Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Worms (1348-1390)

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137 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 42.

Bm. Worms 2, Nr. 42

1365 November 13, Heidelberg

Pfalzgraf Ruprecht [I.] bekundet, dass er seinen Juden Lebelange mit Ehefrau, Kindern und Gesinde aus besonderer Gnade in seinen Schutz als Bürger in seiner Stadt zu Heidelberg oder in anderen seiner befestigten Orte am Rhein aufgenommen hat, je nachdem wo er wohnen möchte, mit allen Rechten, Frei- und Gewohnheiten seiner übrigen Juden. So darf er Kredite gegen Pfänder vergeben, sofern es sich bei letzteren nicht um Messgewänder, zerbrochene Kelche, blutige oder nasse Kleidung oder noch mit Spreu versehenes Getreide handelt. Vor Gericht soll er nicht verurteilt werden können, wenn nicht ehrbare Christen und ehrbare Juden gegen ihn aussagen, die nicht seine Feinde sind. Lebelange genießt das Recht des freien Zuges, sofern er seinen fälligen Zins entrichtet hat. Wenn er möchte, wird ihm sodann der oberste pfalzgräfliche Amtmann Geleit geben zu der Stadt, in der er sicher ist. In Schuldangelegenheiten wird ihm Rechtshilfe gewährt. Darüber hinaus erhält er die Erlaubnis, in Heidelberg oder anderswo am Rhein eine Jeschiwa zu gründen nach dem Vorbild anderer Rabbiner in den Reichsstädten. Die Schüler sollen dann als Gäste denselben Schutz des Pfalzgrafen geniessen wie dessen andere Juden. Wollen solche Studenten Geld verleihen, müssen sie dem Pfalzgrafen dafür Abgaben leisten. Ebenso wie Lebelange dürfen sie jederzeit wieder wegziehen. Diese Freiheiten werden Lebelange auf sechs Jahre ab dem Datum der Urkunde gewährt. Dafür muss der Jude jedes Jahr pünktlich zu Weihnachten 20 Pfund Heller Speyrer oder Wormser Münze an den Vogt des Pfalzgrafen zu Heidelberg bezahlen.

Wir, Rupr[echt] etc. bek[ennen] und dun kunt off[enbarliche] mit disem br[if] vor uns und unser erben, daz wir Lebelangen, unserm [!] iuden, sine husfrauwe, sine kinder und sin ingesinde, die in sime brode sint, ane geverde von unsern besundern gnaden in unser gnade, schirm und zuͦ burger in unser stad zuͦ Heidelberg oder in andern unsern sloszen bij dem Rine, wo er wonen wil, genomen unde enpfangen haben, nemen und enpfahen mit disem br[if], daz sie sollent haben und nyeszen aller rechte, friheite und gewonheite als ander unser iuden, die in unsern landen geseszen sint, mit namen daz er mag lihen off alle pfand, wie die genant sint, usz genomen messegewand, zuͦbrochen kelche, blutiges gewant, nasz gewant und alle ungewannete frucht. Auch ensal yn nyemand uberzuͦgen umbe dieheinerley sache, ez ensij danne mit fromen cristen und fromen iuden, die sine finde nicht ensin, ane geverde. Auch mag er von uns farn, wanne er wil, wanne er uns unsern zins gereichet hat, den er uns verseszen hat. Dar zuͦ sal yn unser oberster amptman geleiden an die stad, do er sicher ist, ane allez geverde, ob er des begeret. Man sol auch yme rechtes helfen umbe sine scholt, ane geverde. Wir geben auch dem selben obgenanten iuden Lebelangen soliche friheit, daz er in unser stad zuͦ Heidelberg oder anders wo in unserm lande, wo er sitzen wil an dem Ryne, ane geverde, eyne schule haben mag in aller der masze, als andere homeistere der iudden in des richs steden duͦnt. Und waz iuden zu siner schulen koment, daz geste sint, die sollent auch in unserm schirme sin als ander unser iuden, ane geverde. Werez auch, daz der selben schuler eyner oder me gelt werden usz lihen, die sollen uns do vone dienen, als billich und muͦgelich ist. Und mogent auch von uns farn, wanne sie wollen, in den rechten als der vorgenante Lebelange. Und dise obgenante gnade und friheit sollent yme verliben und weren sehs iar nach eynander von disem hutigen dage ane zuͦ zelen, ane geverde. Und durch der selben gnaden und friheide willen sal uns und unsern erben der obgenante iude Lebelange ie des iares in den sehs iaren zwentzig pfunde heller Spirer oder Wormeszer werunge dienen unde sie iares off wynachten unserm vogte zuͦ Heidelberg geben unde antwerten ane allen furzog und geverde. Mit urkunde diz br[ifs,] vers[igelt] mit unserm anhang[enden] ingesigel. Datum Heidelberg, quinta feria post Martini, anno domini MᵒCCCᵒLXᵒ quinto.

Überlieferung:

Karlsruhe, GLA, Best. 67, Nr. 806, fol. 66r/v, Abschr. (leicht gekürzt, gleichzeitig), dt. und lat., Papier.

(Gerd Mentgen) / Letzte Bearbeitung: 02.10.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, WO02, Nr. 42, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/WO02/WO-c1-0012.html (Datum des Zugriffs)

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