Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273-1347)

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Bm. Würzburg 1, Nr. 208

1318 Mai 2, Würzburg

Am 2. Mai 1318 (an dem nehesten dinstage nach der Osterwochen) erklären der Ritter Gottfried von Dettelbach und Konrad von Hemmersheim (Godfrit fon Tetelbach der ritter vnd er Cvnrat fon Hemmersheim) vor dem Würzburger Landgericht, dass sie nach Auskunft zweier Schuldbriefe gegenüber [den Juden] Süßmann von Wimpfen und Simon von Bingen (gegen Suzmanne fon Wimpfen vnd gegen Symon fon Bingen) für die Brüder Kraft und Gottfried von Hohenlohe (hern Kraftes fon Hohenloch vnd ern Godfrides sines bruders) als Bürgen fungieren. (1)

(1) Randvermerk: Suzman und Symon.

Überlieferung:

Würzburg, StadtA, Ratsbuch 58, fol. 8r, Orig., dt., Perg.

  • Würzburger Landgericht, Nr. I-81.

Kommentar:

Vom Würzburger Landgericht sind zwei Protokollbücher aus dem 14. Jahrhundert überliefert. Das ältere Landgerichtsbuch 1 im Stadtarchiv Würzburg (Ratsbuch 58) enthält unter dem neuzeitlichen Titel „Ältestes Würzburger Landgerichtsprotocoll“ auf 62 fol. nach Datum sortiert insgesamt 838 verschiedene Einträge für die Zeit von 1317 bis 1334. (1) Das Landgerichtsbuch 2 im Staatsarchiv Würzburg (Standbuch 822) umfasst auf 158 fol. insgesamt 4007 Einträge in chronologischer Reihenfolge für die Jahre 1335 bis 1340. Die eingetragenen Fallbeschreibungen enthalten meist schematisch das Datum des Prozesstages, die Streitparteien, den Gegenstand des Verfahrens sowie das vom Landgericht erlassene Urteil. Im Landgerichtsbuch 1 sind die Kurzüberschriften und Datierungen teilweise in deutscher und lateinischer Sprache abgefasst, die Haupttexte durchgängig auf Deutsch. Auf fol. 59 bis fol. 62 sind zusätzlich Achtlisten in lateinischer Sprache aufgezeichnet. Im Landgerichtsbuch 2 wechseln sich Deutsch und Latein als Sprachen ab.

Das Würzburger Landgericht hatte seinen Ursprung in der herzoglichen Gerichtsgewalt des Bischofs von Würzburg im unterfränkischen Raum. Der räumliche Zuständigkeitsbereich entsprach weitgehend dem Würzburger Hochstift. Die Landrichter waren geistlichen Standes und wurden vom Bischof eingesetzt, in dessen Namen sie ihr Amt ausübten. Unter den in der Regel sieben Schöffen waren gleichermaßen Ministerialen und Bürger vertreten. Die Urteile des Landgerichts stützten sich auf das Gewohnheitsrecht. Die Protokollbücher dienten dabei auch als Sammlungen von Musterfällen, auf die sich das Gericht stützen konnte. Das Landgericht befasste sich hauptsächlich mit Besitz- und Erbangelegenheiten. Als weltliches Gericht war es ursprünglich für Edelfreie und Ministerialen zuständig. Seit dem Spätmittelalter wurden jedoch zunehmend Klagen von Bauern, Stadtbürgern, Handwerkern, Kaufleuten und Juden verhandelt. (2)

Jüdische Kläger riefen das Gericht meist zur Belangung von säumigen Geldschuldnern und deren Bürgen an. Für Klagen von Juden gegen Christen war ausschließlich das Landgericht zuständig. Christliche Kläger gegen Juden wurden vom Landgericht meist an jüdische Gerichte weiterverwiesen, oder der Klageweg konnte vor beiden Gerichten eingeschlagen werden (vgl. WB01, Nr. 272 vom 14. März 1326). Zeugenaussagen und Beweisführung hatten dann vor beiden Instanzen zu erfolgen (mit dem cristen for dem lantrichter vnd mit dem juden for der juden schule, vgl. z. B. den Eintrag vom 22. Mai 1318: WB01, Nr. 210). (3) Das Landgerichtsbuch 1 verzeichnet für die Zeit von 1318 bis 1334 insgesamt 151 Einträge mit jüdischer Beteiligung. Im Landgerichtsbuch 2 von 1335 bis 1340 sind es 205. Die Identifizierung der Personen und Ortsnamen in der Edition erfolgt überwiegend gemäß dem von Michael Schäfer für das Landgerichtsbuch 1 erstellten Register. (4) Seine Auflösungen der Datumsangaben wurden ebenfalls übernommen, Korrekturen sind kenntlich gemacht. Eventuell nötige Rückbezüge auf vorangegangene Einträge wurden dabei ebenfalls nachgewiesen, lediglich die Einordnung in das entsprechende Jahr erfolgt beleglos. (5) Die Datierung der Einträge erfolgt dabei in der Regel nach dem eigentlichen Verhandlungsdatum; wird nur ein in der Zukunft liegendes Fristdatum genannt, wird mittels der umliegenden Fälle der zeitliche Kontext zur Einordnung herangezogen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur der Sonntag und höhere kirchliche Feiertage als am Landgericht verhandlungsfreie Tage gelten dürfen. (6) Die Juden dürften auch höchstwahrscheinlich nicht an Schabat vor Gericht geladen worden sein; zumindest lässt sich in den Würzburger Landgerichtsbüchern an keinem Samstag eine jüdische Präsenz vor Gericht nachweisen.

(1) Ausführliche Handschriftenbeschreibung in: Würzburger Landgericht 1, S. 149-170.

(2) Ebd., S. 37-148.

(3) Ebd., S. 64 f.

(4) Ebd., S. 318-353.

(5) Zur Datumsangabe vgl. ebd., S. 157.

(6) Dazu ebd., S. 121 f. und 131.

(bkr.) / Letzte Bearbeitung: 06.05.2015

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, WB01, Nr. 208, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/WB-c1-0032.html (Datum des Zugriffs)

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