Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1348-1390)

Zurück zur Übersicht

548 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 51.

Ebm. Mainz 2, Nr. 46

1356 März 11, Eltville

Erzbischof Gerlach von Mainz bekundet, dass er Bendit, Davids Sohn von Sinsheim, Bendits Sohn Jakob sowie deren Frauen, Kinder und Gesinde als Juden und Bürger in seinen und des [Erz-]Stifts Schutz aufgenommen hat. Sie dürfen in einer seiner ihm jetzt oder erst zukünftig gehörenden Städte wohnen nach freier Wahl. Gerlach verspricht ihnen umfassenden Rechtsschutz gegenüber jedermann und dass er einschreitet, falls ihnen Gewalt angetan werden sollte. Die Juden sind gemäß dem Judenrecht völlig frei, ihr Geld und Gut auszuleihen, und müssen sich rechtlich gegebenenfalls ausschließlich vor dem Erzbischof oder dessen beauftragtem Richter verantworten. In Fällen, in denen Leib und Gut betroffen sind, können sie ohne das Zeugnis zweier unbescholtener, im Erzstift ansässiger christlicher und jüdischer Bürger nicht verklagt werden. Von anderen mainzischen Juden dürfen sie weder durch Anleihen, Abgaben noch Gesetze belästigt werden. Der Erzbischof will ihnen dabei helfen, rechtmäßig durch Dokumente oder mündliches Zeugnis bewiesene Schuldforderungen geltend zu machen, und darauf verzichten, die Juden gegen ihren Willen durch Anleihen, Abgaben oder in anderer Weise zu beschweren. In den zwei Jahren ihrer Ansässigkeit im Erzstift nach der Ausstellung vorliegender Urkunde wird kein Zins von ihnen gefordert. Wenn es den genannten Juden oder einem von ihnen nicht mehr zusagt, unter dem Erzbischof zu wohnen, kann er ungehindert wegziehen und erhält dazu dessen Geleit in Mainz bzw. auf einer Strecke von sechs Meilen von dort aus. Abschließend garantiert der Aussteller, die Juden nicht fallenzulassen, wenn sie von Widersachern verleumdet werden, ihnen insbesondere gegen Missgunst und Unrecht seitens Engelhards von Hirschhorn Hilfe zu leisten, und sie in allen Dingen getreulich zu verteidigen.

Wir, Gerlach etc., bekennen etc., daz wir zuͦ iuͦden und zuͦ burgern enphangin han und in unsern und unsers stiftes schirm und gnade gentzlich genomen Benditt[en], Davids son von Sonsheim, und Iacoben, des selbin Bendits son, und ire wip .. kint und gesinde, ane alle geverde, und han wir yn die gnade getan, daz sie mogent wonen und sitzen in unsern steten, die wir ytzunt innehan odir noch gewinnen, wa yn allir bequemliches ist. Wir wollen auch die vorgenanten iuden und ir gesinde ane alle geverde schirmen, schuren, virsprechen und beholfen sin wieder allirmenlichen und vur alle gewalt, und wa yn gewalt geschee, dar wieder wollen wir sin und yn helfin und sie ledigen, ane alle geverde. Ouch sollent und mogent die vorgenanten iuden lyhen ir gelt und guͦt, weme sie wollen und wie sie wollen und war off sie wollen, als iuͦden recht und gewonheit ist. Wir han auch den vorgenanten iuden fryheit gebin und fryhen sie in diesem brieve, wer yn zuͦ zesprechen hat odir zuͤ sprechen will, daz sie nyͤmann antwerten sollen dan vor uns odir wen wir yn zuͦ eime richter gebin. Und ensal sie auch nymand beredin noch irzuͦgin dann mit zwein bedirben, ununbesprochen geseszin unsir burger, cristen und iuden, umb kein sache, die yn geschaden mochte an libe adir an gude. Ouch ensollent sie unsir andir iuden nit besueren mit lyhen, mit gebin, mit keinirley gesetze, als die iudscheid mit gewonheide odir von rechtis wegin mit einandir zeschaffen hant. Wir wollen auch den vorgenanten iuden ire scholt, des sie brieve und kuntschafft han und da sie recht zuͦ hant, getruwelichen helfen vordern und in gewinnen, ane alle geverde. Ouch enwollen wir die egenanten iuden odir nyman von unsern wegin besueren mit lihen noch mit gebin odir mit keinen stucken, daz wiedir iren willen sij, und han yn auch die gnade getan, daz sie zwey iar nach gift diesses briefes fry und ledig undir uns sitzen sollent ane alle geschosz. Und .. wan den egenanten iuden odir ir eime nit me fugit undir uns zuͦ woͤnen odir zuͦ sine, so sollen und mogen sie von uns faren ane alle beswernisse unsir und der unsern und wollen sie darzuͦ geleidin zuͦ Mentze odir sehss mylen wegs dannen, ir lip und ir guͦt, war sie wollen, ane alle geverde. Ouch wollen wir die vorgenanten iuden nit begebin durch keinirley sache willen, die uns gesagit mag werdin von ire wiedirsachen, und mit namen, abe Engilhart von dem Hirtzhorn ungunst odir unrecht an sie legen wulde, so wollen wir yn beholfen sin und sie nit begebin durch sinen willen noch durch nyͤmans willen, als sie recht han, und sie truwelichen virantwerten in allen sachen, an alle geverde. Des zuͦ urk[und] etc. Datum Eltevil, sexta feria ante dominicam Invocavit, anno domini Mᵒ CCCᵒ Lsexto. (1)

(1) Ein mit diesem großzügigen Schutzbrief fast identisches Privileg erhielten Bendit und sein Sohn David am 10. Mai 1357 vom Pfalzgrafen bei Rhein, Ruprecht I. (WO02, Nr. 29).

Überlieferung:

Würzburg, StA, Mainzer Ingrossaturbuch 4, fol. 192v-193r, Abschr. (leicht gekürzt, 14. Jh.), dt. und lat., Papier.

  • Ziwes, Studien (1995), Nr. 8, S. 283;
  • REM 2, 1, Nr. 568, S. 136.
  • Ziwes, Studien (1995), S. 136, Anm. 198, und S. 147 f., Anm. 246;
  • Salfeld, Geschichte (1916), S. 155.

(gem.) / Letzte Bearbeitung: 01.02.2017

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, MZ02, Nr. 46, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ02/MZ-c1-005x.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht