Walter von Geroldseck und seine Söhne schulden dem Straßburger Juden Gumprecht 53 Pfund

04.06.2013, in:

1343 Mai 26

Freiburg, StadtA, A1 XIV von Tübingen (1343 V 26)

Walter von Tübingen, Herr zu Geroldseck, sein Sohn Georg, mehrere Ritter, Edelknechte und weitere Personen sowie (per Transfix) Heinrich von Geroldseck, ebenfalls ein Sohn Walters von Tübingen, bekennen, dem Straßburger Juden Gumprecht 53 Pfund Straßburger Pfennige zu schulden und ihm das Geld gemäß ihrem diesbezüglichen Eid am nächsten Lichtmesstag (1344 Februar 2) bezahlen zu wollen.

Die vorliegende Urkunde gehört zum Teilcorpus „Elsass“, das demnächst auf der Homepage eingestellt wird.

Überl.: Freiburg, StadtA, A1 XIV von Tübingen 1343 Mai 26; Orig. Perg.; dt.; ungedr.

Regest: Geroldsecker Regesten, Nr. 546.

Wir Walther von T#;euwingen, herre z#;ou Geroltzecke, Gerge, sin sun, Walther von der Dicke, Hartman Waltpotte, Iohans von Hovewilre, rittere, Sweipbach, hern Iohans Schultheissen s#;oun von Gengenbach, Iohannes F#;oulkese, edele knechte, Herman Barg, Iohans von Wiler, Herman Springer, Iacob Bierer von Schutter, Iohannes Sifrid, Heinrich Sch#;eone, Heintze, Meger in fronhove, Heintze, der Petrin sun von Friesenheim, Heinrich Eicher unde Manegold Eicher von Oberwilre f#;euriehent unde t#;ount kunt allen den, die disen brief gesehent oder geh#;eorent lesen, daz wir unverscheidenlich schuldig sint rechter schulde Gumbrecht, eime iuden von Strazburg, drù unde f#;eunfzig phunde Strazburger phenninge genger und geber, die er uns geluhen het unde in unsern nutz gar unde gantz komen sint. Die phenninge geloben wir ime unverscheidenlich oder sinen erben oder dem, der disen brief inne het, ze geltende uf den eit, den unser ieglicher an den heiligen mit uf gehobenre hant gesworen het, z#;ou geltende uf der liechtmesse tag, der n#;eu zehest [!] kumet. Unde setze unde geibe ich, der egenante Gerge, mit willen unde geheize des vorgenanten mines vatter allez korn, daz mir z#;ou den ernen, die n#;ou ze nehest kument, vellet z#;ou Offenburg von dem zehenden, den ich do habe von miner closterlehen wegen von Strozburg, ez si weize, rocke oder gerste oder haber, daz man ime oder sinem boten, den er dar z#;ou schicket, daz korn sol allezsament entwrten z#;ou Offenburg in die stat, in welez hus er wil, daz er des gewaltig si oder sine erben oder der disen brief inne het unde nieman anders untze uffe die liechtmesse, unf#;eurk#;uofet noch in denheinen weg abe getan, ane geverde. Unde so achte tage nach der liechtmesse f#;eurkoment, f#;euget ez ime oder sinen erben oder dem, der disen brief inne het, denne z#;ou f#;eurk#;uofende, daz sol er uns f#;eurkunden. F#;euget ez uns denne von ime nùt z#;ou l#;eosende, so sol er unde mag dar z#;ou nemen den lútpriester von Offenburg unde zwene andere biderbe man unde mag daz korn f#;eurk#;uofen. Unde waz do blibet, so ime ist von dem korne f#;eurgelten, daz sol uns behalten sin, breste aber ime, daz ime nùt m#;eochte do von werden f#;eurgolten, den bresten sùllent wir ime uf den eit, so wir, die egenanten personen, gesworen hant, uf ri#;echten. Teten wir des nút in den nehesten achte tagen dar nach, so wir darumbe von ime, sinen erben oder von dem, der disen brief inne hat, gemanet werden munt wider munt z#;ou huse oder z#;ou hove, mit botten oder mit brieven, so s#;oullent wir, die vorgenanten Walther, Gerge, Walther, Hartman, Iohans, Sweipbach und F#;oulkese, bi dem eide, den wir gesworen hant, selbe oder unser ieglicher einen knecht mit einem pherde an sine stat z#;ou Offenburg in die stat entwrten unde do z#;ou veilme k#;uofe leisten nach der stette gewonheit so lange, untze ime, sinen erben oder dem, der disen brief inne het, gar unde gantz von uns ist f#;eurgolten. Unde s#;oullent wir, die andern mitteschuldener, uns selbe bi geswornem eide in die egenante stat z#;ou Offenburg entwrten unde do leisten glicher wise, alse die vorgenanten unsere herren ane geverde. Ez ist #;uoch beret, wenne wir, die vorgenanten Walther von Geroltzecke unde Gerge, sin s#;oun, gebent vor der liechtmesse dem egenanten Gumprechte, sinen erben oder dem, der disen brief inne het, f#;eunf phunde oder zehen phunde oder zweinzig phunde Strazburger phenninge genger und geber oder me oder minre, so sol man uns des kornes geben nach der margzal, alse ez denne uffe deme merkete geltet, umbe die phenninge, die wir ime denne gebent oder sendent bi unserm botten ane alle geverde. Und beschehe ez, dz der egenante Gumprecht, sine erben oder der disen brief inne het, an dem korne bresten ge#;ewnnent, daz inen do von ire schulde nùt gar unde gantz m#;eochte f#;eurgolten werden, den bresten sùllen wir, die egenanten schuldener, unverscheidenlich erf#;eullen dar nach in den nehesten achte tagen, so wir darumbe gemanet werden, oder sùllent uf den eit allez daz t#;oun, dar z#;ou wir uns vor f#;eurbunden hant z#;ou t#;ounde unde z#;ou leistende, ane alle geverde. Beschehe ez, daz got wende, daz unser deheinre f#;eurbreche unde nút enleistete, alse do vorgeschriben stat, des lib unde g#;out sol er ane allen zorn angrifen unde phenden, untz ime gar unde gantz wrt fùrgolten. Neme #;uoch er, sine erben oder der disen brief inne het oder sine helfer der phandunge deheinen schaden, den sùllen wir inen ufrichten alse daz h#;uobtg#;out ane geverde. Ginge #;uoch unser deheinre abe, e denne ime wrde f#;eurgolten, do vor got si, so sùlhent die andern einen also g#;outen an des stat geben in einem manod dar nach, so sù dar umbe gemanet werden oder sùlhent aber uf den eit leisten glicher wise, alse do vor geschriben stat, ane alle geverde. Ez ensol die vorgenanten phandunge gan weder an geistlich noch an weltlich gerichte noch an den lantfriden noch en sol sich unser deheinre des angriffes schirmen noch weren, der angrif beschehe mit gerichte oder ane gerichte, ane geverde. Daz diz allez war si unde stete blibe, so han wir, die egenanten Walther, Gerge, Walther, Hartman, Iohans unde F#;oulkese, unsere ingesigele z#;ou eime urkùnde an disen brief gehenket. Unde wande wir, die vorgenanten Sweipbach unde die andern schuldener, nùt eigenre ingesigel hant, so f#;eurbinden wir uns under der egenanten herren ingesigele, stete z#;ou hande, waz wir an disem brieve hant gelobet ane geverde. Wande #;uoch ich, der egenante Hartman Waltpotte, mich nùt f#;eurbinden getan bi mime gestabeten eide, alse do vor geschriben stat, so gel#;uobe ich bi dem eide, den ich mime herren getan habe, stete zehande, waz do vor von mir geschriben stat an disem brieve. Der wart geben an dem nehesten mendage nach sante Urbans tage, do man zalte von gotz gebùrte drùzehenhundert unde drù unde vierzig iar.

[Transfix mit folgendem Wortlaut:]

Ich, Heinrich von Geroltzecke, hern Walthers s#;oun von Geroltzecke, dem man sprichet von T#;euwingen, gelobe mit disen brieve uf den eit, den ich darumbe mit uf gehabenre hant an den heiligen gesworen habe, alle die ding unde alle fùrbùntnisse stete zehande, die an dem brieve geschriben stant, durch den dirre brief zogen ist, in alle wise unde in allen weg, alse der egenante min vatter unde Gerge, min br#;ouder, unde die andern schuldener #;uoch do geschriben sich gegen Gumbrechte, dem iuden, sinen erben oder gegen dem, der disen brief inne het, f#;eurbunden hant ane geverde. Des z#;ou eime urkùnde, so habe ich min ingesigel an disen brief gehenket. Der wart geben an dem nehesten mendage nach sante Urbans tage, do man zalte von gotz gebùrte drùzehenhundert unde drù unde vierzig iar.

Kommentar:

Die Herren von Geroldseck verfügten im späten Mittelalter neben ihren umfangreichen rechtsrheinischen Landen und Gerechtsamen rund um die Burg Hohengeroldseck bei Lahr im Schwarzwald auch über Besitz im Ober- sowie im Unter-Elsass, in letzterem insbesondere in und um Erstein sowie westlich von Straßburg. (1) Im Jahr 1260 wurde ein Mitglied des Adelsgeschlechts, Walter von Geroldseck, Bischof von Straßburg, dem sein elsässischer Verwandter Heinrich von Geroldseck am Wasichen (2) im Jahr 1263 nachfolgte. Walters Pontifikat war geprägt durch einen über seinen Tod hinaus bis zum Friedensschluss der Stadt mit seiner Familie am 23. Juli 1266 (3) andauernden vergeblichen Kampf der Geroldsecker und ihrer Verbündeten gegen die Selbständigkeitsbestrebungen des Bürgertums in der Stadt Straßburg. Walter von Geroldseck, gen. von Tübingen (1302-1362), ein Großneffe Bischof Walters, (4) wagte ebenfalls eine direkte Konfrontation mit Straßburg, als er die wichtigsten Handelsrouten zu Lande und zu Wasser am Oberrhein von Erstein, Schuttern und seiner gewaltigen Burg Schwanau aus zu kontrollieren suchte. Einem Straßburger Aufgebot gelang es jedoch im Jahr 1333, sowohl die Stadt Erstein als auch Schwanau einzunehmen und zu schleifen. Dies hielt Walter von Tübingen indes nicht davon ab, sich wegen seines zweifellos großen Kreditbedarfs unter anderen auch an Juden in Straßburg zu wenden. Höchstwahrscheinlich gab es eine ganze Reihe von Darlehensaufnahmen dieser Art. Zum Beispiel hatte Walter im Dezember 1332 seine Bürger in Erstein um 12 Mark Silber an Juden – wohl solche aus Straßburg – verpfändet. (5) Laut vorliegender Quelle waren Walter von Tübingen und seine beiden Söhne Georg und Heinrich Schuldner des Straßburger Juden Gumprecht, bei dem es sich um Gumprecht von Offenburg handeln dürfte, der zum 4. Dezember 1338 als einer der deutschen Juden nachgewiesen werden kann, die damals mit Meister und Rat von Straßburg einen Vertrag schlossen. An dieser Identifizierung ist umso weniger zu zweifeln, als in dem Schuldbrief ausdrücklich Offenburg als Ort eventueller Erfüllung der darin vereinbarten Einlager-Pflicht bestimmt wurde, was darauf hindeutet, dass Gumprecht auch über das Jahr 1338 hinaus noch Beziehungen nach Offenburg hatte. Allerdings bestand auch im Falle Georgs von Geroldseck eine Verbindung zu Offenburg, insofern er Inhaber eines Lehens eines Straßburger Klosters war, das – vermutlich nur teilweise – aus einem Getreidezehnten in Offenburg bestand. Letzterer war die dingliche Sicherheit des Juden für seinen Kredit. Eine Woche nach dem nächsten Lichtmesstag, an dem die Schuld spätestens zu tilgen war, durfte der Jude das Korn, das ihm nach der Ernte bezeichnenderweise in ein von ihm anzugebendes Haus nach Offenburg zu liefern war, mit Hilfe des Offenburger Leutpriesters und zweier weiterer Christen verkaufen, um auf seine Kosten zu kommen. Regelungen dieser Art mit Getreide, Wein oder anderen Naturalien als Pfändern waren alles andere als ungewöhnlich, sind jedoch im Elsass im ersten Untersuchungszeitraum des Corpus-Projekts sonst nicht belegt. Die Urkunde erweist eindeutig, dass die Hauptschuldner der von dem Juden beanspruchten 53 Pfund Pfennige die Herren von Geroldseck, Walter von Tübingen und sein Sohn Georg sowie wohl auch Heinrich, waren, auch wenn mehrere adlige und nichtadlige Personen aus ihrem Verwandtenkreis (6) und Umfeld formal unterschiedslos als Mitschuldner genannt sind und sich die Einlager-Bestimmungen auf sämtliche Schuldner – also nicht nur auf etwaige Bürgen – beziehen. Von Rückzahlungen ist allerdings explizit nur in Bezug auf Walter von Tübingen und seinen Sohn Georg die Rede. Die einzelnen Regelungen zum Verkauf des Kornzehnten, zum Einlager und zur zusätzlichen Sicherung für den Gläubiger in Gestalt einer Erlaubnis zur Schuldpfändung sind sehr detailliert. Von möglichen Kreditzinsen ist nicht die Rede. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass in dem Betrag von 53 Pfund Straßburger Pfennigen schon Zinsen enthalten waren, insbesondere, falls es sich um eine Umschuldung gehandelt haben sollte. Ihre Verpflichtungen einzuhalten, war von den Ausstellern der Urkunde beschworen worden. Das gilt auch für Heinrich von Geroldseck, der anscheinend zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokuments nicht zugegen war und so am selben Tag noch diesbezüglich seine eigene kurze Urkunde fertigen ließ, die dann als Transfix dem ersten Schriftstück angefügt wurde.

Anm.:

(1) Vgl. BÜHLER, Herrschaft Geroldseck (1981).

(2) Zur Verwandtschaft der beiden Bischöfe vgl. EGAWA, Stadtherrschaft (2007), S. 119, Anm. 499

(3) Vgl. EGAWA, Stadtherrschaft (2007), S. 134, Anm. 13.

(4) Zu diesem Verwandtschaftsverhältnis vgl. die Stammtafel in BÜHLER, Herrschaft Geroldseck (1981), S. 169.

(5) Das Vorstehende nach FRIEDEL, Erstein (1927), S. 278-280.

(6) So war Walter von Tübingen zum Beispiel mit den von der Dicke verwandt; BÜHLER, Herrschaft Geroldseck (1981), S. 81, Anm. 94.

gem.

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