Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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281 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 37.

Thüringen/Sachsen 1, Nr. 37

1287 März 4, Erfurt

Heinrich, Erzbischof von Mainz, verzichtet auf alle Forderungen, die er bis zum gegenwärtigen Tag (den hutigen tac, des da ist do man zalt von gotes geburte tusent zwei hundert vnde siben vnd ahzich jar, an dem vierden tage dez mandes dez mertzen) (1) gegenüber Rat, Bürgern und Gemeinde von Erfurt erhoben hat. Weiter verzichtet er auf alle bis zum gegenwärtigen Tag vorgebrachten Ansprüche und Forderungen gegenüber den Juden zu Erfurt, sei es um ihren Kirchhof oder ihre Synagoge und alle anderen Dinge (den Juden zu Erphorte, ez si umbe iren chirchof oder umbe ir sÿnagogen unde ander alle sache). Der Erzbischof will nie wieder diese Forderungen stellen und will den besiegelten Brief einhalten, den die Juden von Erfurt von seinem Vorgänger Werner innehaben (wir wellen och den selben juden von Erphorte den brief, den sie habent under unsers vorvaren bischof Wernheres seligen unde unsers capitels insigele, stete halden zu der zit, als der brief geschriben ist). Ebenso verspricht Erzbischof Heinrich die Einhaltung der Briefe, welche sein Vorgänger Werner den Bürgern von Erfurt erteilt hat, nämlich den Brief, nach welchem die Fleischhauer und die Brotbäcker vor dem Richter des Erzbischofs anzuklagen sind, und den Brief über die Änderungen des Münzhauses und der Ordnung der Münzerhausgenossen. Erzbischof Heinrich behält sich das Recht an der Gerichtsbarkeit, an den Ämtern und am Eigentum der Mainzer Kirche vor. Dies sollen die Bürger von Erfurt bis zum nächsten St. Martin (2) schriftlich bestätigen. Danach können die Bürger ihre Briefe über ihre Bürgschaft wieder zurückgeben. Abschließend kündigt der Erzbischof sein Siegel an.

Diz geschach zu Erphorte, nach dem vorgenanten jaren, dy dem tage als davor geschriben ist.

Rückvermerk:

1) Aᵒ 1287 4 martii; 2) H. Bruder Henrich Ertzbischoff in Maintz, daß er nach aller Unwillen und forderung so derselbe ahn die von Erffurd und die daselbst wohnende Jüden gehabt (neuzeitlich); 3) Signaturvermerke

(1) 1287 März 4.

(2) 1287 November 11.

Überlieferung:

Erfurt, StadtA, 0-0/A VI 1, Orig., dt.

  • UB Erfurt 1, Nr. 367, S. 239 f.;
  • Auswahl der ältesten Urkunden, Nr. 14, S. 35 f.;
  • Jaraczewsky, Geschichte (1868), S. 14 f. (dt. Übers.);
  • Falckenstein, Civitatis Erffurtensis Historia 1 (1739), S. 122 (dt. Übers.).
  • Regesta archiepiscoporum Maguntinensium 2, Nr. 54, S. 431
  • Lämmerhirt, Friedhof (2013), S. 14;
  • Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 339;
  • Ruf-Haag, Juden (2009), S. 43-45;
  • Wolf, Erfurt (2005), S. 161 f. und 246-248.

Kommentar:

Die Forderungen gegenüber den Juden wegen Friedhof, Synagoge und anderer Sachen könnten die Grundstückszinsen oder darüber hinausgehende Abgaben meinen; vgl. Ruf-Haag, Juden (2009), S. 44; Lämmerhirt, Friedhof (2013), S. 14. Darüber hinaus nimmt der Vertrag Bezug auf die 1262 von Erzbischof Werner veranlasste Eingrenzung der Münzerhausgenossen auf 16 Personen, auf die Errichtung neuer Münzstätten durch den Rat und auf die 1263 vom Rat durchgesetzte Auflösung der Fleischer- und Bäckerinnung. Die erwähnte Bürgschaft wurde 1282 gegenüber Erzbischof Werner geleistet und betraf unter anderem die Anerkennung der erzbischöflichen Rechte in der Stadt, Wolf, Erfurt (2005), S. 152-155 und 218.

Eine als Formular überlieferte Urkunde von einem Erzbischof H. ist wohl ebenfalls Erzbischof Heinrich II. zuzuschreiben und steht möglicherweise in Zusammenhang mit der hier vorliegenden Urkunde oder stammt zumindest aus dem gleichen Jahr (TW01, Nr. 35). Jaraczewsky, Juden (1868), S. 16, erwähnt eine nicht näher spezifizierte, "in der Magistrats-Bibliothek aufbewahrte handschriftliche Chronik", die er selbst für wenig zuverlässig hält; danach hätten sich die Amtsträger Erzbischof Heinrichs bei dessen Einzug in die Stadt im Frühjahr 1287 (hier datiert auf 1281) bei diesem darüber beschwert, dass "die Juden ihnen nicht genug geben und dass Bürger und Rath Dörfer an sich kauften und der Clerisei keine Güter mehr zukommen lassen". Daraufhin sei als Kompromiss der Verzicht Heinrichs auf ältere Forderungen gegenüber der Stadt wegen der Juden beschlossen worden.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 37, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/CP1-c1-00n7.html (Datum des Zugriffs)

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