Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

Zurück zur Übersicht

273 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 94.

Norddeutschland 1, Nr. 94

1320 Juli 25, Goslar

Der Rat von Goslar bekundet eine Vereinbarung mit dem Juden Jordan, einem Verwandten des Juden Samson (cum Iordano iudeo, qui est cognatus Sampsonis iudei) (1), wonach Jordan vom kommenden Jakobstag an für zehn Jahre von der Gemeinschaft der übrigen Goslarer Juden eximiert wird (… ipse a die sancti Iacobi nunc proximo (2) usque dum decem annorum circulus (3) evolvatur, exemptus stabit, …), weil er sich nicht an der Abgabe, die gemeinhin Schoß genannt wird, beteiligt, sondern jedes einzelne Jahr dem Rat zum Fest des Johannes des Täufers (4) und zum nachfolgenden Weihnachtsfest (5) jeweils 3/4 Mark zahlt. (6) Der Rat gesteht ihm gleich den übrigen Goslarer Juden eine uneingeschränkte Rechtsstellung zu. (7) Obwohl es dem Juden Jordan - nach Wissen des Rates - von seinen Gütern ausgehend als Abgabe mehr zu geben zukommt, ist ihm trotzdem wegen jener zehn Mark, die derselbe Jude dem Goslarer Stadtvogt Hartmann gegeben hat, diese Gunst [einer geringeren Steuer] gewährt worden (… quamvis etiam dicto Iordano de suis bonis nomine collecte, prout scimus, magis dari cederetur, nichilominus tamen propter illas decem marcas, quas idem iudeus Hartmanno advocato nostro (8) dederat, hec gratia ipsi Iordano iudeo a nobis est indulta). Nach Ablauf der zehn Jahre wird besagter Jordan erneut in den früheren Zustand der Abgabepflicht mit den anderen Juden zurückkehren (… transactis vero decem annis sepedictus iudeus ad pristinum statum contributionis cum ceteris iudeis se noverit retransurum).

Datum anno domini MᵒCCCᵒXXᵒ, in die sancti Iacobi. (9)

(1) Möglicherweise handelte es sich bei Jordan um den Sohn Bychias (NO01, Nr. 92), bei Samson um den Empfänger der Schutzbriefe von 1312 (NO01, Nr. 74), 1320 (NO01, Nr. 92) oder 1331 (NO01, Nr. 145) beziehungsweise aus der Liste einzelner Juden im Verwaltungsbuch (NO01, Nr. 100). Die hier angesprochene Verwandtschaft würde dann die Schwiegervaterschaft Jordans gegenüber dem Samson (NO01, Nr. 92) sein, die Schwägerschaft der beiden (link fud:NO-c1-002e>) bezeichnen oder das Verhältnis von Neffe (Jordan) und Onkel (Samson) (NO01, Nr. 100) meinen.

(2) 1320 Juli 25.

(3) Erstmalige Befristung der Erhebung der individuellen Kopfsteuer in den Goslarer Judenbriefen. Die Geltungszeit läuft vom 25. Juli 1320 bis zum 24. Juli 1330. Die Übereinkunft wird am 25. Februar 1330 auf sechs Jahre verlängert (NO01, Nr. 134).

(4) Juni 24.

(5) Dezember 25.

(6) Der Text folgt wörtlich dem Formular von 1312 (NO01, Nr. 74), lediglich der zweimal jährlich zu leistende Betrag beträgt die Hälfte von dem, was Samson und sein Sohn Mose zahlten.

(7) Das Formular folgt wörtlich der Schutzurkunde Bychias von 1320 (NO01, Nr. 92).

(8) Hartmann Zabel ist als Stadtvogt (advocatus) nachgewiesen in den Jahren 1316, 1318 und 1320-1322; vgl. UB der Stadt Goslar 3, S. 718. Dieser erhielt die zehn Mark - wie aus dem Zusammenhang deutlich wird - stellvertretend für die Stadt. Bei den zehn Mark dürfte es sich um eine zusätzliche, respektive freiwillige Zahlung Jordans an die Stadt handeln, deren Rente - bei einer veranschlagten Rendite von 5 bis 10% - als Erklärung für die auf Basis des Vermögens geringe Jahressondersteuer in Höhe von 1 1/2 Mark dient; vgl. GJ 2, 1, S. 292, Anm. 50.

(9) Die erste Zeile des Eintrages teilweise auf Rasur oder durch andere äußere Einflüsse abgeblasst.

Überlieferung:

Goslar, StadtA, B 825, fol. 44v-45r, [Nr. 116], Abschr. (1. Hälfte 14. Jh.), lat., Perg.

Kommentar:

Zu den sogenannten 'Judenbriefen' der Stadt Goslar vgl. NO01, Nr. 74.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 94, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-0027.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht