Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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Thüringen/Sachsen 1, Nr. 73a

1301 [nach April 28]

Der Autor der zwischen 1340 und 1349 kompilierten Cronica Reinhardsbrunnensis schreibt: Im Jahre 1301 (eodem anno) (1) trat am Vitalistag (28. April) Abt Markward von Reinhardsbrunn (Marquardus abbas Reynersbornensis) zurück. Einmütig wurde der Prior Hermann (Hermannus dictus de Czimmern) gewählt, der das Amt aufgrund der Not und der Armut der Kirche (sciens penuriam paupertatemque ecclesie) zuerst ablehnte, dann aber schließlich doch annahm und von Erzbischof Gerhard von Mainz sowie dem Bischof von Merseburg (2) geweiht wurde. Die Schulden des Klosters betrugen 2.300 Mark. Was jedoch noch schwerer wog, war der Umstand, dass die Summe täglich durch Zinszahlungen an Christen und Juden um eine Mark reinen Silbers anstieg (Nam summa debitorum, qua ipsa ecclesia obligata erat, duo milia marcarum et tunc CCC marce erant, et quod magis fuit, omni die usura supercrescebat tam apud christianos quam quod iudeos marca puri argenti). Da die Abtei weder über mobilen noch immobilen Besitz, der hätte verkauft werden können, verfügte, und auch alle mobilen Wertgegenstände verpfändet waren, nämlich ein silbernes Kreuz, acht große Kelche, goldene Ampullen, silberne Weihrauchfässer, Bücher, Kaseln und purpurne liturgische Übergewänder (scilicet crux argentea, VIII calices maiores, ampulle auree, thuribula argentea, libri, casule, cappe purpuree) (3), begnügte sich der neue Abt damit, die wenigen und zudem auch wenig ertragreichen Felder bei der Abtei sorgfältig zu bewirtschaften und die große Not zu ertragen. (4)

(1) Der Eintrag nimmt Bezug auf die vorhergehende Textpassage: Anno domini MCCCI.

(2) Heinrich IV. (1300-1319). Nach Römer, Reinhardsbrunn (2012), S. 1261, sei Abt Hermann II. bereits im Jahre 1300 auf Markward (1280-1300) gefolgt.

(3) Es wird nicht explizit gesagt, dass die Wertgegenstände bei Juden verpfändet waren.

(4) Dem bis 1329 amtierenden Abt Hermann II. gelang der Rückerwerb zahlreicher verpfändeter Güter der Abtei; vgl. Römer, Reinhardsbrunn (2012), S. 1261.

Überlieferung:

Hannover, Nieders. LB, Ms. XIII, Nr. 753, fol. 409r/v, Abschr. (15. Jh.), lat.

  • Cronica Reinhardsbrunnensis, S. 643;
  • zu älteren Editionen vgl. die Einleitung von Holder-Egger.

Kommentar:

Zur Cronica Reinhardsbrunnensis vgl. MZ01, Nr. 21, Kommentar. Der Eintrag gehört zu den wenigen eigenständigen Reinhardsbrunner Nachrichten, die seit dem späten 13. Jahrhundert Eingang in die Chronik fanden. Die schlechte wirtschaftliche Situation des Konvents nach dem Klosterbrand von 1292 ist auch anderweitig bezeugt; vgl. Römer, Reinhardsbrunn (2012), S. 1261.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 06.01.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 73a, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/TW-c1-004y.html (Datum des Zugriffs)

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