Quellen zur Geschichte der Juden in der Stadt Köln (1273-1347)

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199 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 137.

Stadt Köln 1, Nr. 137

1331 Januar 17

Im sogenannten zweiten Eidbuch des Kölner Stadtrats wird folgendes Privileg aufgeführt: Richter, Schöffen, Ratsherren und Bürger der Kölner Stadtgemeinde (richtere, scheffin, rait inde die burgere gemeinligin der steede van Kolne) bekunden, dass sie auf Bitten Erzbischof Heinrichs [II., von Virneburg] (… umbe sunderlinge beede des eirsamen vadeirs inde heren, heren Heinrichs des Ertschinbisscops van Colne) beginnend ab dem vergangenen Weihnachtsfeste die Juden [der Stadt Köln] für zehn Jahre in ihren Schutz genommen und zu ihren Mitbürgern (zu unsin samenburgerin) gemacht haben. In diesem Zusammenhang legen sie folgende Einzelbestimmungen fest:

Kölner Mitbürger dürfen in Schuldfragen gegen Juden ausschließlich vor dem jüdischen Gericht in der Synagoge vor dem Judenbischof klagen, wie es von alters her praktiziert wurde (… dan in irre scholen vur iren buschoue, also as sy dat van alders her braicht han…). Klagen vor einem anderen als ihrem eigenen Gericht durch einen Fremden (eynich vremde persone) sollen vom Rat unterbunden werden. Widersetze sich die auswärtige Person, sollen die Geistlichen (paffen) auf Kosten des Fremden Recht sprechen. Die Aussteller sichern den Juden ihren Schutz zu, wenn sich ein Kölner Bürger oder eine auswärtige Person mit Gewalt oder Drohungen unrechtmäßig ihrer Güter oder Gelder zu bemächtigen versuche. Uneingelöste Pfänder, die sie Jahr und Tag hielten, dürfen von ihnen versetzt werden (… pende … dy sy jair ind dach gehalden hedden ind dy vpbuden …). Einwände gegen den Verkauf sollen vom Schuldner ebenfalls nur vor dem jüdischen Gericht nach jüdischem Recht (iuͦdtz reycht) verhandelt werden. Während der festgelegten zehn Jahre werden die Juden von allen Wach- und Heerdiensten befreit - in Notzeiten sollen sie allerdings jene Stadtpforte bewachen, die ihnen seit alters her zugewiesen sei (… so solen si de porze, de in van alders bevolen is an wachen). (1) Für neu zuziehende Juden sollen die von den Ausstellern verliehenen Privilegien ebenfalls gelten; sie müssten jedoch auch die alten Rechte des Erzbischofs wahren und die gemeinschaftlichen Abgaben (gebur irs gutz) gemäß Veranlagung durch die Mehrheit des jüdischen Rates mittragen (… dat de myeste part irs capitels dat setzin). Juden, die Köln ohne Entrichtung der gemeindlichen Steuerleistung verlassen haben oder wollen, sollen von den Ausstellern zur Zahlung angehalten werden. Dies gilt ebenfalls für fremde Juden, die sich in Köln niederlassen und der steuerlichen Einschätzung widersetzten. Kein Jude soll besondere Privilegien (vriheyt) von den christlichen Gemeindevertretern erhalten. Die Niederlassung zuziehender Juden darf durch die Mehrheit des Judenrats verhindert werden. Bei Auseinandersetzungen zwischen Juden und Christen oder unter Juden (zweynge of uͦployf geschege of eyngerhande ander sache tuschen juden inde kirsten of tuschen juden inde juden) sollen weder die gesamte Judengemeinde noch einzelne Unschuldige, sondern lediglich die Beteiligten zur Verantwortung gezogen oder mit Forderungen behelligt werden. Streitigkeiten unter Juden sollen nicht durch die Aussteller mit Turmhaft oder Vertreibung (… dat wir neit in willen dat man sy eyt zu Turne legin sule of verdriven), sondern - wie seit langer Zeit üblich - vor ihrem eigenen Gericht nach eigenem Recht geregelt werden (… vur irre meisterschaft inde regt van eme nehmen alse alsdat van alders her kumen is).

Die Aussteller geloben, alle den [Kölner] Juden von Päpsten, Kaisern, dem Erzbischof und ihnen selbst verliehenen Privilegien zu wahren. Zur Sicherung der verliehenen Rechte haben die Aussteller den Urkundeninhalt gemeinsam mit anderen Urkunden in das Eidbuch des Rates aufgenommen (… in dat eytboich doyn schriven). Dafür werden die Kölner Juden zu einer jährlichen, jeweils zur Hälfte an Weihnachten und St. Johannes (2) zu leistenden Zahlung von 1.800 Mark Kölner Pagaments verpflichtet (eychzeyn hundert marck koltz payamentz - nuyn hundert zu St. Johansmissen inde nuyn hundert zu kirsnacht). Ankündigung des Stadtsiegels.

anno Domini m ccc xxxi des dunrisdays vur st. Agneten dais.

(1) Nach Fischer, Stellung (1931), S. 100 f., war die Kölner Judengemeinde seit 1106 mit der Bewachung der "Judenpforte" (porta iudeorum) betraut

(2) Juni 24.

Überlieferung:

Köln, HAStadt, Best. 30, V2, fol. 29v-31r; http://historischesarchivkoeln.de:8080/actaproweb/archive.xhtml?id=Vz++++++00145469MHupElko#Vz______00145469MHupElko (Digitalisat), Abschr. (um 1341), dt.

  • Zwei Cölner Eidbücher, S. 136-141;
  • Weyden, Geschichte (1867), Anhang, Nr. 18, S. 365-368.
  • Schmandt, Judei (2002), S. 278 f.;
  • REK 4, Nr. 1929, S. 466 (unvollständig).
  • Schmandt, Judei (2002), S. 58;
  • Kosche, Studien (2002), S. 16;
  • Bauer, Judenrecht Köln (1964), S. 58-66;
  • Lau, Entwicklung (1898), S. 183 f.

Kommentar:

Das Privileg knüpft nicht zuletzt in Fragen der Gerichtsautonomie an ältere Schutzbriefe der Kölner Erzbischöfe und der Stadtgemeinde an, enthält aber auch inhaltliche Bezüge zu einzelnen Interventionen des Rates, wie z. B. hinsichtlich des Ansiedlungsbannes oder der unrechtmäßigen Inhaftierung 1327 (KO01, Nr. 113 und KO01, Nr. 116). Zu den Kölner Eidbüchern vgl. KO01, Nr. 73.

(bel.) / Letzte Bearbeitung: 14.03.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, KO01, Nr. 137, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/KO01/KO-c1-002j.html (Datum des Zugriffs)

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