Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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Thüringen/Sachsen 1, Nr. 4

1273 Februar 1, Arnstadt

Gunther [VII.] und Gunther [VIII.], Brüder, Grafen zu Käfernburg, erklären in den Auseinandersetzungen mit Heinrich, Abt des Klosters Hersfeld, wegen der Besitzungen und Rechte in Arnstadt und den umliegenden Dörfern, die dem Kloster und Abt gehören, zum einen und dem Vogteirecht, das die Grafen von ihrem Vater Gunther [VI.] übernommen haben, zum anderen: Der Abt behält alle Einkünfte und Besitzungen des Klosters und das sogenannte Marktrecht, während die Grafen das Vogteirecht inne haben.

Der Abt überlässt den Grafen das Schloss in Arnstadt als Eigentum und erhält dafür einen Teil der Abgaben aus dem Haus, in dem Hering und Leinen verkauft werden, sowie von den Brotbänken. Bußgelder der Arnstädter Bürger nach Störung des Friedens teilen sich die bischöflichen und gräflichen Beamten. Zugunsten der Münze in Arnstadt werden die Grafen alle weiteren Münzstätten ausgenommen der in Ilmenau schließen. Bezüglich der Pfarrkirchen und Kapellen sowie der weltlichen Lehen und des Rechts der Ministerialen wollen die Grafen keine Ansprüche erheben. Ausgenommen sind gemeinschaftlichen Dienste.

Auseinandersetzungen zwischen den Leuten der Grafen und der Abtei innerhalb oder außerhalb Arnstadts sollen nicht zu Schäden an Personen oder Eigentum führen.

Alle mit Einkünfte oder Bußen in Geld oder anderen Mitteln aus Schultheißen- oder Vogteigerichten von Christen oder von Juden (a xpianis quam a judeis) innerhalb oder außerhalb der Stadt gehen zu gleichen Teilen an den Abt und die Grafen (inter saepedictum dominum nostrum abbatem et nos equali diuidi debeant porcione).

Werden Schultheißen- und Vogtamt in einer Person vereinigt, müssen sie Abt und Grafen gleich dienen. Besetzt eine der Seiten ein Amt, muss die andere Seite zustimmen. Die Einkünfte der Ämter werden gleichmäßig verteilt. Das Zoll- und Münzamt, mit dem die Grafen zur Hälfte belehnt sind, wird gemeinsam verpachtet.

Weder der Abt noch die Grafen wollen die gemeinsamen Besitzungen verkaufen, verpfänden oder verpachten. Andernfalls muss binnen Jahr und Tag Ersatz beschafft werden. Wird einer des oben Genannten beschuldigt, soll er der Schuld überführt werden oder sich durch einen Eid davon reinigen können.

Alle Untertanen des Abtes, die ohne dessen Einspruch ein Jahr und einen Tag in Arnstadt leben, sollen dauerhaft das Bürgerrecht erhalten. Der Abt und seine Nachfolger sollen in Arnstadt ohne Einwilligung der Grafen kein festes Gebäude errichten.

Die Vereinbarung wird durch einen Schwur auf Reliquien bestätigt.

Zeugen sind Werner, Erzbischof von Mainz und Verweser der Fuldaer Kirche (Fuldensis ecclesie procurator), Albrecht, Landgraf von Thüringen, der Onkel der Aussteller (patruus noster) Graf Hermann von Orlamünde (1), ihr Onkel (avunculus noster) Graf Gunther von Schwarzburg, der Ältere (1), Graf Friedrich von Beichlingen, der Ältere, der Graf Heinrich von Honstein, Graf Albrecht von Rabenswald, der Onkel der Aussteller (patruus noster) Albrecht von Gleichenstein (1), Graf Albrecht von Gleichen, Graf Otto von Lutterberg sowie die Ritter Heinrich und Kunnemund, Brüder von Molschleben, Heinrich, genannt Wendepfaff, Dietrich von Wüllersleben, Otto von Arnstadt, Rudger von Fockendorf, Dietrich und Gunther, Brüder von Bösleben, Otto von Gisleben und andere. Die Siegel der Aussteller und weiterer Adeliger werden angekündigt.

Anno incarnacionis dominice millesimo ducentesimo, septuagesimo tercio, kalendas februarii.

Rückvermerk:

1) der von Kevernburg brieff uber Arnstete, der entscheide brieff zwischen unsern hern von Hersfelt und den von Kevernburg, wy syß halde sulden umb isliches recht in der Stat Arnstete (13./14. Jh.); 2) A 1272 (14./15. Jh.); 3) Arnstete A 2 (neuzeitlich)

(1) Im UB Arnstadt Nr. 37, S. 16-19, stehen jeweils nach den Verwandtschaftsbezeichnungen zusätzliche Trennungszeichen, was nicht dem Original entspricht und Bezüge zu den falschen Personen herstellt. Im vorliegenden Regest wurden die Verwandtschaftsbezeichnungen wie im Original jeweils vor die zugehörigen Namen gesetzt.

Überlieferung:

Marburg, StA, Urk. 56, Nr. 95, Orig.; www.monasterium.net/mom/DE-HStAMa/UrkHersfeld/95/charter (Digitalisat), lat., Perg.; ebd., Urk. 56, Nr. 96 (Abschr., 13. Jh.); (vgl. TW01, Nr. 5).

  • UB Arnstadt, Nr. 37, S. 16-19;
  • Rechtsdenkmale aus Thüringen, S. 22-25.
  • Regesta Thuringiae 4, Nr. 882, S. 127 f.;
  • Regesten zur Geschichte der Juden im Fränkischen und Deutschen Reiche, Nr. 760, S. 321.
  • Lämmerhirt, Anfänge (2015), S. 72;
  • Patze/Schlesinger, Geschichte Thüringens 2, 1 (1974), S. 149;
  • Rechtsdenkmale aus Thüringen, S. 5-9;
  • Hesse, Arnstadt’s Vorzeit (1842), S. 26-29.

Kommentar:

Die Abschrift findet sich auf der Rückseite einer Klage Abt Heinrichs von Hersfeld gegen Graf Gunther von Käfernburg wegen Vertragsbruchs, vgl. TW01, Nr. 5. Auch in den folgenden Jahrzehnten kam es zu weiteren Streitigkeiten; Patze/Schlesinger, Geschichte Thüringens 2, 1 (1974), S. 149.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 4, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/TW-c1-000t.html (Datum des Zugriffs)

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