Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 98

1314 Mai 3

Der von einem unbekannten Schreiber im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts verfasste erste Teil des Chronicon Constantiense berichtet von einem Stadtbrand, der sich am 3. Mai 1314 in Kathedralstadt ereignete und vom Haus eines Juden ausgegangen sein soll: Item anno domini MCCCXIIII an des hailgen crucz tag ze Maigen beschach die gross brunst ze Costencz, die gieng uff an aines Juden hus und beschach an ainem Sabet, und dar umb wolt der Jud nit loͤschen.

Überlieferung:

Konstanz, StadtA, Best. A I 1, fol. 101r, Abschr. (spätes 14. Jh.), dt., Papier; zur weiteren handschriftlichen Überlieferung vgl. Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, Chronik, Konstanzer.

Kommentar:

Das anonyme Chronicon Constantiense behandelt den Zeitraum von 307 bis 1466 und wurde von fünf aufeinander folgenden Schreibern verfasst. Deren erster war nach Mone bis 1434 tätig (Konstanzer Chronik von 307-1466, S. 309); vgl. dazu auch Ludwig, Geschichtsschreibung (1894), S. 16-24; Hillenbrand, Geschichtsschreibung der Stadt Konstanz (1975), S. 6. Sowohl die Edition Mones als auch diejenige Rupperts sind unvollständig und ordnen den Stoff nach eigenen Erwägungen neu; beide Ausgaben entsprechen nicht wissenschaftlichen Ansprüchen. Weitere Literatur zum Werk findet sich unter Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, [Art.] Chronik, Konstanzer. Gebhard Dacher hat die Nachricht wörtlich aus dem Chronicon Constantiense oder einer gemeinsamen Vorlage übernommen (Konstanzer Chronik des Gebhart Dacher, S. 345 f.). Die chronikalische Notiz findet sich dann in zahlreichen Chroniken des späten 15. und 16. Jahrhunderts (aber auch darüber hinaus): Collectaneen Jakob Reutlingers (Überlingen, StadtA, Reutlinger, Historische Collectaneen, Bd. 1, S. 112); Gregor Mangolts Kurtze Chronic der Löblichen Frey und Richstat Costantz (Konstanz, StadtA, Best. A I 3, S. 26); Christophs von Schwarzach Cronica der Statt Costantz (Konstanz, StadtA, Best. A I 2, S. 5); Stumpf, Eydgenossenschaft 2 (1548), fol. 59r; Bruschius, Epitomes 1 (1549), fol. 45r; Melchior Zündelins Von Ursprung der Statt Costantz und etlichen alten Sachen (Konstanz, StadtA, Best. A I 5, S. 344); Christoph Schulthaiss' Collectaneen (Konstanz, StadtA, Best. A I 8, Bd. 1, fol 6v und 7v). Skepsis bezüglich des Wahrheitsgehalts der Quelle äußert Schlachter, Furcht (2015), S. 322, da die etwa zeitgleich entstandene, von Mone als Konstanzer Jahrgeschichten von 1256 bis 1388 bezeichnete Konstanzer Fortsetzung der Chronik Jakob Twingers von Königshofen (S. 302) die grosse brunste ze Costencze zum 3. Mai 1314 ebenfalls in fast identischem Wortlaut erwähnt, allerdings nicht, dass diese im Hause eines Juden ihren Ausgang genommen haben soll.

In der Chronik Gebhard Dachers wird zum Jahre 1243 berichtet, dass die gesamte Stadt Konstanz abgebrannt sei, [von einem Feuer, das seinen Ausgang genommen habe] von einer/m Mosher genannten Person/Ort: Under dem byschoff anno domini MCCXLIII Ydus May verbran die gantz stat von dem genennet Mosher (Konstanzer Chronik des Gebhart Dacher, S. 328). Bereits Ludwig, Geschichtsschreibung (1894), S. 132 f, hat die Vermutung geäußert, dass es sich bei der Datierung um eine Verschreibung von MCCXL III idus maii gehandelt haben könnte, was zeitlich mit der von Kaiser Friedrich II. im Jahre 1241 wegen eines Stadtbrands gewährten Steuerbefreiung korrelieren würde. Der 13. Mai 1240 fiel allerdings auf einen Sonntag, so dass dort ursprünglich IIII idus maii gestanden haben müsste. Bei dem Mosher genannten mutmaßlichen Auslöser des Brandes dürfte es sich - sofern keine Ortsangabe - um einen Juden gehandelt haben. Dies legt den bereits von Ludwig und Wolff (Konstanzer Chronik des Gebhart Dacher, S. 328) geäußerten Verdacht nahe, dass der Brand von 1240 durch einen erneuten Zahlendreher in späterer Zeit in das Jahr 1314 datiert wurde.

(Jörg R. Müller) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 98, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-0009.html (Datum des Zugriffs)

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