Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Konstanz (1273-1347)

Zurück zur Übersicht

250 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 60.

Bm. Konstanz 1, Nr. 60

[erste Hälfte 14. Jh.]

Im Prolog der Vita Irmentrudis aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts verweist die Verfasserin, Schwester Elisabeth [von Kirchberg], auf ihre jüdische Herkunft: Schwester Elisabeth bin ich genant, die got von den juden nam,

Überlieferung:

Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. qu. 730, fol. 230v, Abschr. (zweite Hälfte 15. Jh.), dt., Papier; Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. Hist. 4°, Nr. 330, fol. 158v-159r (Abschr., 1691); zur weiteren handschriftlichen Überlieferung vgl. Texte des Kirchberg-Corpus, S. 51-76.

Kommentar:

In einer durch den Dominikaner Pius Kessler 1691 überarbeiteten Fassung des Kirchberger Schwesternbuchs (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. Hist. 4°, Nr. 330) lautet die entsprechende Textpassage: … schwester Elisabeth bin ich genandt, von seiner güete, die got von den juden nam (fol. 158v-159r). Kessler (respektive dessen Vorlage) kommentiert: Welche letztere wort glaubwirdig machen, daß sie eines juden tochter, muesß gewesen sein; … In der aus dem Dominikanerinnenkloster Kirchberg stammenden Handschrift sind erstmals die Irmingard-Vita und das Kirchberger Schwesternbuch, als dessen Autorin ebenfalls Elisabeth gilt, in einem Manuskript vereint wiedergegeben worden. Zu beiden vgl. ausführlich die Einführung von Jansen zur Edition (Texte des Kirchberg-Corpus, S. 20-128), in der sich die Autorin - mit guten Gründen - explizit gegen Ringlers These einer älteren Redaktion des Texts in der Stuttgarter Handschrift von 1691 gegenüber der spätmittelalterlichen Berliner Handschrift ausspricht (S. 125-128); vgl. dazu Ringler, [Art.] Elisabeth (1980), Sp. 480; Ders., Vitenliteratur (1980), S. 97. Zu Person und Werk Elisabeths vgl. auch Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, [Art.] Elisabeth von Kirchberg.

In der Stuttgarter Handschrift findet sich auf fol. 4v die Angabe, dass Elisabeth im Alter von 4 1/2 Jahren im Dominikanerinnenkloster Kirchberg (bei Sulz am Neckar) aufgenommen worden ist: Die closter frau, so unser altes schwester buch geschrieben hat, hies Elisabeth undt kam in dises closter, als so nur 4 1/2 jahr alt wahr, umb das jahr 1296, hat selbe das maiste dar von geschrieben (zitiert nach Texte des Kirchberg-Corpus, S. 20). Bislang wurde in der Forschung angenommen, dass das Jahr 1296 sich darauf beziehe, dass ein Großteil des Kirchberger Schwesternbuches in dem Jahr von Elisabeth niedergeschrieben worden sei. Wohl eher wird mit dem Datum der Eintritt ins Kloster gemeint sein. Da das Jahr nur annäherungsweise angegeben ist, besteht auch die Möglichkeit, dass Elisabeth im Jahre 1298 im Dominikanerinnenkloster Kirchberg aufgenommen wurde, nachdem ihre jüdischen Eltern bei den sogenannten Rintfleischpogromen des Jahres 1298, die von Franken ausgingen und sich bis über den Neckar erstreckten, ermordet worden waren.

(Jörg R. Müller) / Letzte Bearbeitung: 29.07.2020

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, KN01, Nr. 60, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KN01/KN-c1-004h.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht