Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

Zurück zur Übersicht

250 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 62.

Bm. Konstanz 1, Nr. 62

[14. Jh.], Freiburg i. Br.

In einem Freiburger Stadtbuch, dem Roten Buch, befindet sich ein Judeneid aus dem 14. Jahrhundert. (1) Darin wird bestimmt, dass der betroffene Jude mit der Hand in der Thora (Und alle die wile so hebt der jude sin hant und leit sie in die funf buͦch moyses bis er geswert) bei Gott schwören soll, dass er der Anklage unschuldig sei (Jude als dich dirre kneht (2) ansprichet oder angesprochen het, des bisten unschuldig, als gewerlich als dir Got helffe, der geschaffen het himmel und erde, loub und graß, wasser und fuͤr, luft und dast und alle fruͤht). Beginge er jedoch einen Meineid, solle ihm nie mehr das heilige Gesetz zur Hilfe kommen, welches Gott Moses auf dem Berg Sinai in Form der Steintafeln gab. Auch sollen ihm nie mehr die heiligen Namen, die in den fünf Büchern Moses stehen, zu Hilfe kommen; stattdessen sollen, wenn er unter Eid lüge, ihn das Erdreich verschlingen, seine Seele nicht mehr mit der Seele anderer Juden (juden selen) (3) zusammen kommen und die zehn Gebote ihm ein Fluch sein (und ob du liegest in dem eide, so muͤsse dir niemer ze helffe komen die heilig e, die Got gap her moyses. uf dem berge sinay an der steinin tafelen, und ob du liegest in dem eide, so muͤsse dir niemer ze helffe komen die heiligen namen die da geschriben stant (4) in den funf buͦchern her Moyses, und ob du liegest in dem eide, so muͤsse dich das erterich verslinden, dz korin (5) verslant und sine geselschaft, und ob du liegest in dem eide, so muͤß din sele niemer komen zuͦ andern juden (3) selen, und ob du liegest in dem eide, dz dir ein fluͦch sie die zehen gebot, die Got gap).

(1) Im 'Roten Buch' befindet sich zudem ein weiterer Judeneid (vgl. KN01, Nr. 61). Der dortige Text ist jedoch deutlich schlichter gehalten und enthält keine Selbstverfluchungen. Darüber hinaus hat der einfachere der beiden Judeneide noch am 9. August 1356 Eingang ins Stadtbuch von Lahr gefunden, wobei ausdrücklich vermerkt wird, dass man diesen aus Freiburg im Breisgau erhalten habe; vgl. Bürgerbuch der Stadt Lahr von 1356, S. 45. Aufgrund dieser Befunde ist der umfangreichere und negativer formulierte Judeneid tendenziell in die zweite Hälfte des Jahrhunderts zu datieren. Der einfachere Text stammt hingegen mit großer Wahrscheinlichkeit noch aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts und ist sicher vor dem 9. August 1356 anzusetzen.

(2) Die Wortwahl ist ungewöhnlich. Vielmehr wäre die Bezeichnung 'man' zu erwarten (vgl. etwa KN01, Nr. 61). Mit Knecht ist vermutlich der Gerichtsdiener gemeint.

(3) Urkundliche Mittheilungen zur Geschichte der Juden am Ober- und Mittelrhein, Nr. 9, S. 190, hat 'in den'.

(4) Nach stant folgt ein gestrichenes d.

(5) Die biblische Figur Korach oder Korah (Num. 16 und 26).

Überlieferung:

Freiburg i. Br., StadtA, B 2, Nr. 1, S. 99, Abschr. (14. Jh.), dt., Perg.

(Michael Schlachter) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 62, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-0013.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht