David Schnur erhält Förderpreis
Am 25. November 2015 wurde David Schnur, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Frankfurter Arbeitsstelle des Akademieprojekts „Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich“, für seine von Prof. Dr. Lukas Clemens und Prof. (em.) Dr. phil. Dr. h. c. Alfred Haverkamp betreute Dissertation zur Geschichte der Juden in Frankfurt a. M. und in der Wetterau im 14. Jahrhundert mit einem Förderpreis des Freundeskreises der Universität Trier ausgezeichnet. Die feierliche Verleihung des von der Stiftung Stadt Wittlich bereitgestellten und mit 2.000 € dotierten Preises erfolgte im Rahmen des „Dies academicus“.
In seiner Dissertation, die im kommenden Jahr in leicht gekürzter Fassung unter dem Titel "Geschichte der Juden in Frankfurt a. M. und in der Wetterau von den Anfängen bis um 1400" publiziert wird, untersucht David Schnur ausgehend von einer für nordalpine Siedlungsgebiete singulären Quellenüberlieferung – insgesamt wurden rund 14.000 zeitgenössische Belege aus 50 deutschen und europäischen Archiven ausgewertet – erstmals umfassend in Zusammenhängen die Geschichte der jüdischen Gemeinden und Siedlungen in Frankfurt und der Wetterau. Es handelt sich dabei um eine der bedeutendsten Zentrallandschaften des mittelalterlichen Reiches, in der Juden zudem weitgehend ohne Vertreibungen auch über die Wende zur Neuzeit kontinuierlich lebten. Neben den reichsstädtischen Judengemeinden in Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar werden systematisch auch kleinere Judenschaften adliger Herrschaften vergleichend in den Blick genommen. Der Untersuchungszeitraum setzt bereits mit der jüdischen Erstbesiedlung in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein und reicht bis ins beginnende 15. Jahrhundert. Durch die Wahl des Zeitraums wird die Untersuchung der Frage ermöglicht, in welchen Bereichen die Pestpogrome der Jahre 1349/50, die nahezu alle Judengemeinden im Reichsgebiet betrafen, zu Brüchen führten respektive welche Kontinuitäten in den christlich-jüdischen Beziehungen und im innerjüdischen Bereich auch über diese Zäsur hinaus wirksam waren. Darüber hinaus gestattet die einzigartige Quellendichte strukturelle sowie valide statistische Untersuchungen, die sich auf die demographischen Verhältnisse der jüdischen Gemeinde Frankfurts sowie auf die Strukturen der wirtschaftlichen Tätigkeit von Juden in der Geld- und Pfandleihe erstrecken. Entgegen der bisherigen Forschung zeigt sich hierbei, dass „jüdische“ und „christliche“ Geldgeschäfte auf vielfältige Weise ausgesprochen eng miteinander verflochten waren; so stellten Juden etwa für den reibungslosen Ablauf der auf den Frankfurter Messen abgewickelten Geldgeschäfte unter Christen entscheidende Sicherungsinstrumente und Reservefunktionen bereit.
Seit Januar 2015 ist David Schnur wissenschaftlicher Mitarbeiter des Akademieprojektes auf einer dem Seminar für Judaistik an der Goethe Universität Frankfurt a. M. angegliederten Arbeitsstelle. Nachdem er bereits im Jahr 2011 das Teilcorpus „Reichsstadt Frankfurt a. M. und Wetterau“ im Zeitraum zwischen 1273 bis 1347 auf der Website des Akademieprojektes online publiziert hat, sind die Arbeiten am zweiten Teilcorpus „Reichsstadt Frankfurt a. M. und Wetterau“, das die Jahre 1348 bis 1390 umfasst, nahezu abgeschlossen; die Publikation dieser rund 2.400 Datensätze auf der Projekthomepage ist für Frühjahr 2016 vorgesehen.