Das Judenschreinsbuch der Kölner Laurenz-Parochie (1273-1347)

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Kölner Judenschreinsbuch 1, Nr. 55

1286 August 19

Im so genannten Judenschreinsbuch der Kölner Laurenz-Parochie wird folgendes Immobiliengeschäft in einer hebräischen Urkunde und einem lateinischen Eintrag festgehalten:

Jakar haAluv, Sohn des Rabbiners R. Samuel haLevi s.A. (יקר העלוב בן הרב ר׳ שמואל הלוי ז׳צ׳ט׳ו׳ל׳ה׳ה׳), bestätigt mit seiner Unterschrift den Erbfall R. Eleasars [= Losan von Bonn] (1), Sohn R. Samuels von Bonn (ר׳ אלעזר בר׳ שמואל מבונא), der aus erster Ehe mit der verstorbenen Gute (גוטא) einen Sohn und eine Tochter sowie aus zweiter Ehe mir Rebekka, Tochter R. Meirs haKohen (מרת רבקה בת ר׳ מאיר הכהן), drei Töchter – Sara, Gute und Maimona (שרה וגוטא ומיימונא) – sowie zwei Söhne – Juda und Abraham (יהודה ואברהם) – hinterließ. Diesen sieben Kindern, den Söhnen wie den Töchtern, hat er ein in der Enggasse gelegenes Haus vererbt, das an folgende Grundstücke grenzt: im Osten an das Haus der Jutta von Brüssel (מרת יוטא מברושלא) und ihres Schwiegersohns Suskint (זושקינט), im Westen an das Haus "Zum Mist", im Süden an das Tanzhaus ("Gemeindehaus, das für Hochzeiten errichtet wurde") (הבית של המתוקן לנישואין), im Norden an den "öffentlichen Grund" (רשות הרבים), d. h. an die Enggasse. Die fünf Kinder Rebekkas verkauften rechtmäßig durch den geschätzten Vormund Rabbiner R. Jehuda, genannt [Magister] (2) R. Seligman (הרב ר׳ יהודה מכונה ר׳ זילקמן), ihre Erbanteile an die beiden Söhne R. Jakobs, R. Josef und R. Alexander (ר׳ יוסף ולר׳ אלכסנדרי בני ר׳ יעקב), [und deren Frauen Richza und Pora] (3). Weder Rebekka noch ihr zweiter Mann R. Gottschalk (ר׳ גויישלק) besitzen einen Anteil an dem Erbe.

ומה שידענו כתבנו וחתמנו ביום ב׳ כ׳ז׳ בא׳ב שנת מ׳ו׳ לפרט אלף הששי ("Was wir wussten, haben wir niedergeschrieben und unterzeichnet am zweiten Tag (Montag), dem 27. des Jahres 46 nach der kleinen Zählung des sechsten Jahrtausends") [= Actum anno domini m° cc° lxxx sexto, in medio augusto] (4).

Auf derselben Urkunde ergänzen und präzisieren Juda, Sohn R. Meirs s.A. (יהודה ב׳ר׳ מאיר ז׳צ׳ל׳), Jakob, Sohn R. Josefs (יעקב בר׳ יוסף ש׳ו׳ל׳ב׳ץ׳), und Meir, Sohn des Märtyrers R. Mose s.A. (מאיר בן הק׳ר׳ משה ז׳צ׳ו׳ק׳ל׳), in drei Schritten jeweils mit ihrer Unterschrift den obigen Rechtsvorgang wie folgt:

[1.] Rebekka, die zweite Frau R. Eleasars, hat einen Teil ihrer Ketubba von der Ruine (החורבה), die zwischen den Häusern des R. Mordechai (ר׳ מנחם בר׳ מרדכי) und R. Josefs, Sohn R. Jakobs (ר׳ יוסף בר׳ יעקב), liegt, eingezogen. Um die Versorgung der oben genannten Waisen zu sichern, wurde dieses Grundstück jedoch durch Gericht und Vormund mit allem Zubehör verkauft.

[2.] Rebekka hat ihre Ketubba von dem Haus "Zum Mist" eingezogen und es den Söhnen R. Jakobs, R. Josef und R. Alexander verkauft. Die ebenfalls erhaltene Heiratsverschreibung an der oben genannten Ruine (החורבה) hat sie R. Menachem (ר׳ מנחם) und R. Josef.

[3.] Gemeinsam mit dem Haus "Zum Mist" haben R. Josef und R. Alexander zudem das neben dem Tanzhaus gelegene Gebäude samt Hof, das zum Erbe der fünf Waisen zählte, erworben.

(1) Namensvariante nach lateinischer Parallelüberlieferung.

(2) Ergänzung nach lateinischer Überlieferung.

(3) Nennung der Ehefrauen nur in lateinischer Überlieferung.

(4) Unpräziseres Datum des zweiten lateinischen Eintrags: 1286 August.

Überlieferung:

Köln, HASt, Schreinsbücher, Nr. 107, fol. 10v, Orig., Perg.

Druck: Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre, Nr. 175 f., S. 59 f.

Literatur: Kober, Grundbuch (1920), S. 127; Keussen, Topographie 1 (1910), S. 213.

Kommentar:

Zum Kölner Judenschreinsbuch vgl. KS01, Nr. 1. Das Regest basiert vornehmlich auf der hebräischen Vorurkunde. Die beiden lateinischen Schreinsbucheinträge sind deutlich knapper gefasst. Sie gehen weder auf die beiden Heiraten des Erblassers noch auf die Ketubba Rebekkas, deren zweite Heirat oder die Verkäufe ihrer Anteile an der Ruine und dem Haus "Zum Mist" ein. Sie dokumentieren lediglich den Erbfall an die fünf Kinder aus zweiter Ehe sowie den Verkauf dieser Anteile an die Brüder Josef und Alexander. Ergänzend zur hebräischen Urkunde liefert der erste lateinische Eintrag die Information, dass auch Rebekka inzwischen verstorben sei.

(bel./mno./rba.) / Letzte Bearbeitung: 21.06.2011

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, KS01, Nr. 55, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KS01/CP1-c1-01ph.html (Datum des Zugriffs)

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