Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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250 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 106.

Bm. Konstanz 1, Nr. 106

1316 Januar 31, Gerolfingen

König Ludwig der Bayer bekundet, dass er Schultheiß, Rat und Bürger von Esslingen wegen der großen Dienste und der steten Treue (grozen genemen dienst und die stete truͦwe), die sie ihm und dem Reich erwiesen haben, sowie wegen des großen Schadens, den sie dabei von seinen Feinden (1) erlitten haben und noch leiden (do bi haben ir auch gemerchet den grozen schaden, den sie dar uͤmb, daz sie uns und dem Riche bi gestanden seint von unseren vienden geliden habent und noch lident), gemeinsam mit Johannes von Bernhausen (2), dessen Bruder Wolfram, Walther von Urbach (2) und allen ihren Nachkommen, die gemeinsam mit den Esslinger Bürgern in seinem Dienst standen und Schaden genommen haben (die mit den vorgenanten purgern in unserem dienst gewesen seint und schaden genuͦmen habent), von sämtlichen Schulden gegenüber Juden, die sich auf die Seite von Ludwigs Feinden geschlagen haben (gen allen den Juden, swie sie genant seint, die sich von uns und von unser gewalt zuͦ unseren und des riches vienden gezogen habent), befreit werden (uͤmb alle die schuͦlt, die sie in zu disen zeiten schuldich seint, und gelten suͤllent, ledich und los und unschuldich sein und wesen suͤllent nuͦ und immer mer). Ebenso spricht Ludwig die Bürgen des oben genannten Personenkreises von allen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Juden frei, sowohl an Hauptgut als auch an Zinsen, Schaden und Bürgschaftsleistungen (… und sagen auch sie und alle ir buͤrgen, die sie den selben Juden uͤmb ir schuͦlt gesetzet habent vrey, ledich und lozz der selben schuͦlt und des wuͦchers, schaden, und laistuͦng, die dar auf gangen seint von dem tage, daz die schult genuͦmen und die buͤrgen gesetzet wuͦrden). Der König verbietet des Weiteren den Bürgen, bei den Juden die Schulden zu begleichen oder sonst irgendetwas zu unternehmen, was den Bürgern von Esslingen sowie Johannes von Bernhausen, seinem Bruder Wolfram oder Walther von Urbach zum Schaden gereichen könnte (… und gebieten […], daz dehainer der buͤrgen den vorgenanten Juͦden uͤmb die schuͦlt laisten oder dehainen anderen schaden auf die puͦrger von Ezzelingen, Johansen von Bernhausen, Wolframen seinen bruͦder, und auch Walthern von Uͦrbach). Ferner spricht Ludwig die Bürgen von allen Gelübden, Versprechen und Bürgschaften gegenüber den Juden frei und versichert ihnen, dass diese keine Gültigkeit mehr besitzen, so dass sie derentwegen von keinem Gericht oder Richter belangt werden können (Wann wir sie aller geluͤbde, gehaizze, und buͤrgeschafft, die sie getan habent denselben Juden mit briefen oder mit anderen sachen, von unser kuͤnichlicher gewalt ledich, lozz und vrey sagen und wellen, daz sie dehain chrafft noch macht fuͤrbaz haben und auch sie nieman dar uͤmb an gesprechen muͤg vor dehainem gerichte noch richter, vor dem sie auch dehain recht nimmer nieman dar uͤmb tuͤn suͤllent).

Siegelankündigung des Königs.

Der ist geben ze Gerolfingin, des Samtztags vor unser Frowen tag der Lichtmessen, do man zalt von Christes gebuͤrt driuzehenhuͦndert jar darnach in dem sechzehenden jare, in dem anderen jare unseres riches.

(1) Hierunter sind der (Gegen-) König Friedrich der Schöne und seine Anhänger zu verstehen.

(2) Johannes von Bernhausen und Walter von Urbach werden am 1. Juli 1315 bei der Bestätigung der Stadtrechte Esslingens durch Friedrich den Schönen als Bundesgenossen der Esslinger bezeichnet, die sich mit den Wittelsbachern verbündet hätten; vgl. Regesta Habsburgica 3, Nr. 274, S. 36.

Überlieferung:

Stuttgart, HStA, Best. H 51, U 250, Orig. (Digitalisat), dt., Perg.

Kommentar:

Zur Befreiung der Esslinger Bürger von ihren Judenschulden unter Ludwig dem Bayern vgl. auch KN01, Nr. 103, KN01, Nr. 104 und KN01, Nr. 105.

(Christian Scholl) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 106, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-005s.html (Datum des Zugriffs)

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