Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

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Norddeutschland 1, Nr. 212

1340 Februar 22, Goslar

Der Rat der Stadt Goslar bekundet eine Vereinbarung mit dem Juden Jordan von Quedlinburg, wonach Jordan, dessen Ehefrau Lussa und alle ihre unverheirateten Kinder (Jordanum de Quedelingheburg iudeum et Lussam uxorem suam necnon omnes ipsorum pueros non coniugatos) unter den Schutz des Rates (in nostram protectionem recepimus) zum Verbleib in Goslar (ad manendum nobiscum) genommen werden. Die begünstigten Juden werden vom kommenden Fest Johannes des Täufers an für die Dauer von drei Jahren aus der Gemeinschaft der anderen Goslarer Juden eximiert und zwar so, dass sich jene nicht an der Abgabe, die Schoß genannt wird, beteiligen, sondern dem Rat jährlich am Gallustag 1 feine Mark entrichten (a festo beati Johannis Baptiste proximo (1) usque dum trium annorum circulus fuerit evolutus, eximentes eos a communitate aliorum nostrorum iudeorum sub ista forma, videlicet quod ipsis non cooperabuntur ad contributionem, que schot in volgo dicitur, sed nobis quolibet istorum anno in die beati Galli (2) puram marcam erogabunt expedite). Ihnen wird gleich den übrigen Goslarer Juden eine uneingeschränkte Rechtsstellung zugesichert (concedimus etiam ipsis, similiter aliis nostris iudeis plena iustitia in omnibus eque frui). Sie dürfen von keinem anderen Juden Geld zu ihrem Nutzen annehmen, wenn sich nicht zumindest mit dem Rat über dessen Sonderbesteuerung verhandelt haben (nullius etiam iudei pecuniam ad usus suos recipient, nisi saltem specialem exactionem nobis curaverint elargiri de eadem). Wenn sie ihre Söhne oder Töchter währenddessen verheiraten, müssen sich diese nach der Heirat mit dem Rat über ihren Verbleib ins Benehmen setzen (verum si medio tempore pueros suos masculos vel feminas ad copulam conjugalem tradiderint, hii pro sua mansione debebunt post copulam nobiscum placitare). Falls der König oder das Reich irgendeine Unterstützung oder Steuer von den Goslarer Juden einfordert, dann müssen jene dennoch mit diesen das Schuldige leisten (si vero serenissimus dominus noster rex aut imperium aliquod subsidium vel collectam a ceteris nostris iudeis exigeret, nihilominus ipsi cum eisdem facient, quod debitum fuerit faciendum).

Anno domini MᵒCCCᵒXLᵒ, in die Petri ad cathedram. (3)

(1) 1340 Juni 24. Das Wort Baptiste ist über der Zeile nachgetragen.

(2) Oktober 16.

(3) Dem komplett gestrichenen Eintrag folgt in anderer Tinte und kleinerer Schriftgröße (aber wohl nicht anderer Hand): Ceteras litteras iudaicas require in papiro ad hoc specialiter formato. Er belegt, dass die Goslarer Kanzlei die Schriftstücke für die Juden selbst litteras judaicas (Judenbriefe) nannte und weitere davon (und nach 1340 datierende) in einem gesonderten Buch oder Papierbogen erfasst wurden. Diese Archivalie galt schon dem Editor des Goslarer Urkundenbuches, Georg Bode, am Anfang des 20. Jahrhunderts als verloren; vgl. Fischer, Judenprivilegien (1936), S. 92, Steinberg, Urkundenwesen (1922), S. 135, und auch ###NO-c1-003w###. Am oberen Rand des Eintrages: De Jordano de Quedelingheburg.

Überlieferung:

Goslar, StadtA, B 825, fol. 104v, [Nr. 303], Abschr. (1. Hälfte 14. Jh.), lat., Perg.

  • GJ 2, 1, S. 285, 287 und 289, Anm. 1.

Kommentar:

Zu den sogenannten 'Judenbriefen' der Stadt Goslar vgl. NO01, Nr. 74.

(Johannes Deißler) / Letzte Bearbeitung: 22.01.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 212, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-002u.html (Datum des Zugriffs)

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