Judenbetreffe in Synodal- und Konzilsstatuten (1273–1347)

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Synoden und Konzilien 1, Nr. 10

1310 Mai 11-13, Mainz, Mainz

Die Statuten des unter dem Mainzer Ebf. Peter von Aspelt (1306-1320) tagenden Provinzialkonzils von 1310 nehmen in Bezug auf die Juden die Beschlüsse der Diözesansynode Ebf. Werners von Eppstein von ca. 1274/75 (vgl. SK01, Nr. 1) sowie des in Aschaffenburg abgehaltenen Mainzer Provinzialkonzils von 1292 auf (vgl. SK01, Nr. 5) und ergänzen diese um eine Bestimmung des Liber sextus. (1)

Wie bereits einst im heiligen Konzil (2) mit höchster Autorität festgelegt wurde, ist beschlossen worden, dass es Juden nicht erlaubt ist, christliche Untergebene unter dem Vorwand der Ernährung der Kinder (Ammen) weder für diesen Dienst noch aus einem anderen Grunde in ihren Häusern zu halten (Item cum in sacro concilio olim sacratissime sit statutum, ne (3) Iudei sub alendorum puerorum obtentu, nec pro servitio nec pro qualibet alia (4) causa, christiana mancipia (5) habere permittantur in domibus suis). (6) Exkommuniziert werden Christen, die sich anmaßen, mit jenen (Juden) zu wohnen, da diese wegen des beständigen Umgangs und der fortdauernden Vertrautheit den Geist der einfältigen Christen zu ihrem Aberglauben und Unglauben oder ihrer verfluchten Unmäßigkeit leicht hinlenken können. Daher beschließen wir, dass innerhalb von zwei Monaten nach der Publikation dieses Statuts alle Christen unserer Kirchenprovinz, die in den Häusern der Juden unter welchem Vorwand auch immer wohnen, sich aus diesen Häusern entfernen und niemals dorthin zurückkehren (Et quod excommunicentur Christiani, qui cum ipsis presumpserint habitare, cum ipsi propter continuam conversationem et assiduam familiaritatem ad suam superstitionem et perfidiam execrabilem incontinentiam (7) possint simplicium Christianorum animos de facili inclinare [ …] statuimus, ut omnes Christiani nostre provincie sub quocumque pretextu Iudeorum in domibus habitantes, infra duos menses post publicationem huius statuti de Iudeorum domibus, nunquam postmodum reversuri (8), recedant). (6) Alle dagegen handelnde Christen sollen exkommuniziert werden und auch andere Christen so lange am vertraulichen Umgang und am Handel mit den Juden gehindert werden, wie diese sich anmaßen, Christen in ihren Häusern zu halten (Alioquin Christiani contrarium facientes per sententiam excommunicationis percellantur, et alii Christiani tam diu a Iudeorum familiaritate et commercio arceantur (9), quamdiu Iudei huiusmodi Christianos in domibus suis presumpserint retinere). (6)

Wir beschließen, dass wir ein Statut Papst Bonifaz' VIII. veröffentlichen: (10) Demgemäß soll gegen jene Christen, die zum Glauben der Juden übergetreten oder zu diesem zurückgekehrt sind, vorgegangen werden wie gegen Häretiker. Dies gilt auch für jene (zum jüdischen Glauben) Zurückkehrende, die als Kinder oder aus Todesfurcht getauft wurden, sofern sie dazu nicht schlechthin gezwungen worden waren. (Statuimus, immo (11) statutum Bonifacii publicamus, ut contra (12) Christianos, qui ad ritum transierint vel redierint (13) Iudaeorum, etiam si huiusmodi redeuntes, dum erant infantes aut mortis metu, non (14) tamen precise (15) coacti baptizati fuerint, tamquam contra (12) hereticos […] procedatur).

Hoc sacrum concilium Domini archiepiscopi Petri Moguntinensi habitum est Moguntie anno Domini millesimo trecentesimo decimo, feria II. III. et IV. post Dominicam, quam cantatur Jubilare Deo). (16)

(1) Das Aschaffenburger Provinzialkonzil ist lediglich aus der Handschrift des Mainzer Provinzialkonzils von 1310 bekannt. Zum Text der von der Aschaffenburger Versammlung übernommenen Statuten vgl. SK01, Nr. 5. Die von der Diözesansynode 1274/75 übernommenen Artikel werden, da sie sprachlich marginal von der Handschrift der Statuten des Mainzer Provinzialkonzils von 1310 abweichen, im Wortlaut wiedergegeben.

(2) Es handelt sich vermutlich um Kanon 23 des dritten Laterankonzils von 1179 (= X.5.6.5).

(3) In der Handschrift steht ut.

(4) In der Handschrift ist noch ein de eingeschoben.

(5) Zum Bedeutungsgehalt von mancipia vgl. SK01, Nr. 3.

(6) Diese Bestimmung befindet sich bereits im Mainzer Provinzialkonzil von 1274/75; vgl. SK01, Nr. 1.

(7) In der Handschrift steht incontinentium.

(8) In der Handschrift steht reversi, während die Edition in den Concilia Germaniae die Form reversuri enthält.

(9) In der Edition steht coerceantur.

(10) In der Edition steht imo.

(11) Vgl. Kommentar.

(12) In der Handschrift fehlt contra.

(13) In der Edition steht transiverint vel redierint, in der Handschrift transierunt vel redierunt.

(14) Im Unterschied zum angegeben Druck fehlt non in der Handschrift.

(15) In der Handschrift steht preciose. Der Liber Sextus hat die Variante absolute aut precise.

(16) Datumzeile fehlt in ms., hier laut Concilia Germaniae. Nach Johanek, Synodalia, Bd. 1, S. 71 f., dürften die Statuten schon am ersten Tag des Konzils veröffentlicht worden sein.

Überlieferung:

Mainz, StadtA, 13/1, ohne Blattzählung [S. 49-52 des Konzilstexts], Abschr. (14. Jh.), lat., Perg.; Konstanz, StadtA, Einbandfragmente (Folioangabe abgeschnitten).

  • Concilia Germaniae 4, S. 174-225, hier: S. 208-210.
  • Johanek, Synodalia 1 (1978), S. 14-76, bes. S. 68-76;
  • Maurer, Inskriptionen (1967), S. 338-346;
  • Kehrberger, Provinzial- und Synodalstatuten (1938), S. 4-28.

Kommentar:

Die Statuten des Mainzer Provinzialkonzils 1310 wiederholen sämtliche Beschlüsse des Aschaffenburger Konzils von 1292 hinsichtlich der Juden; vgl. . Unter der wohl später hinzugefügten Kapitelüberschrift De familia [sic] iudeorum. Ex concilio domini Petri folgen ergänzende Bestimmungen. Ein weiterer - mit De hiis qui ad ritum Iudeorum transeunt. Ex eodem concilio überschriebener - Beschluss, in dem dieselben Massnahmen gegen jüdische Konvertiten und wieder zum angestammten Glauben zurückgekehrte Juden wie gegen Häretiker bestimmt werden, geht auf das Mandat Turbato corde Papst Clemens' IV. aus dem Jahre 1267 zurück, das im Liber Sextus des explizit im Mainzer Text erwähnten Papstes Bonifaz VIII. (1294-1303) kodifiziert und 1298 promulgiert wurde; vgl. Liber Sextus, Lb. V, Tit. 2, cap. 13, Sp. 1075. Die Bestimmungen des Konzils von 1302 werden hingegen nicht wieder aufgenommen; vgl. SK01, Nr. 7.

(rri.) / Letzte Bearbeitung: 31.07.2015

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, SK01, Nr. 10, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/SK01/CP1-c1-00kl.html (Datum des Zugriffs)

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