Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 71

[zwischen 1306 März 14 und 1308 Mai 1]

In einem Pfandrodel zu den schwäbischen Ämtern des Hauses Habsburg finden sich zwei der Grafschaft Friedberg und ein dritter der Grafschaft Wartstein zugeordnete Einträge: (1)

[1.] Der Jude Vivelin, der entweder zu Munderkingen saß oder dort einem habsburgischen Amtmann Mitteilung machte, dass ihm alles Gut und die Einkünfte zu Toitingen als Pfandbesitz gehörten: Item Vivelin (2) iudeus in Munderchingen dicit, se habere in pignore omnia bona in Toitingen (3) cum suis redditibus universis.

[2.] Der Jude Gottschalk von Saulgau wird als Inhaber mehrerer Pfandtitel genannt. Hierzu gehören Abgaben zu Bierstetten, Bondorf und Allmannsweiler sowie die stura in der ufraiti mit Ausnahme von drei Pfund, welche dem Hagel zustehen: Gotschach iudeus de Sulgen tenet titulo pignoris qui vulgo dicitur ab zeniessene sture (4) in Buͤstetten, in Bondorf, in Albenswille et stura in der ufraiti (5) exceptis‎‎ III libris dicto Hagel obligatis. (6)

[3.] Der Jude Vivelin wird als Pfandinhaber einer Mühle sowie einer Fischenz zu Munderkingen und der Steuer von Neuburg bei Lauterach erwähnt: Item Vivelin iudaeus (7) habet in pignore molendinum in Munderchingen et I piscinam et sturam in Nuwenburg.

Rückvermerk:

Pignora in comitia Fridbergen (14. Jh.); Phannt und Lehen rodel 1313 (15. Jh.); Pignora in officiis (durchgestrichen und ersetzt durch: comitiis) Sigmaring, Veriong, Friedberg, Wartstein, Dyessenhoven et Schiltingi (neuzeitl.); Feoda et pignora in comitatibus Sigmaring, Vering, Fridberg, Wartstein (neuzeitl.)

(1) Die Abfassungszeitpunkt des Pfandrodels kann frühestens der 14. März 1306 gewesen sein, da an diesem Tag stattgefundene Verpfändungen Herzog Friedrichs III. erwähnt werden. Eine noch bestehende und zum 11. November 1311 ablaufende Verpfändung verweist auf die Ausfertigung vor diesem Termin. Ebenfalls erwähnt wird eine 1313 ablaufende Verschreibung, deren Pfandsumme im Jahr 1307 erhöht wurde, was im Rodel nicht vermerkt ist und ein weiteres Indiz zur Datierung liefert. Im Vergleich mit einem unmittelbar zuvor abgefassten Einkünfterödel der Habsburger für die Region Schwaben kann zudem sicher von einer Abfassung während der Regierungszeit König Albrechts ausgegangen werden. Insgesamt erscheint das Jahr 1307 als tatsächlicher Abfertigungstermin wahrscheinlich, lässt sich aber nicht endgültig beweisen; vgl. Müller, Pfandrodel (1951), S. 36; Habsburgische[s] Urbar 2, 2, S. 460 und S. 507 f.

(2) GJ 2, 2, S. 559, ging zu Recht von einem Lesefehler der Edition (Habsburgische[s] Urbar 2, 1, S. 264) aus und verbesserte in Vivelin. Fast sicher ist er identisch mit dem an anderer Stelle im Rodel als Fivelinus iudeus genannten Pfandbesitzer einer Mühle und einer Fischenz in Munderkingen sowie der Steuer von Neuburg bei Lauterach (###KN-c1-001i###).

(3) Habsburgische[s] Urbar 2, 1, S. 264, spricht von Dentingen, einem Ort der Gemeinde Uttenweiler. GJ 2, 2, S. 559, verbessert in den nahen 'Weiler Deutingen', der sich nicht lokalisieren ließ. Der entsprechende Judenbeleg ist in der Archivalie unter den Einträgen der Grafschaft Friedberg (Bad Saulgau) eingeordnet, geographisch erscheint Dentingen daher naheliegend. Hierauf deuten auch Vivelins mutmaßlicher Wohnort Munderkingen und seine Erwähnung als Pfandbesitzer zu Neuburg bei Lauterach.

(4) Vgl. Habsburgische[s] Urbar 2, 1, S. 92 Anm. 1. Hierbei erhält der Gläubiger die Einkünfte aus dem Gut, welche zur Tilgung der ursprünglichen Schuld und der anfallenden Zinsen verwendet werden.

(5) Korrigiert aus oder in ufraite. Die Bearbeiter des Habsburgische[s] Urbar 2, 1, S. 255, Anm. 2, lesen uslaiti und vermuten hierunter die Abgaben vorübergehender Ansiedler und eine Verlesung von ussidelinge.

(6) Diese Ausnahme betrifft den Anteil der Steuern von Bondorf; vgl. Habsburgische[s] Urbar 2, 1, S. 252.

(7) Vermutlich ist er identisch mit dem oben genannten Vivelin iudeus in Munderchingen.

Überlieferung:

Stuttgart, HStA, Best. H 162, Bd. 5, Blatt E-G, Orig., lat., Perg.; Innsbruck, LA, Schatzarchiv I, Rep. 2, fol. 41r [Zusammenfassung des Rodels mit Erwähnung der Juden].

Kommentar:

Von Schweizer/Glättli (Habsburgische[s] Urbar 2, 2, S. 460) wurde dieser schwäbische Pfandrodel des Hauses Habsburg als verschollen bezeichnet und daher nur nach einer Abschrift ediert (S. 232-265). Von Karl Otto Müller wurde das Original wiederentdeckt und Abweichungen zur Abschrift in einem Zeitschriftenaufsatz festgehalten; vgl. Müller, Pfandrodel (1951), S. 29-38.

(Michael Schlachter) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 71, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-001g.html (Datum des Zugriffs)

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