Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 45

[zwischen 1300 und 1350]

In einem im 13. Jahrhundert angelegten, ursprünglich nur die Kirche in dem unterelsässischen Dorf Willgottheim betreffenden Pergamentheft mit der Überschrift Liber iste spectat ad Ecclesiam in Willgotheim wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (1) auf dem letzten Blatt ein ausführlicher Judeneid nachgetragen, von dem nicht gesagt werden kann, wer seine Niederschrift veranlasste und wo die Eidesformel Verwendung fand oder finden sollte. (2) Die Ausgestaltung dieses Judeneids ist am Vorbild des Schwabenspiegels orientiert und sieht vor, dass die Eidesleistung auf einer Sauhaut stehend auf die Torah erfolgt. Der Text wird von einem Eidstaber vorgesprochen. Geschworen werden sollte offenbar bei Streitfragen wegen bestimmter Güter (umb ein iegelich ding), die sich laut der Anklage eines Prozessgegners des betreffenden Juden angeblich in dessen Besitz befanden. Durch seinen Eid versicherte der Jude, dass er das fragliche Gut nicht kenne noch habe noch je darüber verfügte, auch nicht under erden begraben nach under muren verborgen nach mit schlossen beschlossen. Im Eidformular folgt ein langer Selbstverfluchungsteil, der neben der üblichen Orientierung an abschreckenden Beispielen von Gott verhängter Strafen aus dem Alten Testament auch auf das Neue Testament zurückgreift, indem er den Juden vorhält, bei der Verurteilung Jesu gerufen zu haben: 'Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!' (Matth 27,24-25): Es ist war, des du gesworen hast, und so das bluͦt und der fluch immer me an dir wahse unde niht abeneme, daz din geschlehte imme selber wuschette, do su Iesum Christum ver[ur]teiltent).

(1) Die von Wentzcke, Judeneid (1912), S. 701, vorgenommene Datierung des 'Willgottheimer' Judeneids ("eine Hand aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts") könnte um mehrere Jahrzehnte zu früh angesetzt sein.

(2) Dasselbe Heft enthält einen Beleg für Einnahmen Rudolfs von Ochsenstein von den Juden zu Hochfelden; vgl. EL01, Nr. 48.

Überlieferung:

Strasbourg, AD Bas-Rhin, G 3690/1, fol. 31r-v, Orig., dt., Perg.

  • Wentzcke, Judeneid (1912), S. 702 f.
  • Mentgen, Studien (1995), S. 42 f.;
  • GJ 2, 1, S. 205; GJ 2, 2, S. 906;
  • Wentzcke, Judeneid (1912), S. 701 f.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 03.05.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 45, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-005v.html (Datum des Zugriffs)

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