Teilcorpus „Frankfurt und die Wetterau (1348–1390)“ online

08.06.2018, in: Neuerscheinungen

Mit dem Teilcorpus „Frankfurt und die Wetterau (1348–1390)“ liegt nach dem „Erzbistum Mainz (1348–1390)“ nun ein weiteres Teilcorpus für einen Kernraum des Reiches in der zweiten Untersuchungsphase vor, das zudem die bislang bei Weitem dichteste Quellenüberlieferung aufweist.

"Denkmal des unbekannten Corpus-Mitarbeiters" (Trier, Dom St. Petrus) (Foto: Jörn R. Christophersen).

Das von Dr. David Schnur, ehemaligem Projektmitarbeiter auf der Frankfurter Dienststelle, bis zu seinem Ausscheiden wegen des Antritts eines Archivreferendariats im April 2016 weitgehend fertiggestellte Teilcorpus wurde Ende 2017 mit Ausnahme einiger fehlender Literaturhinweise abgeschlossen. Diese werden demnächst vom Autor ergänzt. Mit annähernd 15.000 Einzelbelegen in 2.377 Datensätzen erweist sich das Teilcorpus als das bislang bei Weitem umfangreichste des Projekts.

Die Überlieferungsdichte ergibt sich vor allem aus den zahlreichen seriellen Quellen, die aufgrund von Kriegsverlusten nur noch teilweise im Original überliefert sind, aufgrund der Edition der Frankfurter Quellen zur jüdischen Geschichte durch Kracauer und Aufzeichnungen im Nachlass von Hektor Ammann jedoch großteils erschlossen werden können. Die zahlreichen, trotz der Edition von Kracauer bislang von der Forschung weitgehend vernachlässigten Einträge in den Frankfurter Gerichtsbüchern sowie die nun erstmals als Edition vorliegenden Einträge zu Juden in den noch unpublizierten Friedberger Burggerichtsbüchern und im Babenhauser Gerichtsbuch bieten eine Fülle neuer Erkenntnisse. Diese betreffen die Siedlungs- und Migrationsgeschichte der Juden ebenso wie deren Geschäftspraktiken, berühren aber darüber hinaus zentrale Strukturmerkmale der christlichen Umgebungsgesellschaften sowie die materielle Alltagskultur.

Abgesehen von zahlreichen weiteren Erkenntnissen, hat David Schnur mit der systematischen Untersuchung der Quellen der Messestadt Frankfurt und ihres Hinterlands unter anderem den Nachweis erbracht, dass der jüdische Kredit selbst in erheblichem Maße der Absicherung anderweitig abgeschlossener Handelsgeschäfte und Zinsverträge diente. Die vollständige Erfassung der sogenannten „Judenschaden“-Klauseln zeigt, dass diese weit mehr als eine bloße Floskel im Urkundenformular darstellten. Vielmehr entstanden zeitweilig mehr als die Hälfte aller von Juden getätigten Geschäfte nachweislich wegen vorangegangener, aber ausgefallener und säumig gewordener Geldleihgeschäfte zwischen Christen. Die Funktion von Juden als „bad banks“ unterstreicht auch deren Wiederaufnahme in der insolventen Stadt Wetzlar nach den Pogromen von 1349 im Jahre 1382. Diese mussten sich verpflichten, nicht eingelöste Schuldbriefe gegebenenfalls anzukaufen, um die finanzielle Abwicklung von Kreditgeschäften sicherzustellen.

Mit den seit November 2017 online zugänglich gemachten 2.377 Regesten und Volltexten erhöhte sich die Anzahl der auf der Projektwebsite eingestellten Datensätze auf nunmehr 6.318.

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