Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

Zurück zur Übersicht

281 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 35.

Thüringen/Sachsen 1, Nr. 35

[zwischen 1286 Mai 15 und 1288 März 17]

H[einrich], von Gottes Gnaden [Erzbischof von Mainz], gewährt den Juden zu Erfurt die Gnade, dass sie außerhalb von Erfurts nicht vor geistliche oder von ihm eingesetzte Richter gebracht werden können (H. dei gratia etc. vobis Iudeis Erfordiae commorantibus […] quod extra civitatem Erfordensem per iudices ordinarios vel delegatos a nobis trahi ad iudicium non possitis). Werden sie gemeinsam oder einzeln angeklagt, so sollen ehrbare Männer (honestos viros . .1) kraft dieses Schriftstücks Richter sein, Recht sprechen und Zeugen laden. Dies soll nicht von den Geistlichen der Stadt durch andere Rechtsbriefe eingeschränkt werden. Die Juden können vor Gericht nur durch das Zeugnis von Christen und Juden überführt werden (concedimus vobis, quod convincere et convinci non possitis, nisi christianorum et judeorum testimonio), wie es von Recht und Gewohnheit üblich ist.

1) Lücke im Original

Überlieferung:

London, British Library, Arundel 240, fol. 112r., Abschr. (erste Hälfte 14. Jh.), lat.

  • Tabula formarum, Nr. 297, S. 199 f.
  • Nova Alamanniae 1, Nr. 271, S. 152 f., Anm.;
  • REM 1, 1, Nr. 2209, S. 432.
  • Levison, Aus Englischen Bibliotheken 1 (1907), S. 439, Anm. 4.

Kommentar:

Die vorliegende Urkunde gehört zum Anhang eines Würzburger Formularbuchs. Das Formularbuch findet sich auf fol. 49r-90v der Handschrift. Es folgen zwei Anhänge, deren erster auf fol. 90v-112r mehrere Formulare der Mainzer Erzbischöfe und ihrer Diözese enthält. Unter ihnen überwiegen die Urkunden des Mainzer Gerichts. Die Mainzer Urkunden wurden für das Formularbuch von einem Würzburger Redaktor bearbeitet. Nur vereinzelte Urkunden im Formularbuch sind datiert und fallen in den Zeitraum von 1303 bis 1323. Auch unter den undatierten Urkunden lässt sich keine in die Zeit nach 1324 datieren. Dies gilt ebenso für den ersten Anhang; Tabula formarum, S. IX und XIf.; Levison, Aus Englischen Bibliotheken 1 (1907), S. 429 f.

In der Edition wird die vorliegende Urkunde ebenfalls in die Zeit von 1303 bis 1323 datiert, obgleich bereits Levison Erzbischof Heinrich II., der am 15. Mai 1285 zum Erzbischof ernannt wurde und am 17. oder 18. März 1288 starb, als Aussteller vorschlägt; vgl. Levison, Aus Englischen Bibliotheken I (1907), S. 439, Anm. 4; Wolf, Erfurt (2005), S. 245 und 247. Der Herausgeber der Nova Alamanniae, Stengel, hält es für möglich, dass Heinrich II. mit dem vorliegenden Formular den Brief seines Vorgängers Werner für die Juden bestätigte, wie er es in einer Urkunde vom 4. März 1287 ankündigte (Nova Alamanniae 1, Nr. 271, S. 152). Dies ist insofern zu korrigieren, als im März 1287 nur die Einhaltung, nicht die Bestätigung von Werners Brief angekündigt wird. In einer zweiten, der Stadt erteilten Urkunde vom 4. März behält sich Heinrich aber ebenfalls unter anderem das Recht an der Gerichtsbarkeit der Mainzer Kirche vor; vgl. TW01, Nr. 37; Wolf, Erfurt (2005), S. 247. Das hier vorliegende Formular könnte somit durchaus in Zusammenhang mit den Anfang März 1287 von Heinrich in Erfurt getroffenen Regelungen stehen. Abgesehen davon sprechen auch die häufigen Aufenthalte Heinrichs II. in Erfurt im Jahr 1287 für die Datierung des vorliegenden Formulars in dieses Jahr; vgl. Wolf, Erfurt (2005), S. 246.

Relativ sicher scheint, dass das vorliegende Formular seinerseits als Vorlage diente für ein Privileg Balduins, Erzbischof von Trier, der ab 1328 als Verweser des Mainzer Erzstifts fungierte; vgl. TW01, Nr. 181.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 35, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/CP1-c1-00xt.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht