Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Worms (1348-1390)

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Bm. Worms 2, Nr. 54

1367 November 1, Heidelberg

Pfalzgraf Ruprecht d. Ä. [I.] bekundet, dass er alle leprakranken (feltsiechen) Juden, die seine Hintersassen werden, mitsamt Gesinde, Knechten und Mägden, die, egal ob gesund oder krank, in ihren Diensten stehen oder stehen werden, mitsamt ihren Gütern auf drei Jahre ab Datum der Urkunde in seine Gnade, seinen Schutz und zu Bürgern aufgenommen (zuͦ burgere genomen) hat und aufnimmt. Ihren Niederlassungsort, an dem sie auf dem Felde wohnen sollen in der Pfalzgrafschaft, hat Ruprecht ihnen bestimmt. Er begnadet sie mit allen Rechten und Freiheiten, die auch seine gesunden Juden haben, doch müssen die Leprösen sich absondern und dürfen keine Gemeinschaft mit anderen pfalzgräflichen Leuten haben (uzgenomen, daz die siechen iuden sich myden und abewesen sollen, daz sie mit wandelhunge und zuͦsprachunge dheyne gemeinschaft unsern luden in unsern landen tuͦn noch haben). Die Vormünder (truwenhelder) der siechen Juden, namentlich Ruprechts Jude Lebelange (Lebenlange), und andere Pfleger und Boten derselben, sie seien Juden oder Christen, sind bevollmächtigt, in der Pfalzgrafschaft oder anderswo nach Belieben für die Leprakranken Unterstützung einzuwerben (der selben siechen iuden nuͦtz und fromen zuͦ werben). Auf ihren Wegen genießen sie dabei denselben Rechtsschutz des Pfalzgrafen wie dessen andere Juden. Sollte jemand die kranken Juden oder ihre Diener, Vormünder, Pfleger oder Boten durch Worte oder Werke unrechtmäßig schädigen, ist der Übeltäter dem Pfalzgrafen mit Leib und Gut verfallen, wenn er sein Hintersasse sein sollte; ist er das nicht, wird Ruprecht sich darum bemühen, dass er für sein Vergehen bestraft wird. Es wurde vereinbart, dass der erste feldsieche Jude, der in die Pfalzgrafschaft zieht, dafür die nächsten drei Jahre jeweils 200 Gulden, zuerst am nächsten Georgstag (1) und in den Folgejahren zu Weihnachten (2), als Gülte in Heidelberg an den Pfalzgrafen oder dessen Vogt dort bezahlen soll. Falls zu dem ersten leprösen Juden innerhalb der drei Jahre weitere ziehen wollen, so wird auch diesen der Schutz des Pfalzgrafen zugesichert, wenn sie ihm in dieser Zeit alljährlich einen Zins in Höhe von 25 Gulden zahlen. Ihr erstes Jahr soll für sie acht Tage nach ihrem Eintreffen beginnen, die Zinspflicht startet in dem auf ihre Ankunft folgenden Monat. Für die verlässliche Bezahlung dieser Gelder haftet dem Aussteller sein in Weinheim (Wynenheim) ansässiger Jude Lebelange. Über diesen Zins hinaus werden weder der Pfalzgraf noch dessen Amtleute oder andere Personen in seinem Namen den kranken Juden, ihrem Gesinde, ihren Pflegern oder ihren Boten irgendetwas unter Zwang abfordern. Wie andere Kurpfälzer Juden auch genießen die leprakranken das Recht des freien Zuges. Wenn sie davon Gebrauch machen wollen, haben sie Anspruch auf das Geleit des pfalzgräflichen Amtmannes zu Heidelberg bis in die Stadt, in der sie sicher sind. Sollte innerhalb der nächsten drei Jahre einer der leprösen Juden versterben, wird Ruprecht keinerlei Forderungen mehr dessentwegen erheben, falls der von diesem geschuldete Zins bezahlt wurde. Stirbt hingegen der erste dieser Juden, der 200 Gulden pro Jahr zahlen muss, geht dessen Zinspflicht auf den Juden über, der nach ihm ankam oder ankommen wird, doch muss er statt 200 nur 150 Gulden im Jahr zinsen und künftig nicht mehr die früher für ihn festgelegten 25 Gulden. Seinem Juden Lebelange will der Pfalzgraf ein Schreiben (botebrieve) zukommen lassen, um damit bei seinen Juden in der Pfalzgrafschaft, aber auch bei Juden in anderen Landen für die Förderung der leprösen Juden gemäß der Vorschrift des jüdischen Rechts (als sich daz nach iudischem recht heischet) zu werben. Reagieren die Juden darauf aber nicht und Lebelange muss finanzielle Verluste tragen, wie er durch einen jüdischen Eid bekennt, so gewährt ihm der Pfalzgraf die Gnade, in jedem Verlustjahr statt der 200 für den als ersten gekommenen kranken Juden nur 100 Gulden und statt der jeweils 25 für die anderen siechen Juden nur 20 Gulden entrichten zu müssen, so oft dies nötig wird.

Datum Heidelberg, die Omnium sanctorum, anno domini MᵒCCCᵒLXᵒseptimo.

(1) April 23.

(2) Dezember 25.

Überlieferung:

Karlsruhe, GLA, Best. 67, Nr. 806, fol. 111v-112r, Abschr. (leicht gekürzt, gleichzeitig), dt. und lat., Papier.

(Gerd Mentgen) / Letzte Bearbeitung: 02.10.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, WO02, Nr. 54, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WO02/WO-c1-0011.html (Datum des Zugriffs)

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