aaron Salman (אלעזר ב׳׳ר אהרן זלמן)

[36] Mose, Sohn des Herrn Abraham, das Andenken des Gerechten zum Segen (משה ב׳׳ר אברהם זצ׳׳ל)

Rückvermerk:

1) Juden Gemeinde Memoriale (Neuzeit); 2) Juͦden br[ief,] die statd und auch den konig antreffende (14. Jh.?); 3) Als die juͦden behesemet (13) hant (14. Jh.?)

(1) Gemeint sind offenbar die nachfolgend spezifizierten Einzelzahlungen.

(2) 1378 Juni 24.

(3) Mit Judae ist wohl der Gedenktag Simonis et Judae Thaddei am 28. Oktober gemeint.

(4) Hier hat man sich offenbar um 200 Gulden verrechnet.

(5) Dem Patronym folgt an dieser Stelle wahrscheinlich noch eine Segensformel, die allerdings nicht mehr aufgelöst werden kann.

(6) Dem Patronym folgt an dieser Stelle wahrscheinlich noch ein Toponym, das allerdings nicht mehr erkannt werden kann.

(7) Dem Patronym folgt an dieser Stelle wahrscheinlich noch eine Segensformel, die allerdings nicht mehr aufgelöst werden kann.

(8) Dem Patronym folgt an dieser Stelle wahrscheinlich noch eine Segensformel, die allerdings nicht mehr aufgelöst werden kann.

(9) Aufgrund der dem Namen von Rabbi Petter beigefügten Verfluchung 'Gott räche sein Blut' (היד) muss dieser eines gewaltsamen Todes gestorben sein.

(10) Dem Patronym folgt an dieser Stelle wahrscheinlich noch eine Segensformel, die allerdings nicht mehr aufgelöst werden kann.

(11) Dem Patronym folgt an dieser Stelle wahrscheinlich noch eine Segensformel, die allerdings nicht mehr aufgelöst werden kann.

(12) Aufgrund der dem Namen von Rabbi Petter beigefügten Verfluchung 'Gott räche sein Blut' muss dieser eines gewaltsamen Todes gestorben sein.

(13) Das hebräische Lehnwort 'behesemen' meint 'unterzeichnen', vgl. dazu Lehnertz, Katavti al ha-Tsetel (2014), S. 4.

Überlieferung:

Worms, StadtA, Best. 1 A I, Nr. 217, Orig. ( Digitalisat), hebr., Pergamentrotulus.

(Gerd Mentgen und Andreas Lehnertz) / Letzte Bearbeitung: 02.10.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, WO02, Nr. 77, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WO02/WO-c1-001g.html (Datum des Zugriffs)

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