Quellen zur Geschichte der Juden in Frankfurt und der Wetterau (1273–1347)
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Reichsstadt Frankfurt und Wetterau 1, Nr. 80
1316 Oktober 13, Frankfurt a. M.
Der Frankfurter Schultheiß Volrad, Ritter, die Schöffen und der Rat bekunden, dass die Frankfurter Judengemeinde den Eheleuten Wigand und Kuntzela Kolnhusen einen auf ihrer Synagoge, dem Schulhof, dem Friedhof und auf den dazugehörigen Häusern (uf ir scole unde scolhob, unde ir kirchob vor der stad unde die hus, die zu deme kirchobe horent) ruhenden Zins in Höhe von 28 Mark Kölner Pfennige weniger 32 Kölner Pfennige versetzt hat. Die Judengemeinde sieht aufgrund ihres großen Kummers und ihrer Schuldennot keinen anderen Ausweg, als den Verkauf des genannten Zinses (Das die gemeinschaf der iuden zu Frankenvord vor uns waren unde cleiden ir not unde irn kummer unde groze schuld […] des inkunden sie bessers nit vinden, noch erdenken). Der Zins soll jährlich am St. Michaelstag (29. September) oder in der darauf folgenden Woche beglichen werden (alle iar uf sente Mychels dag unde binnen den nesten achte dagen, die darnach volgint). Im ersten Jahr (1316) sollen sie den Zins - im ersten Jahr reduziert auf 16 Mark Kölner Pfennige - in der Woche zwischen Weihnachten und dem Neujahrstag zahlen (das erste ist, das sie nu zu wienachten suln gebn zu invarndeme zinse seszehn marc phenninge vorgenanter werunge, zuschen deme Cristdage unde deme iarsdage), da der Michaelstag bei Ausstellung der Urkunde schon vorüber war. Sollte die Judengemeinde den Zins nicht pünktlich zahlen, so soll Wigand Kolnhusen die Synagoge, den Schulhof, den Friedhof und die dazugehörigen Häuser schließen und solange geschlossen halten, bis die Juden gezahlt haben (so sol her Wigant ader sine erbin die vorgenanten die schole unde scholhob, unde kirchob in sine hant nemen unde besliezin, alse lange, bis das die iuden den zins verrichten). Für jede Woche Säumigkeit sollen die Juden vier Mark Kölner Pfennige als Buße zahlen (alse manig wuche, alse sie über rechte zit den zins versitzin, alse manige vier marc phenninge vornanter werunge gent daruf ze buse). Nach Ablauf von sechs Jahren hat die Judengemeinde die Möglichkeit, binnen den dann folgenden Jahren den Zins mit einem Mal (Me wanne die vornanten ses iar nach einander sint kumin fure unde vervaren, zu wilcher zit dan die iuden kumen zuschen Michaelstag unde Unser Vrowen dage, alse die messe zu Frankenvord aneget, binnen zehen iaren nach einander volgende, unde brengen dasselbe gelt, da der zins umme verkouft ist, gantz ader halb, unde bieden hern Wigande ader sine erbin umme einen wiederkouf des vornanten zinses, des insal he ader sine erbin den iuden nicht versein) oder in zwei Raten abzulösen (Were abir, das die iuden dis gelt nicht alles mochtin habn unde brechtins halb, so sal he in den zins halbin wider zu koufe gebin, aber in eime andern iare mugen sie das ander halbe deil des zinses widerkoufen binnin den zehin iaren in der zit). Sollte die Judengemeinde die genannten zehn Jahre verstreichen lassen, ohne den ganzen oder halben Zins zurückzukaufen, so kann der dann unausgelöste Zins nie mehr zurückgekauft werden (Were abir, das die iuden die vornanten zehen iar liesin furslichen ader also vervarn, das sie den zins nicht wider kouften weder gantz ader halbin zu allen den ziden, alse vor gesprochen ist, was dan dahinde blibe unwiderkouft, das blibet bi hern Wigande, also das die iuden beaster der zit niemer dekeines widerkoufes endurfin gedenken ewecliche ader ummermere). Beide Vertragsparteien - Judengemeinde und Eheleute Kolnhusen - geloben den Vertrag in all der Weise zu achten, wie es vorgenannt geschrieben steht (Ouch han sie beidersit geglobet, diesen kouf veste unde stede zu haldene, nach aller der rede, alse an dieseme geinwortigen brive stet gescrebin). Als Beglaubigung dient das große Stadtsiegel (unser stede groze ingesigile).
Da man zalte nach gotes geburt tusint iar unde druhundert iar, in deme seszehenden iare an sente Gallen abende.
Überlieferung:
Frankfurt, ISG, Juden Akten 369, Orig., dt., Perg.
- UB Frankfurt 2, Nr. 60, S. 62 f.;
- Baerwald, Der alte Friedhof (1883), S. 18;
- Kriegk, Bürgerthum (1871), S. 412.
- UB zur Geschichte der Juden in Frankfurt, Nr. 43, S. 13.
- Heil, Vorgeschichte (1991), S. 115 f.;
- Bund, Frankfurt im Spätmittelalter (1991), S. 132;
- GJ 2, 1, S. 239 f.;
- Kellenbenz, Juden (1963), S. 220;
- Kracauer, Geschichte der Juden 1 (1925), S. 22 f.;
- Kracauer, Aus der inneren Geschichte (1914), S. 22-24;
- Kracauer, Politische Geschichte (1911), S. 24 f.
Kommentar:
Vgl. hierzu auch die Urkunden FW01, Nr. 110, FW01, Nr. 114 und FW01, Nr. 150.
(dsc.) / Letzte Bearbeitung: 10.04.2017
Zitierhinweis
Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, FW01, Nr. 80, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/FW01/CP1-c1-01iy.html (Datum des Zugriffs)
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Einleitung
Ausführliche Informationen zu den Quellen zur Geschichte der Juden in Frankfurt und der Wetterau finden Sie in der Einleitung von David Schnur.