Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 73

1312 November 5, Osnabrück

Bischof Engelbert II. von Osnabrück (Engelbertus dei gratia episcopus ecclesie Osnaburgensis) bekundet, dass er, falls irgendjemand die Schöffen und Bürger Osnabrücks auf Veranlassung der in Osnabrück lebenden Juden mit irgendwelchem Unrecht zu belasten beabsichtigt (si aliquis scabinos nostre civitatis aut cives occasione iudeorum in civitate nostra Osnaburgensi morantium tam presentium quam futurorum aliquibus iniuriis gravare voluerit), er dies mit Unterstützung durch seine Bürger abwehren werde (hoc nos tamquam principales de civium nostrorum consilio et auxilio pro nostris viribus fideliter defendemus). Da ihm aus vielfacher Klage die Nachricht zugegangen ist (quod ex multiplici querimonia ad nostram pervenit notitiam), dass die Juden zur schweren Belastung der Christen übermäßige Zinsen von diesen abzupressen pflegen (quod iudei in christianorum grave dispendium usuras ab ipsis christianis nimias soleant extorquere), und Engelbert den Christen in dieser Sache Erleichterung zu schaffen wünscht (nos christianis in hoc condescendere cupientes), wird den Juden Osnabrücks und ihren Familien die Erlaubnis, Geld gegen Zins zu verleihen, nur erteilt, dass sie Christen, wenn diese Geld in einer Notlage von ihnen leihen, unter welchen Leihebedingungen auch immer - bei Pfandstellung oder Verpfändung von Pferden (iudeis in civitate nostra Osnaburgensi predicta morantibus tam presentibus quam futuris aut eorum familie, cuiuscunque conditionis existat, nullam prorsus damus licentiam aut facultatem aliquam exponendi suam pecuniam ad usuram, mandantes et districtius inhibentes iudeis eisdem, ut si christiani necessitate conpulsi ab ipsis iudeis vel eorum familia pecuniam receperint in quibuscunque mutui contractibus pignorum vel equorum obligationibus) -, nicht mehr als einen Pfennig je Mark in der Woche an Zins anfallen soll (non plus quam de qualibet marca ad septimanam unum denariorum (1) recipiant et non ultra). Bei Übertretung wird eine Strafe von fünf Mark fällig, die zwischen dem Bischof und der Stadt gleichmäßig zu teilen sind (quicunque autem iudeus contrarium fecerit et excesserit, pro tali excessu dabit quinque marcas inter nos et scabinos civitatis nostre equaliter dividendas). Der Aussteller kündigt sein Siegel an.

Datum anno domini MᵒCCC duodecimo, die dominico proximo post festum Omnium sanctorum.

(1) Das entspricht - die Mark mit 12 Schillingen à 12 Pfennigen angesetzt - einem jährlichen Zinssatz von ca. 36%, sofern es zu keinen Zwischenabrechnungen kam. Zum Münzfuß Osnabrücks vgl. Kennepohl, Münzen (1938), S. 25 f. Der Höchstzinssatz für die Osnabrücker Juden wurde 1319 zu identischen Konditionen von den Schöffen der Stadt Osnabrück erneuert (NO01, Nr. 89).

Überlieferung:

Osnabrück, LA, Dep. 3 a 1 III C, Nr. 38, Orig., lat., Perg.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 04.05.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 73, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-003g.html (Datum des Zugriffs)

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