Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

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Bm. Konstanz 1, Nr. 69

1304 Juni 30, Feldkirch

Graf Hugo (II.) von Werdenberg-Heiligenberg (1) bekundet, dass er mehrere Schuldtitel des verstorbenen Churer Bischofs Berthold [II. von Heiligenberg] und dessen Kirche ablöst oder noch ablösen wird. (Nos Hugo comes de Werdenberg tenore presencium protestamur et constare volumus presencium inspectoribus universis, quod cum pro venerabili domino Ber[thold pie recordacionis quondam episcopo Curiensi et pro ipsa ecclesia Curiensi […], que omnia predicta persolvimus et adhuc nos persolvere profitemur). Bereits an erster Stelle werden die jüdischen Gläubiger genannt: 53 Mark gebühren dem Juden Anselm von Überlingen und dessen Mutter Guda (LIII marcis Anshalmo iudeo de Uberlingen et domine Guͦte matri sue). 25 Mark standen bei Anselm alleine an (et eidem Anshalmo XXV marcis), weitere 50 Mark beanspruchte Anselm zusammen mit seinem Bruder Mose (et Moysy et Anshalmo predicto L marcis). (2) Zusätzlich übernahm Hugo Schulden über 150 Pfund Konstanzer Pfennige, welche die Brüder Eberhard und Burchard von Hohenfels den beiden Juden Mose und Anselm schuldeten (eisdem iudeis pro Eb[erhardo]. et Bur[cardo], fratribus de Hohenvels C et L libris denariorum Constantiensium). Im Anschluss werden mehrere Schuldsummen des Hochstifts Chur bei christlichen Gläubigern aufgezählt. Als Gläubiger namentlich genannt werden die Konstanzer Heinrich Goldast, Vrien Schazzener (Vrien dicto Schazzener) sowie Paweler (dicto Paweler et aliis de Constantia). Hierauf folgen Günther zu Überlingen und seine Genossen (Guͦnthero in Úberlingen et suis sociis), Heinrich von Waldsteig (Walstaege), die vorgenannten Brüder von Hohenfels, der Ministeriale Rudolf, Rudolf von Rheinau (Renowe), Konrad von Markdorf (Marchdorf), Gutzlin von Konstanz, Rupert von Überlingen (Rieperte de Úberlingen), Stánnar und der Herr von Utwiler (3). Graf Hugo (II.) von Werdenberg-Heiligenberg ist mit dem Churer Bischof Siegfried übereingekommen, dass ihm der Bischof im Gegenzug 100 Mark zahlen soll, wobei die Mark zu 8 Pfund mailischer Währung (4) gerechnet wird (… Sy[fridus], Curiensis episcopus prenotatus nobis et heredibus nostris C marchas VIII libris metz[anorum] pro marcha (5) qualibet computatis dare et solvere promisit…). Diese Summe wurde auf Hugos Pfandschaft über den Hof zu Sevelen angerechnet, welche dieser zuvor für 100 Mark Silber erhalten hatte (Quamquidem summam C marcarum predictam nobis ad curiam in Sevelen, que prius nobis pro C marcis argenty cum suis pertinenciis et iuribus universis extitit obligata …). Hugo verspricht den Bischof und das Hochstift Chur gegenüber Forderungen ihrer einstigen Gläubiger schadlos zu halten und den Hof, falls die Pfandsumme zurückgezahlt werde, wieder an die Churer Kirche zu übertragen. (5)

[…] anno domini MᵒCCCᵒIIII, IIᵒ kalendas iulii, indictione IIᵃ.

(1) Der Bearbeiter des UB der südlichen Teile des Kantons St. Gallen 2, Nr. 963, S. 141, meint ohne Angabe triftiger Gründe, es handle sich eher um Hugo IV. von Werdenberg-Heiligenberg, „da mit seinem Vater Hugo II. dem Einäugigen wohl kaum mehr zu rechnen ist.' Brugger/Wiedl (Regesten zur Geschichte der Juden in Österreich (Brugger/Wiedl) 1, Nr. 119, S. 115 f.) vermeiden eine Festlegung auf einen der beiden Grafen. Von Relevanz könnte sein, dass der verstorbene Bischof Berthold II. mütterlicherseits ein Vetter Hugos II. gewesen war; vgl. ebd, Nr. 119, S. 116; Krüger, Grafen (1887), S. 142 und 151.

(2) Auf die Verwandtschaft kann aus Grundbuch des Kölner Judenviertels, Nr. 68, S. 161, geschlossen werden.

(3) Nach UB der südlichen Teile des Kantons St. Gallen 2, Nr. 963, S. 142, handelt es sich wahrscheinlich um Heinrich von Uttwil.

(4) Brugger/Wiedl (Regesten zur Geschichte der Juden in Österreich (Brugger/Wiedl) 1, Nr. 119, S. 115) sprechen fälschlich von 'Pfund Metzer'. Es handelt sich jedoch um die rätische Währung der churwälschen Mark, die 8 Pfund Mezzani oder Mailisch entspricht; vgl. Planta, Geld (1886), S. 6.

(5) Dazu scheint es nicht gekommen zu sein, da der Eintrag durchgestrichen und hinzugefügt wurde: Est vendita in toto.

Überlieferung:

Chur, Bischöfliches Archiv, 02.022.02, S. 60 f. (Digitalisat), Abschr. (Ende 14. Jh.), lat., Papier.

(Michael Schlachter) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 69, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-001e.html (Datum des Zugriffs)

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