Quellen zur Geschichte der Juden in den schwäbischen Reichsstädten Esslingen, Nördlingen und Ulm (1273–1347)

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Schwäbische Reichsstädte (Esslingen, Nördlingen, Ulm) 1, Nr. 47

1342 Juni 20, München

Kaiser Ludwig der Bayer erlässt folgende Bestimmungen, damit Juden und Christen in der Reichsstadt Nördlingen wieder fridlicher mit einander leben: (1) Die in Nördlingen lebenden Juden sollen zwei oder drei Fleischbänke haben, die Juden bench heißen. Vieh schlachten dürfen sie entweder in ihren Häusern oder an diesen Fleischbänken. Das Fleisch der geschlachteten Tiere dürfen sie ausschließlich under den selben iren benchen und nicht an den Fleischbänken der Christen verkaufen. Ferner wird bestimmt, dass niemand Fleisch, das die Juden geschlachtet haben, an den Fleischbänken der Christen verkaufen darf, weder heimlich noch öffentlich. Wer dies dennoch tut, muss für jedes Rind ein Pfund Haller, für jedes Kalb 60 Haller und für jedes Schaf oder jede Ziege ebenfalls 60 Haller Strafe an die christliche Stadtgemeinde zahlen. Ein flaischman, der Fleisch von Juden geschlachteten Viehs kauft, es einsalzt oder anderem Fleisch beimengt und es heimlich oder öffentlich an Christen verkauft und der von zwei, drei oder vier Meistern, die darüber befinden, überführt wird, muss die oben genannte Strafe zahlen und wird zusätzlich für ein Jahr der Stadt verwiesen. Wenn ein Auswärtiger (gast) Fleisch von Vieh, das die Juden geschlachtet haben, in die Stadt einführt, darf er dieses ausschließlich an den Fleischbänken der Juden verkaufen. Wer gegen diese Bestimmung verstößt, muss die vorgeschriebene Strafe zahlen. Schließlich erlaubt Kaiser Ludwig den Nördlinger Juden, zu jeder Zeit in der Stadt und auf dem Land Vieh zu kaufen, als vil si bedürffent. (2) Siegelankündigung des Kaisers.

Der geben ist ze Muͤnchen an donerstag vor sant Johans tag ze sunwenden, nach Christus geburde driuzehen hundert iar, darnach in dem zwai und vierzigstem iar, in dem acht und zwainzigistem iar unsers richs und in dem fuͦmfzehenden des keisertuͦms.

(1) Vermutlich sind also Auseinandersetzungen zwischen Juden und Christen vorausgegangen, worüber die Quellen allerdings keine weiteren Auskünfte geben.

(2) Die explizite Erlaubnis, Vieh zu erwerben, deutet möglicherweise darauf hin, dass die Nördlinger Juden wie viele ihrer Glaubensgenossen im Viehhandel tätig waren; vgl. zum jüdischen Viehhandel im Mittelalter Mentgen, Studien (1995), S. 553-557. Zur Tätigkeit jüdischer Fleischer vor 1350 generell vgl. Maier, Tätigkeitsfelder (2010), S. 63-76.

Überlieferung:

Nördlingen, StadtA, U 2953, Orig., dt., Perg.; ebd., Bestand Ordnungen und Rechte, fol. 29r-30r (15. Jh.); Augsburg, StA, MüB Reichsstadt Nördlingen, L 1, fol. 29r-30r (16. Jh.).

  • Acta imperii inedita 2, Nr. 638, S. 387.
  • Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern 5, Nr. 283, S. 134;
  • Dokumentation zur Geschichte der Juden in Schwaben, S. 1071;
  • Moser, Kanzleipersonal (1985), S. 148;
  • Urkunden der Stadt Nördlingen, Nr. 170, S. 54;
  • Regesten zur Geschichte der Juden in Deutschland, S. 45, Nr. 141.
  • Maier, Tätigkeitsfelder 2010), S. 76;
  • Dohm, Juden (2006), S. 44 f.;
  • GJ 2, 2, S. 593;
  • Müller, Aus fünf Jahrhunderten 1 (1898), S. 10 f.

(chs.) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, SR01, Nr. 47, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/SR01/CP1-c1-01dj.html (Datum des Zugriffs)

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