Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Worms (1348-1390)

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137 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 90.

Bm. Worms 2, Nr. 90

1378 Oktober 24

Herzog [Wilhelm] von Jülich und Geldern (van Gulghe ind van Gelre) bekundet, dass er es nach dem Willen seines Neffen Graf Dieter [VIII.] von Katzenelnbogen (Diethartz van Katznellenboige) einerseits und der Bürgermeister, des Rats und der anderen Bürger zu Köln (Coelne) andererseits auf sich genommen hat, beiden genannten Parteien Recht zu sprechen bezüglich der Forderungen Graf Dieters an die Stadt Köln und darob, dass er seine Klage und die Stadt Köln ihre Antwort dem Herzog niedergeschrieben und besiegelt übergeben haben. Nach Beratung mit seinen dazu angeforderten Vertrauten (mit zytligem ussdrage unser vrunde darby geheischt), bei der er nach bestem Vermögen das Recht ermittelt hat, verkündet er nachfolgend ebendieses:

1. Graf Dieter beklagt sich, dass sein Jude Gottschalk (Gotschalck) in Köln Gut bei anderen Juden hinterlegt hatte, die Gottschalk dieses zu verwahren anwies, nämlich 2.550 Gulden (1), welche ihm die Stadt Köln mit Gewalt und ohne dazu berechtigt zu sein entwendet habe; ferner erklärt der Graf in seiner Klage, dass dieses Geld keinen anderen gehört habe als seinen Juden Gottschalk und Mannus (nyemans en were dan Gotschalcks ind Manus, synre ioeden), was diese auch nach ihrem Recht beweisen sollen (dat sij dat ouch wail bybrengen soelen, as yre recht stee), sowie dass jenes Geld und Gut sich ihretwegen über ein halbes Jahr vor Kölns Krieg mit dem Erzbischof in den Händen anderer Juden in Köln befunden habe. Die vom Herzog dazu angehörte Stadt Köln antwortete, sie sei unschuldig, habe dieses Gottschalk gehörende Gut nicht an sich genommen (dat sy geyn dat guͦt genoymen en haven) und würde es auch ohne Rechtsbescheid und vernünftigen Grund (sunder bescheit ind reideliche sachen) niemals tun. Herzog [Wilhelm] erkennt diesbezüglich nach bestem Wissen für Recht: Ist Graf Dieter in der Lage, rechtmäßig zu beweisen, dass besagter Gottschalk sein Jude ist und ihm rechtlich untersteht und dass sich jenes Gut ein halbes Jahr vor dem Kriege seiner Juden wegen in Köln befand, wie Dieter behauptet, und kann dann sein Jude Gottschalk, wie es ein Juden rechtlich zu tun schuldet, mit den Juden in Köln beweisen, dass diese Geld oder Gut von ihm zu treuen Händen besaßen, das rechtmäßig Gottschalk und sonst niemandem gehörte, als es entwendet wurde, muss die Stadt Köln Gottschalk dieses Geld und Gut erstatten. Können aber Graf Dieter und sein Jude Gottschalk diesen Beweis nicht rechtmäßig führen, schuldet die Stadt Köln Gottschalk keine Wiedergutmachung.

2. Nachdem Graf Dieter in seiner Klage den Juden Mannus erwähnt hat, der Herzog jedoch nicht weiß, ob Dieter diesen seinen Juden rechtlich zu vertreten wünsche oder nicht, und nachdem auch die Stadt Köln dieserhalb geantwortet hat, dass die Stadt Worms (Wormtz) und danach der Herzog von Bayern (Beyeren) ihr für den Juden Mannus in fraglicher Angelegenheit Briefe geschrieben und sich Mannus' Forderungen als die ihres Juden zu eigen gemacht hätten, wogegen sich die Stadt Köln mit vernünftigen Gründen verteidigt und solange gewehrt habe, bis die Wormser und der Herzog auf ihre Klage wegen Mannus gütlich verzichtet hätten, erkennt Herzog [Wilhelm] für Recht: Will sein Neffe Graf Dieter den Juden Mannus als seinen Juden rechtlich vertreten und kann rechtmäßig bewiesen werden, dass er sein Jude ist und ihm rechtlich untersteht und dass die umstrittenen Besitztümer sich ein halbes Jahr vor dem Krieg wegen seiner Juden in Köln befanden, wie Dieter behauptet, und kann Mannus mit Hilfe der Juden in Köln, bei denen sich die Güter befanden, so, wie es ein Jude von Rechts wegen tun muss, beweisen, dass jene Geld oder Gut treuhänderisch für Mannus aufbewahrten, das zur Zeit der Wegnahme ausschließlich Mannus gehörte, muss die Stadt Köln ihm seinen Schaden ersetzen. Können Graf Dieter und Mannus aber den vom Herzog geforderten Beweis nicht erbringen, ist die Stadt Köln Mannus keine Wiedergutmachung schuldig.

3. Der Aussteller erklärt ferner für Recht: Falls gemäß der Anklage Graf Dieters dessen Jude Zeugenaussagen in der Stadt Köln benötigt, sollen beide Parteien die Juden anhalten, auf ihren Eid, den Juden zu leisten schuldig sind (up yren eyt, den ioeden schuldig synt zo doyn), in dieser Angelegenheit die Wahrheit auszusagen. Diesbezüglich soll man die Juden in keiner Weise negativ beeinflussen (occasunen, hynderen noch archwilligen in eynger wijs).

4. Herzog [Wilhelm] erklärt abschließend für Recht bezüglich des Schadens, den Graf Dieter seines Juden wegen geltend gemacht hat: Nachdem die Stadt Köln versichert hat, in dieser Sache niemanden geschädigt zu haben, wie es in ihrer Antwort geschrieben steht, muss sie hier auch keinen Schaden wiedergutmachen, so wie dies dem seit langen Jahren geltenden alten Recht und Herkommen entspricht (also as dat vur langen iairen allweige eyn alt recht ind herkomen is geweist).

Siegelankündigung des Ausstellers.

Gegheven […] des suͦndages na sent Severyns dage anno 1378. (2)

(1) In der Edition wurde das entsprechende Zahlzeichen falsch transkribiert: 2600 guldene.

(2) Vgl. zu diesem Dokument WO02, Nr. 88 und WO02, Nr. 89 und und WO02, Nr. 73.

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 21, Nr. 112a, Orig. (A), dt., Papier; ebd., Nr. 112b (Abschr., gleichzeitig) (B).

(Gerd Mentgen) / Letzte Bearbeitung: 02.10.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, WO02, Nr. 90, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WO02/WO-c1-001x.html (Datum des Zugriffs)

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