Quellen zur Geschichte der Juden im Elsass (1273-1347)

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Elsass 1, Nr. 103

1320 April 7, Avignon

Papst Johannes [XXII.] informiert den Abt des Klosters Murbach und die Dekane der Colmarer und Basler Kirche über folgende Angelegenheit: Schultheiß Nikolaus sowie Meister und Rat der Stadt Straßburg unterrichteten den Papst, dass Markgraf Rudolf [d. Ä.] von Baden (1) erklärte, die Straßburger Juden David d. Ä., genannt Walch, und sein Sohn Aaron (David senior dictus Walch et Aron eius filius, iudei Argentinenses) hätten durch das Übel des Wuchers bereits viel [Geld] von ihm erpresst und ihn noch weiter erpressen wollen (multa extorserunt et adhuc extorquere nitebantur ab eo per usurariam pravitatem). Daraufhin appellierte Rudolf an den Propst des Klosters Allerheiligen in Freiburg, um ein päpstliches Urteil gegen die Juden zu erlangen, das sie zur Rückgabe des erpressten [Geldes] und zur Aufgabe weiterer Wucherforderungen zwingen sollte. Nach ordnungsgemäßer Prüfung des Falles und aufgrund des Nichterscheinens der Juden vor Gericht (pro eo, quod ipsi iudei eidem diffinitive contumaciter parere contempserant) erließ der Propst ein Endurteil (diffinitiva sentencia) zugunsten des Markgrafen, das den Christen jeden weiteren Umgang mit den beiden Juden untersagte (ne aliquis fidelium communicaret eisdem). Schultheiß, Meister und Rat der Stadt Straßburg gaben dem Papst gegenüber an, Markgraf Rudolf habe sie wider besseres Wissen bei dem Propst von Allerheiligen angeklagt, besagtes Verbot ignoriert zu haben (contra inhibicionem huiusmodi dictis iudeis communicare presumpserant), woraufhin der Propst ganz unvermittelt, ohne Prüfung (ex arrupto sine aliqua cause cognicione) und ohne zureichenden Rechtsgrund (cum ea non essent notoria neque vera) ein Exkommunikationsurteil gegen sie habe verkünden lassen, das sie in jeder Ortschaft, in der sie wohnten oder sich aufhielten, für die gesamte Zeit ihrer Anwesenheit von der Teilnahme am Gottesdienst auszuschließen befahl. Dagegen hatten Schultheiß, Meister und Rat an den Papst appelliert. Dieser weist nun den Abt von Murbach und die Dekane der Colmarer und Basler Kirche an, in der Sache Zeugen zu vernehmen, ein Urteil zu fällen und für seine Durchsetzung zu sorgen. Gegen aufgebotene Zeugen, die sich einer Aussage zu entziehen versuchen, sollen kirchliche Zwangsmittel verhängt werden. Falls der Abt und die beiden Dekane nicht sämtlich bei dem Gericht anwesend sein können, sollen es wenigstens zwei von ihnen sein.

Datum Avinione, VII idus aprilis, pontificatus nostri anno quarto.

(1) Dass es sich um Rudolf d. Ä. bzw. III. und nicht um Rudolf d. J. (IV.) handelte, ergibt sich aus der Urkunde vom 31. Oktober 1321 (EL01, Nr. 105).

Überlieferung:

Strasbourg, AM, CH 677, Orig. (A), lat., Perg.; AA 65 (früher: Briefbuch A) (1370), fol. 101v (B).

  • Apostolic See 1, Nr. 301, S. 312 f. (aus A);
  • Freiburger UB 3, Nr. 525, S. 388 f. (aus A);
  • UB Straßburg 2, Nr. 393, S. 346 f. (aus A);
  • Alsatia diplomatica 2, Nr. 910, S. 123 f. (aus B).
  • Monumenta Judaica (1963-1964), B 152;
  • References to Jews, Nr. 8, S. 45;
  • Regesten der Markgrafen von Baden 1, Nr. 750, S. 74.
  • Mentgen, Studien (1995), S. 516 (dort falsche Identifikation des Klosters Allerheiligen);
  • GJ 2, 2, S. 800;
  • Ginsburger, Première communauté (1946), S. 77;
  • Ephraim, Histoire (1925), S. 38 und 80;
  • Glaser, Geschichte 1 (1924), S. 45 f.;
  • Caro, Sozialgeschichte 2 (1920), S. 199;
  • Fester, Juden (1896), S. 640, Anm. 2;
  • Wiener, Geschichte (1866), S. 85.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 28.09.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2014, EL01, Nr. 103, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/EL01/CP1-c1-02cr.html (Datum des Zugriffs)

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