Quellen zur Geschichte der Juden in der Stadt Köln (1273-1347)

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Stadt Köln 1, Nr. 30

1302 Dezember 29, Köln

Der Kölner Erzbischof Wikbold (Wicboldus dei gratia sancte Coloniensis ecclesie archiepiscopus) versichert allen seinen Kölner Juden (iudei nostri Colonienses, ad presens in Colonia commorantes) beginnend am vergangenen Remigiusfest (in festo beati Remigii proximo preterito) (1) für neun Jahre Schutz, Geleit sowie alle Rechte und Freiheiten an Zollstätten und vor Gerichten, die sie bisher auch genossen (… in nostram recepimus et recipimus protectionem et conductum, ipsosque in omni gratia et libertate, tam in theloneis, quam iudiciis et causis aliis, per dictos novem annos gaudere volumus, quibus hactenus sunt gavisi). Diese Zusagen beinhalten ausdrücklich den Schutz vor ungewohnten Eidesleistungen sowie vor ungerechtfertigten Anklagen, Übergriffen, Belastungen und Zollabgaben, die im erzbischöflichen Herrschaftsbereich nur dann auf Waren (und nicht auf Personen) zu entrichten seien, wenn sie ebenso Christen zahlten. Überdies verspricht er, den außerhalb der Stadt gelegenen Friedhof (sepultura iudeorum nostrorum) - sofern ihm dies möglich sei - vor Zerstörungen zu bewahren. Zugezogene Juden sollen ebenfalls genannte Sicherheiten und Freiheiten (securitas et libertas) erhalten, nachdem sie mit dem Erzbischof über den jährlich zu leistenden Betrag für ihren Aufenthalt übereingekommen seien. Besucher sollen innerhalb eines Zeitraums von 15 Tagen, währenddessen sie unter dem Schutz des Erzbischofs ständen, entscheiden, ob sie ihren Wohnsitz in Köln nehmen wollen. Wird ein Jude nach jüdischem Recht einer Straftat überführt, soll ausschließlich der Rechtsbrecher und kein Schuldloser eine angemessene Strafe erhalten.

Als Gegenleistung werden die Juden neben ihren Diensten und zusätzlich zu den bereits entrichteten 1.200 Mark zur jährlichen Zahlung von 60 Mark - jeweils zur Hälfte an Ostern und St. Remigius - verpflichtet. Zugezogene Juden sollen sich gemäß ihres Vermögens proportional an der bereits gezahlten Summe beteiligen. Für den Fall, dass Wikbold in den nächsten neun Jahre verstürbe, verpflichtet er um den Nutzen der Kölner Kirche Willen (procausa utilitatis ecclesie nostre Coloniensis) seine Nachfolger zur Beachtung der genannten Sicherheiten. Seinerseits verspricht er die Beachtung aller bereits von Päpsten, Kaisern oder ihm und seinen Vorgängern erhaltenen Privilegien. Zur Sicherung der Vereinbarungen werden mit der Verpflichtung zur persönlichen Haftung folgende Bürgen genannt, die ebenso wie der Dekan und das Domkapitel mitsiegeln (1): Konstantin von Lyskirchen, die Brüder Johann und Bruno Hardevust, Emund Birkelin, Johann Scherfgin, Johann Ratze, Gerhard, Sohn des Untergrafen Gerhard, Eberhard (Everhard) Gir, Richolf Mennechin, Daniel Jude, Rutger, Sohn des vorgenannten Konstantin, Untergraf Gobelin Hardevust, Johann Overstolz, Sohn Konstantin Overstolz', Gottschalk Overstolz und der Schöffe Frank vom Corn.

Datum Colonie, in crastino sanctorum Innocentum, anno domini MᵒCCCᵒ secundo.

(1) 1302 Oktober 1.

(2) Bei den genannten Bürgen handelt es sich um exponierte Vertreter der christlichen Gemeinde Kölns. Schmandt, Judei (2002), S. 53 f. mit Anm. 34, zog überdies eine Identifizierung mit dem Ratskollegium des Jahres 1302 in Erwägung.

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 210, U 2/715, Orig., lat., Perg.

  • UB zur Geschichte des Niederrheins 3, Nr. 24, S. 17 f.;
  • Weyden, Geschichte (1867), Anhang, Nr. 12, S. 359-361 (mit irrigem Datum).
  • REK 3, 2, Nr. 3906, S. 308;
  • Schmandt, Judei (2002), S. 272 f.;
  • Codex juris municipalis Germaniae, [Art.] Cöln, Nr. 162, S. 554 f.
  • Turnau, Unruhehäufungen (2007), S. 375-377;
  • Schmandt, Judei (2002), S. 25 und 53 f.;
  • Fischer, Stellung (1931), S. 18;
  • Brisch, Geschichte 1 (1879), S. 104 f.;
  • Weyden, Geschichte (1867), S. 164 f.

Kommentar:

Bei der vorliegenden Urkunde handelt es sich um einen von mehreren erzbischöflichen Schutzverträgen, deren ältester in das Jahr 1252 zurückreicht. Auch das 1266 in Stein gemeißelte Privileg Konrads von Hochstaden dürfte als Vorlage gedient haben.

(bel.) / Letzte Bearbeitung: 06.03.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, KO01, Nr. 30, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KO01/CP1-c1-0003.html (Datum des Zugriffs)

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