Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 65

1301 November 29, Basel

Graf Hermann von Homberg bekundet, dass ihm vom Hof und Gericht (von hove und von dem gerihte) befohlen worden war, Graf Hermann [III.] von Sulz, Hofrichter König Albrechts [I.], über die Verhandlung zu Basel zwischen Graf Friedrich [III.] von Toggenburg dem Alten und dem Freiburger Juden Isaak Herr (Ysaachs Herren dez juden von Friburg) zu berichten. Beide Seiten waren zu Basel vor Gericht erschienen. Für den Grafen nahmen an der Verhandlung Peter der Schaler und Matthias der Reiche, Ritter von Basel, und für den Juden die Freiburger Hildebrand Spenli von Sponeck (1) und der Ritter (2) Walter Spörlein teil. Friedrich von Toggenburg brachte seine Anklage vor und benannte als Zeugen den anwesenden Juden Vivelin von Klingnau, Bruder Bischofs (3), den Graf Hermann von Homberg zur Aussage aufrief (Do greif grave Friderich von Toggenburg an sin gezûge, als er von hove gescheiden waz, und zoch sin warheit an Vivelin den juden von Klingenowe Bischofes bruͦder, von dem dû sache von erste ruͦrte, der da ze gegem waz in dem hove, da ich ze gerihte saz, und gebot deme juden mit urteil dristunt vûr mich, als da erteilt wart, daz er ein warheit seite, die er wûste ûber die selben sache). Vivelin weigerte sich jedoch auszusagen, weswegen er zur Mitteilung gezwungen werden sollte (der jude wolte vûr nût, do wart erteilet, daz ich in mit gerihte twingen solte). Allerdings wussten weder Graf Hermann von Homberg noch sonst jemand, wie man dies [gegenüber einem Juden] bewerkstelligen könne und solle (do konde mir nieman gesagen, wie ich in getwingen solte oder waz besserunge druber horte). Daher wandte sich Hermann von Homberg an seinen Namensvettern, den Grafen von Sulz, mit der Frage, wie er den besagten Juden und andere Juden, welche Graf Friedrich von Toggenburg noch als Zeugen benennen möge, zur Aussage zwingen könne (und dar umbe bit ich ûch, daz ir mir enbietent, wie ich den juden und ander juden getwingen sûlle, an die er sin warheit zûht). Danach setzt der Graf von Homberg seine Auskunft über den Verhandlungshergang fort. Demnach berief der Graf von Toggenburg als nächste Zeugen Rüdiger den Manessen von Zürich (4) und Ulrich von Schönenwerd (5), die unter Eid aussagten (Do greif er an ander sin gezûge und gedingete siner warheit an hern Roͤdegern den Manessen von Zûrich, und iach im och der siner warheit mit dem eide, als verre daz da mit urteil erteilet wart, daz er ime volleclich geholfen hette, och half im her Uͦlrich von Schoͤnenwerde dez selben mit dem eide als her Roͤdeger der Manesse). Beide bezeugten, dass der vorgenannte Vivelin von Klingnau und ausreichend andere Juden und Christen anwesend gewesen seien, als ein Vertrag zwischen dem Grafen von Toggenburg und dem Juden Bischof abgeschlossen worden war (… und seitent die beide uf irn eit, daz der vorgenante Vivelin ze gegen waz und ander juden und cristen genuͦge, da diu satzunge geschach von dem vorgenanten von Toggenburg und Bischof dem vorgenanten juden). Nach dieser Aussage vertagte Hermann von Homberg die Verhandlung auf den Montag vor Weihnachten und stellte noch weitere Gerichtstage in Aussicht (an dem nehesten mentage vor Wienahten) (6). Des Weiteren beschloss das Gericht, falls Vivelin bis zu den nächsten Verhandlungstagen sterbe, dass seine Aussage dem Grafen von Toggenburg geholfen hätte. Es sei nämlich wahrscheinlich, dass Vivelin wegen seines Bruders Bischof, der damals den Vertrag abgeschlossen hatte, nicht aussagen wolle (Und wart och vor uns erteilet mit gevallern urteile, wer daz der vorgenante Vivelin sturbe unze ze den vorgenanten tagen, daz er geholfe hette dem vorgenanten Toggenburg, wan es wanlich waz, daz er nút sagen wolte dur sines bruͦder willen dez vorgenanten Bischofes, von dem du sache (7) da roͤret). Das dies wahr sei, beeiden Hermann von Homberg, Peter der Schaler (8), Matthias der Reiche (9), Hildebrand Spenli von Sponeck (1) und Walter Spörlein (und daz diz war si, daz spriche ich grave Herman bi minem eide, und wir die vorgenanten viere her Peter der Schaler, her Mathis der Riche, her Hiltebrant Spenlin und her Walther Spoͤrlin bi unserm eide, daz wir diz sahen und hoͧrten).

Die ebengenannten vier Personen besiegeln zudem die Urkunde (unde her uber zeinem (!) waren urkunde, so han wir der vorgenante grave Herman und die vorgenanten viere unser ingesigele gehenket an disen gegenwerten brief).

[…], do man zalte von Gottes geburte drizehen hundert jar, in dem ersten jare, an der mitwochen vor sant Andres Tage. (10)

Rückvermerk:

Kuntschafft Honberg Ainzendung vor dem Hovegericht Prozes des von Tokhenburg und ains Juds (15. Jh.)

(1) Schultheiß von Breisach, ansässig in Freiburg i. Br. Der Beiname 'von Sponeck' ergibt sich aus seinem anhängenden Siegel; vgl. auch Chartularium Sangallense 5, S. 43, Anm.

(2) Dies ist dem beiliegenden Siegel zu entnehmen.

(3) Bei dem Juden Bischof könnte es sich um den um 1292 erwähnten Juden Bischof zu Konstanz beziehungsweise Zürich handeln; vgl. KN01, Nr. 39.

(4) Die Manesse waren ein Zürcher Ratsgeschlecht. Die als Zeuge vorgeladene Person lässt sich nicht eindeutig identifizieren, da Rüdiger Manesse (der Ältere) noch zwei gleichnamige Söhne hatte (Rüdiger Manesse, den Chorherren, und Rüdiger Manesse d. J. genannt der Ritter). Dass Graf Hermann auf die Angabe eines Beinamens verzichtet, lässt jedoch vermuten, dass es sich hier um Rüdiger Manesse d. Ä. als bekanntesten Namensträger handelt; vgl. Wyss, Beiträge 1 (1849), S. 4-13.

(5) Die Ritter von Schönenwerd waren ein Zürcher Rittergeschlecht; vgl. Wöber, Miller 1 (1893), Sp. 285 f.

(6) 1301 Dezember 18.

(7) Korrektur aus sacha.

(8) Mitglied eines Basler Rittergeschlechts; vgl. Mischke, Familiennamen, S. 203.

(9) Als Basler Schultheiß in den Jahren 1278 und 1309 bezeugt; vgl. Heusler, Verfassungsgeschichte (1860), S. 187 und 191; Mischke, Familiennamen (2015), S. 265.

(10) Ausgestellt im Haus des Dompropstes zu Basel (ze Basel in dez toͧmbroptes hove).

Überlieferung:

Innsbruck, LA, AUR II, Nr. 603, Orig., dt., Perg.

(Michael Schlachter) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 65, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-0016.html (Datum des Zugriffs)

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