Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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281 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 28.

Thüringen/Sachsen 1, Nr. 28

[nach 1283 August 15]

Im Anschluss an das von Albrecht, Landgraf von Thüringen, bestätigte Stadtrecht der Stadt Eisenach mit 31 Artikeln, das sein Oheim Heinrich der Stadt gegeben hat, finden sich weitere neun hinzugefügte Artikel. Drei davon (Artikel 34-36) betreffen mögliche Rechtstreitigkeiten mit Juden:

[34] Wurde gestohlenes Gut bei einem Juden versetzt oder verkauft, soll dieser schwören, dass er von dem Diebstahl nichts weiß, soll das Geld ohne Zinsen zurücknehmen und das Pfand zurückgeben.

[35] Bei einem Streit um eine Kreditsumme oder um die Rückgabefrist soll der Jude sein Geld behalten, es sei denn, der christliche Schuldner kann ihn mit christlichen und jüdischen Zeugen überführen.

[36] Ein Jude kann einen Christen durch seine Zeugenaussage nur mit Juden und Christen überführen, und ein Christ kann einen Juden nur mit Christen und Juden überführen:

[34] Item: si res furtiva empta vel vadio deposita apud iudeum repertitur, ipse iuret, se nescire rem furtivam esse, et nummos suos sine usura recipiat et vadium reddat. [35] Si autem christianus apud iudeum pro pecunia vadium suum deposuerit, et in tempore redemptionis de summa pecuniæ vel de termino obligationis disensio inter eos oriatur, iudæus secundum legis suæ iustitiam pecuniæ præstitæ summam super vadium obtineat, nisi christianus testimonio christianorum et iudæorum illum manifesto convincat.

[36] Item: iudæus christianum testimonio non vincat, nisi cum christianis hominibus pariter et iudæis; christianus nempe iudæum testimonio non vincat, nisi iudæi intersint, et homines christiani e converso.

[34] Die vierunddreißigste weiße: Ist das ein gestolen ding gekaufft oder zu pfande gesetzt bei eim judenn fundenn wirdt, so sol er schwerenn, das er nicht wiße, das das ding gestolenn waß, und sol seinen pfenning wieder nehmen ohne gesuch und das pfandt wiedergebenn.

[35] Die fünfunddreißigste weise: Ist es, das ein christ bei eim juden ein pfandt fur geldt versazt hatt, und ein zwitracht zwischen ihnenn entstehet umb die summa oder umb die zeitt der saczung, der judenn nach der gerechtigkeitt seines gesayz mag die geleiste summa geldes uff das pfandt behaltenn, es sei dan, das der christ mitt gezeugnuß christen und judenn ihne offenbarlichenn uberwinde.

[36] Die sexunddreißigste weise: Auch sol ein jude einen christenn in gezeugnuß nicht uberwindenn dan mitt christenleutenn und mitt judenn, deßgleichen ein christ einen juden in gezeugnuß mitt judenn und christenn uberwinden sol.

Datierung der ersten 31 Artikel: Datum Lipziae […] anno domini millesimo, ducentesimo octogesimo tertio, in festo Assumptionis santissimae Mariae virginis.

Gegeben zu Lipzigk […] als man schreib nach der geburtt unsers Hern tausend zweihundert drei und achtzig jhar am tag der Himmelfartt der allerheiligsten jungfrauen Marien.

Die danach hinzugefügten Artikel, darunter die Artikel zu Judenbetreffen, enthalten keine Datierung und keinen Aussteller.

Überlieferung:

Eisenach, StadtA, 21.1, fol. 1-14, zu Juden 5v und 12v-13r, Abschr. 16. Jh., lat., und 17./18. Jh., dt. [A], dt. und lat.; Weimar, ThHStA, Eisenacher Archiv, Gesetze und Mandate, Nr. 1, fol. 2-12, hier: fol. 10v-11r, (Abschr. 16. Jh.); Jena, Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek, Ms prov. f. 138 (28), fol. 333r-338r, hier: fol. 337v-338r (Abschr., 17 Jh.)

  • Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha, Walthershausen, Nr. 6, S. 3-15, hier S. 14 f.;
  • Gaupp, Deutsche Stadtrechte (1851), S. 198-204
  • Paullini, Historia Isenacensis (1698), S. 57-62;
  • Deutsche Stadtrechte, S. 100-106.
  • Inventarium diplomaticum historiae Saxoniae Superioris, Sp. 139.
  • Lämmerhirt, Anfänge (2015), S. 68 und 84;
  • Lämmerhirt, Juden (2007), S. 16;
  • Brunner, Von der Judengasse (2003), S. 13;
  • Magin, Status (1999), S. 255 und 394;
  • Brunner, Jüdisches Leben (1997), S. 14;
  • GJ 2, 2, S. 863;
  • Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha, Walthershausen, S. 19*;
  • Gaupp, Deutsche Stadtrechte (1851), S. 193-198.

Kommentar:

Datierung und Ausstellungsort finden sich in der lat. Abschrift zwischen Artikel 31 und 32, in der dt. Abschr. ganz am Schluss. Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha, Walthershausen, S. 13 f. setzen diesen Passus in der deutschen Fassung ebenfalls hinter Artikel 31. Dass die Artikel zu Juden erst nach dem 15. August 1283 zu datieren sind, blieb von Magin, Status (1999), S. 255 und 394, und Lämmerhirt, Anfänge (2015), S. 68 und 84, wie auch in GJ 2, 1, S. 198, unbemerkt.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 28, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/CP1-c1-02pt.html (Datum des Zugriffs)

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