Quellen zur Geschichte der Juden in der Stadt Köln (1273-1347)

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Stadt Köln 1, Nr. 39

1308 September 20, Ochtendung

Graf Heinrich [VII.] von Luxemburg (Henricus comes Luccelenburgensis, marchio Arlunensis) verpflichtet sich für den Fall, dass er zum König gewählt werde, dem Kölner Erzbischof Heinrich [II.] (Henrici sancte Coloniensis ecclesie archiepiscopi, sacri imperii per Italiam archicancellarii) zahlreiche Besitzungen und Rechte zu übertragen respektive zu bestätigen als Kompensation für die Mühen und Ausgaben im Rahmen der Königswahl (in electione predicta labores et expensas), für die von den Kölner Erzbischöfen und ihren Getreuen (archiepiscopi et eorumque fideles) im Dienste des Reiches getätigten Aufwendungen (obsequia plurima sint inpensa), für die Zerstörung befestigter Anlagen (destructio munitionum) sowie Brandstiftung und Beraubung (quam incendia et rapinas damna gravia et notoria) durch König Albrecht (Albertus Romanorum rex) und die Ausgaben in Höhe von vielen Tausend Mark (ad multa milia marcarum), die Erzbischof Heinrich sowie seine Vorgänger Wikbolt und Siegfried (Sifridus et Wicboldus, archiepiscopi Colonienses, ac idem dominus Henricus, nunc archiepiscopus Coloniensis) im Dienste des Reiches (in imperio servitio) getätigt hatten.

Diese Zusagen erstrecken sich unter anderem auf die Übertragung der Burg Kaiserswerth (castrum Werde iuxta Nussiam), der Städte Dortmund (Tremoniensis), Duisburg (Dusburg), Sinzig (Sinecege), der Höfe Westhofen (Westhoven) und Elmenhorst (Elmenhorst) samt Schultheißenamt und Dortmunder Juden (iudei Tremoniensis) sowie weiterer Jurisdiktionsrechte und Reichseinkünfte.

Unter anderem verspricht Graf Heinrich dem Kölner Erzbischof und der Kölner Kirche die Juden in Stadt und Erzdiözese Köln, die der Erzbischof, gleich unter welcher Herrschaft diese stehen, vom Reich zu Lehen trage, dahingehend, dass er ihn in deren Besitz setzen und bewahren wird gemäß den Bestimmungen älterer Privilegien: Item cum dictus dominus archiepiscopus iudeos civitatis et dyocesis Coloniensis, sub cuiuscumque dominio consistant, in feodo ab imperio teneat et tenere debeat, promittimus ei et ecclesie sue, quod eum in eorundem iudeorum possessionem ponemus et conservabimus secundum suorum continentiam privilegiorum.

In der Corroboratio wird die Anbringung der Siegel Graf Heinrichs und Erzbischof Heinrichs sowie der Bürgen angekündigt. Als solche verpflichten sich Walram, [Bruder Graf Heinrichs] und [die Adligen] Egidius, Arnold und Robert, binnen eines Jahres nach der Wahl Heinrichs zum König gemeinsam mit diesem nach Köln zu kommen und die Stadt nicht zu verlassen, ehe sämtliche Wahlversprechen Graf Heinrichs gegenüber dem Kölner Erzbischof erfüllt sind.

Actum et datum in villa Offendinc, in vigilia beati Mathei apostoli et ewangeliste, anno domini millesimo trecentesimo octavo.

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 210, U 3/793, Orig., lat., Perg.

  • WUB 11, 1, Nr. 621, S. 355-358;
  • UB der Stadt Düren 1, 1, Nr. 55, S. 54-58;
  • WJ 1, Nr. 55, S. 75 (Teilabdruck);
  • MGH Const. 4, 1, Nr. 257, S. 218-222;
  • DUB, Erg. Bd. 1, Nr. 457, S. 186 f.;
  • UB zur Geschichte des Niederrheins 3, Nr. 68, S. 50-53;
  • Codex epistolaris Rudolfi I, Nr. 11, S. 319 f.
  • RI 6, 4, 1, Nr. ac, S. 36-41;
  • REK 4, Nr. 380, S. 75 f.
  • Regesten der Reichsstadt Aachen 1, Nr. 64, S. 32;
  • Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien 7, Nr. 108, S. 281-283;
  • Table chronologique des chartes de la Belgique 8, S. 309;
  • DUB 1, Nr. 314, S. 216 (Teilregest mit Nennung der Dortmunder Juden);
  • Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 3, Nr. 555, S. 529;
  • RI (alt) 1246-1313, Nr. 444, S. 425;
  • Regesten zur Geschichte der Juden, Nr. 128, S. 20.
  • Aschoff, Geschichte (2006), S. 84;
  • Kosche, Studien (2002), S. 141 f.;
  • Janssen, Erzbistum (1995), S. 212 f.;
  • Schrohe, Kampf (1902), S. 245-247;
  • Brisch, Geschichte 1 (1879), S. 107;
  • Ennen, Geschichte der Stadt Köln 2 (1867), S. 275-277.

Kommentar:

Die Urkunde verschweigt, dass der Kölner Erzbischof zunächst die Pfandsumme an den Inhaber des Dortmunder Judenregals zu entrichten hatte; vgl. hierzu Kosche, Studien (2002), S. 142. Bei dem vorliegenden Schriftstück handelt es sich um die erste Herrscherurkunde, in der explizit von der Belehnung der Kölner Erzbischöfe mit dem Judenregal im gesamten Erzbistum die Rede ist. Diese rekurriert auf nicht näher genannte Vorurkunden. In diversen früheren Urkunden der Kölner Erzbischöfe wird bereits auf die nicht näher spezifizierte Belehnung durch das Reich Bezug genommen. Erstmals ist der Kölner Anspruch auf die Herrschaft über die Juden der Erzdiözese in einer schriftlich fixierten Streitbeilegung zwischen Erzbischof Konrad (von Hochstaden) und Graf Wilhelm IV. von Jülich vom 12. Februar 1254 überliefert (UB für die Geschichte des Niederrheins 2, Nr. 410, S. 221 f), in der der Graf diesen Anspruch explizit anerkennt, obwohl ihm selbst (auch für seine Nachfolger) im Jahre 1227 von König Heinrich (VII.) ausdrücklich gestattet worden war, Juden in seinem, in weiten Teilen zum Kölner Bistumssprengel gehörenden Herrschaftsbereich anzusiedeln und frei über diese zu verfügen (UB für die Geschichte des Niederrheins 2, Nr. 140, S. 75).

(bel./jmü.) / Letzte Bearbeitung: 07.03.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, KO01, Nr. 39, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KO01/CP1-c1-01m5.html (Datum des Zugriffs)

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