Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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Thüringen/Sachsen 1, Nr. 92

1306 Juni 20

Richmar und Gottschalk, Marktmeister und Ratsmeister zu Erfurt, sowie die Erfurter Ratsleute Konrad Hotterman, Dietrich von Halle, Heinrich von Biltersleben, Thilo von Saxa, Dietrich von Lublin, Reinhard von Gotha, Konrad von Luttersborn, Günther Emche, Rudger von Schwansee, Gottschalk Kerlinger, Heinrich von Stolberg, Rudolf von Nordhausen, Nikolaus von Biltersleben, Ludwig Rex, Konrad von Bechstedt, Gunther von Schmira, Berthold Kupferschläger, Dietrich von Raspenberg, Richmar Sartor, Hildebrand de Lapide, Heinrich von Molsdorf und Heinrich von Mecheln erklären, dass sie einen Brief der Dekane und des Kapitels der Mainzer Kirche mit folgendem Inhalt erhalten haben:

Otto, Dekan, Eberhard, Kantor, und das gesamte Kapitel der Mainzer Kirche wenden sich an den Rat und die Bürger in Erfurt: Seit langer Zeit lebt die jüdische Gemeinde Erfurt in der Stadt (cum universitas judeorum civitatis Erfordensis per multa tempora apud vos resideret) unter der Bedingung, dass für alle Dienste am Mainzer Erzbischof jährlich achtzig Mark reines Silber gegeben werden. Das Domkapitel bittet, dass die genannten Juden, für die Magister Konrad, der Propst von St. Marien in Erfurt, bereits 160 Mark reinen Silbers insgesamt gezahlt hat, in den Schutz der Stadt genommen werden, um sie zu verteidigen (in vestram protectionem recipiatis ipsosque defendatis). Dies soll ab dem Martinsfest (a festo sancti Martini) (1) für zwei Jahre und zu allen Freiheiten und Rechten gelten. Das Domkapitel verspricht, dass künftige Erzbischöfe den genannten Juden diese Freiheiten und Rechte wieder zusichern.

Datis sub anno domini Mᵒ CCCᵒ VIᵒ, pridie nonas maii.

Die Stadträte von Erfurt fügen hinzu, dass sie die Gesamtheit der Erfurter Juden in ihren und der Stadt Schutz nehmen (universitatem judeorum Erfordensium in nostram et civitatis Erfordensis protectionem) ab St. Martin (a festo sancti Martini) für zwei Jahre und zu allen Freiheiten und Rechten, die vom Mainzer Erzbischof gegeben wurden. Dies sagen sie für sich und ihre Nachfolger zu und kündigen das Siegel der Stadt Erfurt an.

Anno domini Mᵒ CCCᵒ VIᵒ XIIᵒ, kalendas iulii.

Rückvermerk:

1) 1306 12. kalendas julii (14. Jh.); 2) Confirmatio privilegiorum judaicorum a senatu factam (neuzeitlich); 3) 1306 Juni 20 (neuzeitlich); 4) Signaturvermerke.

(1) November 11.

Überlieferung:

Erfurt, StadtA, 0-0 / A XLVII, Nr. 3, Orig., lat.

  • UB Erfurt 1, Nr. 526, S. 368 f.
  • REM 1, 1, Nr. 897, S. 168;
  • Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer 1, Nr. 7248, S. 488.
  • Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 339;
  • Ruf-Haag, Juden (2009), S. 48-51.

Kommentar:

Die Übernahme des Schutzes durch den Erfurter Rat fällt sowohl in die Zeit der Sedisvakanz des Mainzer Erzbischofstuhls, als auch in den Zeitraum, in welchem die Stadt Erfurt in Streit mit den Burggrafen von Kirchberg lag. Dagegen setzten die Auseinandersetzungen mit dem Wettiner Friedrich erst später ein; Heinig, Mainzer Kirche im Spätmittelalter (2000), S. 439 f; Patze/Schlesinger, Geschichte Thüringens 2,1 (1974) S. 65-68; Ruf-Haag, Juden (2009), S. 49; Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 339. Bereits während der Verfolgung im nahen Weißensee 1303 erlangte die Erfurter jüdische Gemeinde durch eine Geldzahlung den Schutz des Rates (TW01, Nr. 78), und 1309 unterstützten die Erfurter Juden aktiv die Verteidigung der Stadt (TW01, Nr. 98); Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 339; Ruf-Haag, Juden (2009), S. 48 und 51 f.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 92, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/CP1-c1-00sb.html (Datum des Zugriffs)

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